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Univ.-Prof. Dr. Alfred Teischinger (li. oben) moderierte die Diskussion im voll besetzten Boku-Hörsaal © Plackner

Nicht alles Gold, was glänzt

Ein Artikel von DI Hannes Plackner | 29.05.2012 - 14:13
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Univ.-Prof. Dr. Alfred Teischinger (li. oben) moderierte die Diskussion im voll besetzten Boku-Hörsaal © Plackner

Haben Sie schon einmal erwogen, nach Osteuropa zu expandieren? Dorthin, wo die Löhne niedrig und die Ressourcen hoch sind? Doch – je höher das Potenzial ist, umso größer sind auch die Risiken. Da kann es passieren, dass ganze Sägewerksteile in der Konstruktion „verschwinden“ oder ein Grundstück drei Mal gekauft werden muss, bis es einem endgültig gehört. Über solche Erfahrungen, aber auch über Erfolgsgeschichten, wurde am 3. Mai an der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien debattiert. Die Organisatoren (Studienvertretung Forst/Holz) präsentierten ein hochkarätiges Podium, welches über den „Goldenen Osten – Chance oder Risiko“ sprach. Der Einladung folgten DI Matthias Grün, Direktor Esterházy Forst- und Naturmanagement, DI Dr. Kurt Ramskogler, Geschäftsführer und Eigentümer Lieco, Christoph Schmidt, CDT Consulting, Dr. Michael Spallart, Vorstandsvorsitzender Mayr-Melnhof Holz, Gerald Schweighofer, Eigentümer der gleichnamigen Holzindustrie, Dr. Bernhard Wolfslehner, European Forest Institute, und Univ.-Prof. Dr. Peter Schwarzbauer, Institut für Marketing und Innovation der Boku. Moderator war Univ.-Prof. Dr. Alfred Teischinger vom Institut für Holzforschung.
„Eigenkapital, Korruption und Bürokratie“ – bei diesen drei Stichworten waren sich alle Diskutanten einig: Korruption ist im Osten nach wie vor ein Riesenthema. Die Bürokratie ist seit dem EU-Beitritt einiger Länder mitunter problematischer geworden. Und genügend Eigenkapital ist die wichtigste Ressource, um im Osten nachhaltig Erfolg haben zu können. Denn mit Rückschlägen müsse jederzeit gerechnet werden.

Da lacht das Herz des Forstmannes

Die Esterházy Forstbetriebe bewirtschaften derzeit rund 10.000 ha Wald in Rumänien. „Wir sehen Rumänien nach wie vor als große Chance. Da lacht das Herz des Forstmannes“, beschrieb Grün die Voraussetzungen im Karpatenland. Die Schwelle für langfristige Gewinne setzte Grün bei einer Bewirtschaftungsgröße ab 20.000 bis 25.000 ha an. Wichtig sei, dass die Flächen einigermaßen arrondiert seien, ansonsten befänden sich die Mitarbeiter mehr im Auto als im Wald. Ein großes Problem sei zudem, dass die erschlossenen Wälder bewacht werden müssen, um Holzdiebstahl vorzubeugen. Je mehr Forststraßen aus einem Revier hinausführen, umso schwieriger sei dies.

Sägewerk in Tschechien war voller Erfolg

Mayr-Melnhof betreibt zwei Sägewerke in Osteuropa – eines in Paskov/CZ, das andere in Efimovski/RU. Die tschechische Anlage bezeichnete Spallart als vollen Erfolg, da sie zum richtigen Zeitpunkt in Betrieb genommen wurde. Den Plan, die Produkte großteils lokal zu vertreiben, konnte man dort umsetzen. Paskov ist seit acht Jahren in Betrieb und verkauft 55 % innerhalb Tschechiens. Aus Russland (in Betrieb seit 2009) exportiert man noch 85 bis 90 %. Mittelfristig will man das Wertschöpfungsprinzip Mayr-Melnhofs (Forst – Sägewerk – Leimholz – Holzbau) auch im Osten umsetzen. „Osten geht für mich bis nach Japan“, machte er klar, dass er auch weiter weg Potenzial sieht.
Dem widersprach Japan-Exportpionier Schweighofer keineswegs. Seine Familie ist seit 50 Jahren in Osteuropa tätig. Mittlerweile betreibt er Säge- und Plattenwerke in Rumänien. Die dortigen Rundholzpreise bezifferte Schweighofer mit 80 €/fm. Der Preisvorteil relativiere sich aber, da man aufgrund des fehlenden lokalen Sägerestholzmarktes 10 €/fm verliere. Dass es in Russland billigeres Rundholz (60 bis 70 €/fm) gebe, sei klar, stimmte Spallart zu. „Allein der Transport frisst aber 20 % des Ertrags weg“, bezifferte er. Zwei Vorteile gibt es laut Schweighofer bei den Arbeitskräften: Erstens liegen Lohnkosten bei nur einem Viertel derer in Mitteleuropa, zweitens lässt sich ein 24-Stunden-Betrieb problemlos realisieren.
Schweighofers Wort hat Gewicht, wenn er klagt, dass die Bürokratie seit dem EU-Beitritt Rumäniens schlimmer geworden sei. Die Verhältnisse seien aber immer noch besser als in Russland. „Es ist überraschend, wie unterschiedlich die Standards in den einzelnen Ländern sind. Das Maß an Behördenwillkür ist jedenfalls erschreckend.“ Schweighofer berichtete, dass sich die Korruption in seinen Augen in den vergangenen 15 Jahren nicht gebessert habe. „Da kritisiere ich die EU, dass etwa gegen bestechliche Richter nicht härter vorgegangen wird.“ Der „goldene Osten“ hört für den gebürtigen Waldviertler in der Ukraine auf. Ein Sägewerksinvestment in Russland scheiterte. Weitere Anläufe will er aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen dort nicht starten.

Schwierig, Personal zu finden

Gegen weitere Investitionen im Osten waren die beiden Sägewerks-CEO nicht abgeneigt. Konkrete Überlegungen äußerte Schweighofer hinsichtlich eines Ausbaus der DIY-Schiene in Rumänien. In der Ukraine wird zudem gegenwärtig auf einem 40 ha-Grundstück die Infrastruktur für einen möglichen Sägewerksneubau vorbereitet.
Spallart meinte, dass Mayr-Melnhof Holz seine Ostaktivitäten durchaus ausbauen würde. Die richtige Zeit, um zu investieren, komme aber frühestens in drei bis fünf Jahren. „Die größte Herausforderung ist es, gute Leute zu finden“, war eine Aussage, die mehrere Diskutanten an die anwesenden Forstwirtschaft- und Holztechnologie-Studenten richteten. Wer als gut ausgebildeter Mitarbeiter bereit sei, nach Osteuropa zu gehen, könne dort seinen persönlichen goldenen Osten vorfinden, stellte man in Aussicht.