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Auf Grund von Funktionalität, Wirtschaftlichkeit und Flexibilität machte dieser Entwurf von Swap Architekten und Delta das Rennen. © SWAP DELTA Architekten

Schlussendlich doch auf den Holzbau gekommen

Ein Artikel von Kathrin Lanz | 12.12.2017 - 10:05

„Wir sind die am schnellsten wachsende Universität Österreichs“, eröffnet Boku-Rektor Martin Gerzabek das Gespräch. Mittlerweile ist die Anzahl der Studierenden auf über 13.000 gestiegen. „Wissenschaftlich sind wir zudem sehr gut aufgestellt und agieren auf höchstem Niveau.“ Tatsachen, die einerseits nach einem Erweiterungsbau und andererseits nach zeitgemäßer Architektur verlangten. Und „zeitgemäß“ ist für den Universitätsprofessor eindeutig Holzbau. „Nachhaltigkeit steht für uns schon lange im Vordergrund.“ Recherchen beweisen: Laut dem Green University Ranking 2017 belegt die Boku weltweit den 12. Platz unter über 600 Universitäten. Beim Bewertungskriterium „Education“ darf man sich gar zur Weltspitze zählen – hier belegt man den 6. Platz. „Mit der Bundesimmobiliengesellschaft haben wir einen Partner gefunden, der unseren Anspruch versteht“, verdeutlicht Gerzabek.

Bauzeitverkürzung beachtlich

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Noch halten Rektor Gerzabek, Vizerektorin Reithmayer und BIG-Geschäftsführer Weiss nur ein Modell in Händen – bis 2020 soll das neue Seminarzentrum am Wiener Standort bauliche Wirklichkeit sein (v. li.)
© Kathrin Lanz

Bis vor Kurzem spielte der ökologische Baustoff dabei eher eine Nebenrolle: mit Dachgeschossausbauten oder Holzfassaden, wie beim Stahlbetonbau des „Tüwi“. Zuletzt besetzte man ihn dann doch mit einer Hauptrolle. Nämlich in Tulln (holzbau austria berichtete). Dort steht seit Mai das erste Laborgebäude Österreichs in Holzbauweise. „Ein üblicher Laborbau ist kühl und nicht einladend. In Tulln jedoch fühlt sich jeder wohl und ich bin überzeugt, dass sich dieses Wohlgefühl auf die Arbeit auswirkt.“ Darüber hinaus sei die Bauzeitverkürzung beachtlich gewesen. „Die anfängliche Skepsis in Hinblick auf höhere Kosten, konnten ebenfalls zerstreut werden“, konstatiert Vizerektorin Andrea Reithmayer, die die Finanzen der Boku fest im Griff hat. Und auch ein weiterer Punkt, der den Holzbau gerade bei öffentlichen Bauvorhaben noch immer nicht los lässt, stellte sich als unbegründet dar: „Das in Tulln beheimatete Institut für Umweltbiotechnologie verlangt nach hohen Brandschutzauflagen. In diesem Fall für den Holzbau überhaupt kein Problem“, sagt Gerzabek. Jetzt haben wir dort ein Gebäude, das durch seine Optik und insbesondere Funktionalität besticht.“

„Durch diesen Bau haben wir also so positive Erfahrungen gesammelt, dass wir unser aktuelles Bauvorhaben am Hauptsitz explizit in Holz ausgeschrieben haben.“ Dieses Vorgehen fand Anklang. Eine Bietergemeinschaft, bestehend aus Swap Architekten und Delta setzte sich gegen 58 weitere Einreichungen durch. BIG-Geschäftsführer Hans-Peter Weiss ergänzt zur Anzahl der Projekteinreichungen: „Da kann man durchaus von ungewöhnlich hohem Interesse sprechen.“ Die rege Teilnahme bezieht er nicht nur auf das Bauvolumen, sondern auch auf das steigende Interesse am Holzbau allgemein. Trotzdem verortet er in der Branche noch große Vorbehalte bezüglich des Brandschutzes. Zur normativen Bewertung des Baustoffes hält er fest: „Diese Vorbehalte sind nicht nur unbegründet, sondern völlig falsch.“

Lebenszykluskosten beachten

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Bis auf das Fundament und das Stiegenhaus wird der Neubau komplett in Holz ausgeführt. © Anna Rauchenberger

15,5 Mio. € investiert man in den Neubau. Weiss zu den Kosten: „Holzbau ist im Grunde nur wenige Prozentpunkte teurer als der konventionelle Bau. Manchmal dreht sich diese Tatsache aber schon in der günstigeren Bauphase, ganz zu schweigen von den Vorteilen der Lebenszykluskosten.“
Die Jury begründete ihre Entscheidung für genau diesen Entwurf wie folgt: „Die intelligente Differenzierung der Deckenkonstruktionen – Holzrippendecke im Erd- bzw. Obergeschoss und Schichtholzdecken in den darüber liegenden Regelgeschossen – lässt eine, der Nutzung entsprechende Atmosphäre entstehen, die sinnstiftend auf die Nutzer wirksam wird. Gleichzeitig bietet die gewählte, wirtschaftliche Konstruktion ein hohes Maß an Flexibilität.“ Darüber hinaus wird das Erscheinungsbild und die positive Anmutung des neuen Gebäudes in der Begründung als „[…] zeitgemäßes Holzbau-Statement […]“ gelobt, welches „[…] den notwendigen Akzent im heterogenen städtebaulichen Umfeld setzt, ohne dabei zukünftige Entwicklungsszenarien zu blockieren.“

Der Baubeginn ist im Frühjahr 2019 geplant. Mit der Fertigstellung rechnet man bereits im Spätsommer 2020. Was schon feststeht: Das Holz soll unbehandelt zum Einsatz kommen und außen wie innen sichtbar bleiben. „Wenn wir in Holz bauen, dann soll man das auch sehen“, schließt die Vizerektorin mit einem durchaus schlüssigen Argument. Man merkt, die Universität ist schlussendlich vollends auf den Holzbau gekommen.