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Auf 325 ha soll am Hafen von Toronto eine Stadt aus Holz entstehen. Das Projekt ist das größte Holzvorhaben aller Zeiten © MGA

USA

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Ein Artikel von Günther Jauk | 12.11.2018 - 09:53

Wenn es tatsächlich Realität wird, was Sidewalk Labs und Katerra planen, würde das Vorhaben alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen. Zur Abwechslung geht es in diesem Fall aber nicht um einen weiteren Höhen-Superlativ in Holz, sondern das flächenmäßig größte Massivholzprojekt auf 5 und in weiterer Folge sogar 325 ha. Neben einer großen Vision benötigt man für ein derartiges Megaprojekt auch das nötige Kleingeld, woran es in diesem Fall aber nicht scheitern dürfte.

Hinter Sidewalk Labs steht die Google-Muttergesellschaft Alphabet. Katerra, dessen Ziel es ist, die amerikanische Bauweise zu revolutionieren, stellte in den vergangenen drei Jahren über 1 Mrd. US-$ auf und verfügt mittlerweile über Niederlassungen auf der ganzen Welt, auch in Österreich.
Konkret geht es um eine „smart city“ am Hafen von Toronto/CA mit vorerst 300.000 m2 Nutzfläche. Gebaut werden soll in Brettsperr- und -schichtholz, heißt es vonseiten Sidewalk Labs. Hierfür bedient sich die Alphabet-Tochter der Expertise von Michael Green Architecture (MGA), seit Mitte des Jahres Teil von Katerra.

Nach dem Bau dieses 5 ha großen „Testgeländes“, wie die Initiatoren es bezeichnen, möchte man dann weitere 320 ha ausschließlich in Holzbauweise bebauen. Zum Vergleich: Die Wiener Seestadt Aspern entsteht auf einem 240 ha großen Areal. Wenn die Idee aufgeht, wäre mit insgesamt beinahe 300.000 m2 Nutzfläche schon der sogenannte Testlauf am 5 ha-Areal das größte Holzbauprojekt der Welt. Folgt tatsächlich die Stadt aus Holz auf rund 325 ha, darf man wohl von einem Jahrtausendprojekt sprechen.

Smart und nachhaltig

Alphabet ist aber nicht der einzige globale Technologieführer, der sich dem modernen Holzbau annähert. Microsoft plant ebenfalls in Holz. Konkret geht es um eine grundlegende Sanierung und Modernisierung des 13 ha großen Standorts Mountain View im kalifornischen Silicon Valley. Der Software-Riese realisiert seinen „Silicon Valley Campus of the Future“, den das Unternehmen als „smartest, greenest office yet“ bezeichnet, in Brettsperrholz.

Mit Amazon Echo (Alexa) machte der Internetgigant Amazon einen riesigen Schritt aus unseren Bildschirmen in unsere Wohnzimmer. Künftig soll eine auf Alexa basierende intelligente Sprachsteuerung bereits in der Produktion fix in die Bausubstanz integriert werden. Hierfür gab Amazon vor wenigen Wochen die Beteiligung am Fertighaushersteller Plant Prefab bekannt – einem jungen Unternehmen, das sich ökologisches und nachhaltiges Bauen auf die Fahnen heftet.

Gegner formieren sich

Diese Entwicklungen dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass BSP in Nordamerika noch immer in den Kinderschuhen steckt. Branchenkenner schätzen die Produktionskapazität grob auf gut 200.000 m3/J – einen Wert, den auch Binderholz oder Stora Enso erreichen. Mit den derzeit anlaufenden Werken und mehreren fix angekündigten Projekten dürfte sich das Volumen allerdings bereits in zwei Jahren verdoppeln.

Dass Brettsperrholz in Nordamerika Potenzial hat, zeigt sich auch am wachsenden Widerstand anderer Bauindustrien. Hervorzuheben ist hier die Initiative „stop tall wood“, auf deren Homepage eindringlich und ausgesprochen emotional auf das Gefahrenpotenzial hoher Holzbauten hingewiesen wird. Zwar sind die Initiatoren der Bewegung nicht eindeutig zuzuordnen, doch finden sich auf der Homepage der Hashtag „concrete4safety“ sowie Umfragen, finanziert von der Portland Cement Association.
Während man auf derart haltlose Argumente mit Daten und Fakten reagieren kann, gilt es, Fehler und damit auch Angriffsflächen in den eigenen Reihen tunlichst zu vermeiden. Das Versagen eines tragenden BSP-Elements bei der Errichtung der Peavy Hall an der Oregon State University, Portland/US, war nicht nur für den Produzenten und die ausführenden Unternehmen, sondern die gesamte BSP-Branche ein herber Rückschlag. Hier muss die Qualität – vom Brett über die Planung bis zum fertigen Objekt – lückenlos und im höchsten Maß gewährleistet sein. Nur dann kann Brettsperrholz zu einer globalen Erfolgsgeschichte werden.