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Leimholzträger in Buche massiv: Mit Festigkeiten bis GL60 hält der Balken großen Lasten stand und kann gegenüber Fichten-BSH entsprechend schlank ausgeführt werden © Günther Jauk

Fagus Suisse

Bau- und nicht Brennholz!

Ein Artikel von Günther Jauk | 05.08.2020 - 10:09

Viel wird dieser Tage angesichts der bedrohten Fichtenwälder in Mitteleuropa über den Einsatz alternativer Holzarten diskutiert. Bislang gibt es allerdings nur ausgesprochen wenige Unternehmen, die sich ernsthaft mit der Verarbeitung von Laubholz für den konstruktiven Einsatz auseinandersetzen. Denn im Gegensatz zur Fichte gibt es für Buche & Co. bislang kaum Referenzen – nicht in der Produktion und damit auch nicht auf der Baustelle. Hinzu kommt, dass sich die Fichte bei der Verarbeitung deutlich gutmütiger und damit berechenbarer verhält. Gelingt es allerdings, die „wilde Buche“ zu zähmen, erhält man einen Werkstoff, dessen mechanische Eigenschaften jene von Fichten-BSH bei Weitem übertreffen.

Gut Ding braucht Weile

Die Tatsache, dass beträchtliche Mengen Schweizer Buchenrundholz in Richtung Asien verschifft werden und dann oft als Möbelstücke wieder nach Europa kommen, war Stefan Vögtli und seinen Mitstreitern schon lange ein Dorn im Auge. Bereits vor sechs Jahren stand deshalb die Idee im Raum, Buche in der Schweiz zu verkleben und neben Produkten für den Möbel- und Innenausbau auch konstruktive Holzbauelemente herzustellen. „Bauen mit Holz wird immer populärer und Laubholzprodukte können die Antwort auf die steigenden Anforderungen im modernen Holzbau sein“, so Vögtli, der das Projekt „Fagus Suisse“ mitinitiierte und für Marketing und Vertrieb zuständig ist.

Neben Forschungsprojekten für die technische Umsetzung beschäftigte sich Fagus Suisse (damals noch Fagus Jura) von Anfang an intensiv mit Finanzierungsmöglichkeiten. Da der ursprüngliche Plan, das Projekt bei einer bestehenden Holzindustrie unterzubringen, nicht aufging, setzte man schließlich auf 130 Aktionäre sowie öffentliche Gelder. Ende 2018 fiel die Investitionsentscheidung: In Les Breuleux im Jura übernahm man bestehende Produktionshallen und realisierte eine ausgeklügelte Fertigungslinie, welche im März in Betrieb ging.

Große Herausforderung

Als Rohware setzt Fagus Suisse auf Buchenlatten. „Damit ist der wilde Wuchs der Buche deutlich besser zu kontrollieren als bei Brettern“, erläutert Geschäftsführer Eric Müller. Demgegenüber steht allerdings ein deutlich höherer logistischer Aufwand: Für einen Kubikmeter Stabschichtholz benötigt das Unternehmen mehrere Hundert Laufmeter Rohware, die im ersten Schritt zu Lamellen und dann zu Trägern verpresst werden (s. Beitrag „Für Buche im modernen Holzbau“).

Diese und zahlreiche weitere logistische Herausforderungen zählen zu den zentralen Gründen, warum bei der Besetzung des Geschäftsführers vor zwei Jahren nicht ein Holz-, sondern mit Müller ein IT-Fachmann zum Zug kam. „Kein Unternehmen konnte ein Leitrechensystem anbieten, das unseren Ansprüchen genügt und zudem auch noch bezahlbar ist. Deshalb haben wir das selbst in die Hand genommen“, erzählt Müller.

Auslastung dank dualer Nutzung

Neben Stabschichtholz bis GL60 bietet Fagus Suisse auch Buchenmassivholz-Platten für den konstruktiven Einsatz und Innenausbau, Stabsperrholz, festigkeitssortierte Stablamellen und Halbfertigprodukte sowie Möbelrohlinge, Bodenriemen sowie einschichtige Möbel- und Treppentrittplatten.

Darüber hinaus produziert man auf der Anlage auch herkömmliches Fichten-BSH. „Für eine auf Buche ausgelegte Fertigung ist die Verarbeitung von Fichte kein Problem. Und so sind wir bereits jetzt bei der Markteinführung gut ausgelastet“, erläutert Vögtli. Mittelfristig möchte man natürlich möglichst viel Buche und langfristig auch noch weitere Laubholzarten verkleben. Ziel ist es, mit Buche, Esche, Eiche und Kastanie künftig alle wichtigen Schweizer Hartholzarten zu verarbeiten und so zum Laubholz-Kompetenzzentrum zu werden.

INFO

Fagus Suisse
Im Kanton Jura nahm Fagus Suisse ein neues Werk für die Fertigung von verklebten Buchenmassivholz-Elementen in Betrieb. Aus Buchenstäben fertigt das Start-up zahlreiche Produkte, darunter auch Stabschichtholz bis Festigkeitsklasse GL60.

Der Holzkurier war vor Ort, hat mit der Geschäftsführung gesprochen und das Werk genau unter die Lupe genommen. Detaillierte Beschreibungen von einzelnen Anlagenkomponenten finden Sie auf holzkurier.com – am besten unter der Stichwortsuche „Fagus Suisse“.