BSP-Detail.jpg

© Holzkurier

DACH

Jahr der Ernüchterung

Ein Artikel von Gerd Ebner | 16.11.2020 - 09:33

Als zur Jahresmitte die Lieferzeiten von BSH auf zehn Wochen anstiegen und sich parallel die von BSP auf drei bis vier Wochen verkürzten, schien die Welt endgültig auf dem Kopf zu stehen.

Corona und Newcomer schuld?

Was war passiert? Die zwei naheliegendsten Erklärungen lauten: COVID-19-Folgen und die neu hinzugekommenen Produktionskapazitäten. Das ist nicht falsch, es greift aber zu kurz. Als Hauptursache wird von den meisten Herstellern eine kurzfristige Bedarfsabsenkung in Mitteleuropa aufgrund verspäteter Baugenehmigungen und verschobener Großprojekte angeführt. COVID-19 beeinträchtigte aber auch die Exportmöglichkeiten der deutschen und österreichischen Hersteller.

Während für andere Holzbau-Sortimente 2020 das historische Rekordjahr sein könnte, wird es bei BSP wohl das Jahr der Ernüchterung werden. Der Erfolgsrausch der Vorjahre endete im März in einer Katerstimmung. Die Budgeterwartungen waren nach dem tollen Jahr 2019 hoch. Man startete mit großen Erwartungen ins Jahr – und Januar, Februar schien sich alles fortzusetzen.

Aufgeschoben, nicht aufgehoben

Durch die Pandemie wurden Großprojekte zwar nicht storniert, sehr wohl aber aufgeschoben. Das in Kombination mit nicht mehr erteilten Baugenehmigungen führte zu einem Bedarfsloch. Fatalerweise ist der Minderbedarf auf den Heimmärkten mit erschwerten Absatzmöglichkeiten in Übersee (wie USA oder Australien) kombiniert.

Andere Holzbausortimente setzten im August zu einem Preishöhenflug an – davon war bei BSP weniger zu bemerken.

Preissenkung legitim

Im Gegenteil: Newcomer bedienten sich im 2. Quartal des naheliegendsten Mittels, um Markt zu machen und ihre Produktionen auslasten zu können: der Preisabsenkung.

Jetzt, zu Jahresende, hat sich aber bereits einiges gebessert. Die Preise sind leicht gestiegen und die Lieferzeiten haben sich verlängert (fünf bis sechs Wochen).

USA-Hype mit Folgen

Kein Holzsortiment bleibt derzeit unbeeinflusst von den extremen Preissteigerungen in den USA. Für BSP ist dies kurzfristig Fluch und Segen zugleich. „Segen“ ist es dann, wenn sich die europäischen BSP-Exporte in die USA wieder erholen. Denn nahezu alle US-Produzenten fertigen ohne eigenes Sägewerk. Sie müssen sich also von Rohstoffpreisen von 500 €/m3 und mehr versorgen. Das würde die Liefermöglichkeiten für europäische Produzenten nominell etwas verbessern, wo der Schnittholzpreis nicht ganz so extrem stieg.

Schnittholz teurer als BSP

Die ganz großen Holzindustrien stehen vor der absurden Situation, mit Schnittholz in den USA deutlich mehr erlösen zu können, als mit dem Weiterverarbeitungsprodukt BSP daheim möglich ist. Das ist der „Fluch“. Mitteleuropäische BSP-Hersteller ohne eigenes Sägewerk spürten das heuer besonders.

Der Absatz 2020 wird von allen als „nicht schlecht“ bezeichnet. Keinem Hersteller seien Mengen abhandengekommen. Offiziell werden alle „Newcomer“ als Unterstützer im Kampf mit anderen Baustoffen willkommen geheißen. Daran hat der heurige Marktdurchhänger nichts geändert. Hinzu kommt, dass eine immer etabliertere Bauweise auch entsprechende Produktionskapazitäten benötigt. Diverse Großprojekte erfordern Mengen, die nur Unternehmen mit mehreren Produktionslinien anbieten können. 

2021 kommt kein Newcomer hinzu. Doch alle 2020er-Starter werden besser zum Laufen kommen: Pfeifer, KLH II, Theurl Holz, … sind nur einige davon. 2021 wird ein Jahr der Neuorientierung. Mögliche Absatzmärkte und interessierte Neukunden kann man nun gezielt angehen – während man bisher mitunter den Luxus hatte, sich eine Neukunden-Akquise sparen zu können. Bis zum Vorjahr wurden ja mitunter gönnerhaft Mengen verteilt. Diese Luxussituation ist nun vorbei. Das wäre ohnehin passiert, COVID-19 hat das nur deutlich beschleunigt.

Dass die US-Leuchtturmprojekte mit mitteleuropäischem BSP gebaut werden, zeigt, wie wettbewerbsfähig die heimischen Betriebe sind. Wenn man will, kann man überall reüssieren.

Einige Verbesserungen

BSP ist heuer einen Schritt erwachsener geworden. Dieses Heft ist voll mit Weiterentwicklungen im Bereich Oberflächenschutz, -neugestaltung, mit Logistik- und Konstruktionsverbesserungen. Auch das wird mithelfen, die Sonderkonjunktur „Holzbau“ weiterzuführen. Lösungen für komplett vorgefertigte Bauelemente, wie sie B-Solution anbietet, soll dem Holzbau neue Marktsegmente erschließen. Es gibt weitere Holzindustrien, die ähnliche Systeme zumindest in der Projektphase haben.

Noch viel zu viel Holz nötig

2020 gab es ausreichend günstigen und qualitativ ansprechenden Rohstoff. Das könnte sich ändern, wenn die Schadholzkalamität in wenigen Jahren überwunden wird. Ein optimierter Holzabsatz ist spätestens dann das Gebot der Stunde. Ausschnittverwertung und -vermeidung rechnen sich schon jetzt.