Österreich/Deutschland

Fachleute aus der Bodenindustrie antworten

Ein Artikel von Redaktion Holzkurier | 29.12.2020 - 14:07

Sechs Fragen an Experten

1) Wie würden Sie Ihren Geschäftsverlauf im Gesamtjahr 2020 beschreiben?

2) Welche Entwicklungen erwarten Sie im kommenden Jahr 2021 in der Bodenbelagsbranche?

3) Die Bundesregierungen mussten wegen der Coronapandemie einige Maßnahmen setzen. Wie sehr wurde Ihr Betrieb davon getroffen?

4) Was sind für Sie die größten He­rausforderungen, die von der Coronapandemie hervorgerufen wurden? Wie reagieren Sie darauf?

5) Welche Trends beobachten Sie bei Fußböden hinsichtlich Holzarten, Farben, technischer Neuheiten, …?

6) Welche Aktionen setzen Sie, um Ihre Böden von Konkurrenzprodukten abzuheben?

Antwort von Christiane Lindner, Geschäftsführerin der Mafi Naturholzböden in Schneegattern

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Christiane Lindner ist Geschäftsführerin der Mafi Naturholzböden in Schneegattern © Mafi

1) Als Wellental mit positivem Ausgang. Das Jahr 2020 war von Flexibilität und Kurzfristigkeit geprägt. Als internationales Unternehmen haben wir viele Kunden in unterschiedlichen Phasen der Pandemie. Dadurch waren kaum langfristige Planungen möglich, gleichzeitig konnten wir dadurch aber eine stabile Produktion aufrechterhalten. Unser Manufakturcharakter hat uns dabei massiv geholfen, schnell auf Entwicklungen zu reagieren. Auch persönlich war für uns 2020 ein ganz besonderes Jahr. Unser Vater hat nach vielen Jahren die Geschäftsführung erfolgreich an uns (Anmerkung: seine drei Kinder Christiane Lindner, Heidrun Zerbs, Florian Fillafer) übergeben.

2) Generell rechnen wir mit einer Normalisierung der Lage und damit verbunden erhöhter Nachfrage. Viele Investitionen, sei es privat oder gewerblich, wurden verschoben. Was wir bereits jetzt wahrnehmen ist ein verändertes Bewusstsein bei den Kunden. Die Menschen hinterfragen die Produkte und deren Herkunft deutlicher als früher. Deshalb sehen wir den anhaltenden Trend zu mehr Qualität dadurch sogar weiter gestärkt. Der Schlüssel hierzu ist sicherlich Transparenz als Hersteller gegenüber Vertriebspartnern und Endkunden.

3) Wir haben strenge Hygienemaßnahmen im Büro und in der Fertigung getroffen. Unsere Flagshipstores in Wien, Salzburg und Linz haben wir geschlossen und bieten derzeit verstärkt Beratungen via Telefon sowie ­Videochat an.

4) Langfristige Planungen waren kaum möglich, weshalb wir auf eine sehr ­flexible Entscheidungsstruktur umgestellt ­haben. Durch die Einschränkungen von ­Reisetätigkeiten und Besuchen bei uns im Werk rückte die Kommunikation mit unseren Kunden noch mehr in den Fokus. Gerade im Bereich Digitalisierung von Kommunikation hat die Pandemie viele Prozesse beschleunigt. Generell ist es uns wichtig, als verlässlicher Partner in schwierigen Zeiten bereitzustehen und ich denke, das ist uns gut gelungen.

5) Nachhaltigkeit und Natürlichkeit. Die Menschen streben nach echten, ehrlichen Materialien, wie Holz. Nachhaltigkeit darf dabei kein Marketinggag sein, sondern muss in allen Bereichen des Unternehmens gelebt werden – die gezielte Nachfrage der Kunden steigt in diesem Bereich von Jahr zu Jahr. Natürlichkeit ist nicht nur auf die Optik beschränkt, sondern auch auf Haptik und die Wirkung im Raum. Unsere geölte und an der Luft getrocknete Oberfläche schätzen die Menschen dabei besonders. Mit unserer sägerauen Oberfläche bieten wir aktuell eine neue, klar spürbare Oberfläche an.

6) Wir arbeiten laufend daran, das Holz so wenig wie möglich zu verfälschen. Auf Lack oder andere isolierende Schichten verzichten wir seit jeher. Unser Anspruch ist ein unverfälschtes Holzerlebnis zu ermöglichen und trotzdem dem Material gerecht zu werden. So setzen wir beispielsweise auf einen symmetrischen Aufbau unserer Dielen, wo sowohl Deck- als auch Rücklage aus dem gleichen Holz bestehen. Dadurch reduzieren wir das Quell- und Schwindverhalten des Holzes enorm.

Antwort von Josef Berrer, Geschäftsführer bei Lico Austria in Gnas

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Josef Berrer ist Geschäftsführer bei Lico Austria in Gnas © by michaela begsteiger www.foto-begsteiger.at

1) Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir per Ende September 2020 ein Plus von 14 % gegenüber dem Vorjahr haben. Wie in jeder „Krise“ gibt es auch immer „Profiteure“. Wir gehen davon aus, dass viele Kunden in diesen „unsicheren Zeiten“ ihr Geld in das Eigenheim investiert haben. Zudem haben viele auch den Urlaub storniert und „machten es sich Zuhause gemütlich“. Zusätzlich haben wir aber auch eine neue Kollektion 2020 gebracht, die derzeit „in aller Munde“ ist und wir hier zudem „Marktanteile“ gewonnen haben.

2) Derzeit kann hier keiner eine seriöse Prognose abgeben, zumal wir nicht wissen, wie lange uns die Pandemie noch begleiten wird beziehungsweise welche weiteren Maßnahmen und Einschränkungen die Regierung setzt. Fakt ist, dass im Frühjahr vor allem im Industriebereich und natürlich auch im Tourismus wenig bis kaum investiert werden wird. Es werden auch noch viele Menschen ihren Job verlieren und dadurch weniger Geld in den Taschen haben werden. Andererseits wird sich der Trend des „Cocoonings“ (Rückzug in die Privatsphäre; Aufenthalt zu Hause als Freizeitgestaltung) verstärken. Davon könnten wir weiter profitieren beziehungsweise zumindest die Verluste im Objektbereich abfangen. Inwieweit jedoch die „Investitionslust“ der Privaten aufrecht bleibt, wage ich derzeit nicht zu beurteilen

3) 50 % der Belegschaft haben wir im Frühjahr 2020 im Zuge des Lockdowns auf Kurzarbeit geschickt. Aber bereits im Mai waren wir (wider Erwarten) mit einem sehr guten Auftragseingang konfrontiert und haben die Kurzarbeit beendet.

4) Es hat sich natürlich das ganze Arbeitsleben geändert und man weiß derzeit nicht, „was morgen sein wird“. Probleme stellen sich natürlich vor allem im Export beziehungsweise im Transport dar. Auch die Vertriebsmannschaft, also unser Außendienst, kann teilweise nur „eingeschränkt“ agieren. Aber jede Einschränkung leitet ein Umdenken in manchen Prozessen ein – und dies kann für die Zukunft auch etwas Positives bewirken. Statt auf Messen heißt es nun, die Kunden „anders“ zu begeistern, beispielsweise mittels Social Media. Anstatt routinemäßiger Besuche vor Ort konzentrieren wir uns auf telefonischen Kontakt und setzen auf Videokonferenzen. Wie sich herausstellt, spart man dadurch nicht nur CO2 – es laufen die Geschäfte trotzdem derzeit hervorragend weiter. Und das Positive daran ist, ich selbst habe eine persönliche Entschleunigung des Alltages erfahren und darüber bin ich eigentlich sogar dankbar.

5) Zu Holzarten und Farben: Auch wenn die Händler die ­Eiche „nicht mehr sehen“ können – hat sich im Fußbodenbereich der Eichenanteil noch mehr erhöht. Viele Produzenten versuchen, „alternative Trends“ zu setzen, aber es scheint so, dass man hier nicht gegen den Strom schwimmen kann. Man muss auch fairerweise sagen, dass die Eiche (in verschiedenen Farbtönen) einfach den derzeitigen Wohntrends (puristisch – farbliche Harmonie) entspricht.

Betreffend die technischen Neuheiten beobachte ich, dass der Vinyltrend nach wie vor boomt. Viele Produzenten, auch wir, haben hier diverse „PVC-freie“ Sortimente auf den Markt gebracht. Waren viele Hersteller nach den großen Messen 2018/19, wie der Bau in München und der Domotex in Hannover, noch sicher, dass diese Produkte einem maßgeblichen Marktanteil am Kuchen der „Designböden“ erobern werden, so stellt sich derzeit heraus, dass diese Produktgruppe wohl in der Nische bleiben. Der Endkunde schätzt einfach die Produktvorteile und auch die ­preislichen Vorteile des Vinylbodens und zudem ­haben viele auch durchschaut, dass „PVC-frei“ lediglich eine Materialumstellung von PVC auf PET oder PUR bedeutet und der ­Boden immer noch ein Kunststoffboden bleibt. Lico Austria geht hier seit längerer Zeit den Weg der „reinen Natürlichkeit“ und bietet als Alternative das Naturprodukt Kork digital bedruckt an. Leider ist aber das herkömm­liche Eichenparkett am Markt derzeit zu günstig, dass hier größere Mengen lukriert werden können. Aber wie bei jeder Neueinführung braucht man ein wenig Geduld und der österreichische Markt war hier noch nie Trendsetter. Wir stellen jedoch erfreulicherweise fest, dass Kork (durch Digitaldruck auf Trendhölzer, wie Eiche, getrimmt) in den Nachbarländern immer mehr an Akzeptanz gewinnt und es nur eine Frage der Zeit ist, bis dieser Trend auch in Österreich Einzug hält.

6) Lico Austria hat durch den Umstand, dass wir zu 80 % nur den heimischen Markt bedienen, den riesengroßen Vorteil gegenüber Mitbewerbern, dass wir die Kollektion ausschließlich auf die Bedürfnisse unseres österreichischen Marktes abstimmen. Gerade unsere neue Kollektion Trends zeigt dies. Wir können mit Stolz behaupten, dass wir derzeit bei ­Designböden die trendigsten Dekore entwickelt haben und hier neue Wege gegangen sind, was Farbgebung, Tiefenwirkung und Oberflächenstruktur betrifft. Zugleich bieten wir derzeit Österreichs größte Vinylkollektion an, was die Dekoranzahl und die Durchgängigkeit betrifft (HDF-Fertigböden/Hydro-Fertigböden/Klebesheets). Der Kunde kann sich dadurch zuerst seine Lieblings-Bodenfarbe aussuchen und danach entscheiden, welche Produktgattung er für den Einsatzbereich, egal, ob Wohnzimmer, Bad oder ein anderer, definiert.