Nachhaltigkeit als Schutzgut.Natura 2000 muss immer in seiner Gesamtheit gesehen werden. Es gilt aber der Grundsatz der Nachhaltigkeit unter besonderer Berücksichtigung der zu beachtenden Schutzgüter. Die bisherige forstliche Bewirtschaftung wird auch zukünftig möglich sein. In der Richtlinie wird explizit von „Bewirtschaftungsplänen” gesprochen - ein klarer Hinweis dafür, dass die Waldbewirtschaftung nicht von vornherein als im Widerspruch zu Schutzinteressen stehend angesehen wird.
Die Zielvorgabe des Waldzustandes zum Ausweisungs- (Nominierungszeitpunkt) ist grundsätzlicher Art, jedoch nicht bestandesbezogen, sondern immer gebietsbezogen wirksam. Hieraus folgert auch, dass es mit zunehmender Flächengröße des Schutzgebietes leichter sein wird, diesem Ziel der Zustandserhaltung zu entsprechen. Änderungen in der forstlichen Bewirtschaftung sind dann zulässig, wenn es damit nicht zu einer unwiederbringlichen Zerstörung von maßgeblichen Gebietsteilen kommt. Das „eigentliche Problem” liegt somit nicht im Fortbestand der bisherigen ordnungsgemäßen Forstwirtschaft begründet, sondern kann sich aus dem „wirtschaftlichen Verbesserungsverbot” ergeben.
Die grundsätzliche Vorgabe wird einzelfallbezogen zu prüfen sein. Beispielsweise kann es nicht naturschutzpolitisches Ziel sein, überalterte Schutzwälder in ihrer Zerfallsphasenentwicklung „unverändert” zu lassen und die waldbaulich notwendige Bestandeserneuerung als eine Verschlechterung generell abzulehnen. Der Begriff der Nachhaltigkeit muss über den biologischen Ansatz hinaus weiterentwickelt werden. Im Sinn der forstgesetzlich normierten Waldwirkungen bedeutet dies nicht nur Nachhaltigkeit in der Holzproduktion, sondern auch Nachhaltigkeit in der Erfüllung von Schutzfunktionen (Bannwald, Objektschutzwald, Schutzwald), in der Sicherung der Wohlfahrtswirkungen und in der Wahrung von Erholungseigenschaften.
Verschlechterungsverbot.Das so genannte Verschlechterungsverbot untersagt also eine erhebliche Beeinträchtigung des günstigen Erhaltungszustandes von Wäldern. Diese Auflage ist verbindlich und muss von den Landnutzern beachtet werden, da ein Abweichen hiervon im Extremfall zur Zerstörung eines Lebensraums führen kann. Ein Buchenwald im FFH-Gebiet muss ein Buchenwald bleiben, eine aktive Umwandlung in Nadelholzbestände ist untersagt. Der Erhaltungszustand von Wäldern bedarf einer individuellen, aktiven Wiederherstellung, falls der Erhaltungszustand aus welchen Gründen auch immer ungünstig geworden ist. Wenn etwa der Wasserhaushalt eines Moorwaldes durch Entwässerung nachhaltig gestört wird und beispielsweise die Moorkiefer abstirbt und/oder von der Fichte überwachsen wird, sind konkrete Maßnahmen zur Wiedervernässung des Moores verpflichtend zu ergreifen.
Verbesserungsgebot.Neben dem Verbot einer Verschlechterung stellen die europäischen Richtlinien auf ein Verbesserungsgebot ab. Im Unterschied zu landwirtschaftlichen Flächen, die relativ kurzfristig vom Menschen gestaltet und beeinflusst werden können, bedarf die Entwicklung (Verbesserung) von Waldbeständen einer langfristigen Perspektive und vorausschauender, integrativer Planung. Als Planungsinstrument bietet sich hier der Waldfachplan (vgl. Irlacher Au, Klostertal) an.
Derartige Verbesserungen eines Lebensraumtyps können aus ökologischen Gründen wünschenswert sein, sind aber rein freiwilliger Natur und lassen sich über den Vertragsnaturschutz umsetzen. Von einem verbindlichen Entwicklungsgebot kann daher nicht die Rede sein, da das Ziel der FFH-Richtlinie bereits erreicht ist. Auf Naturschutzseite wird allerdings immer wieder die Neubegründung von Waldlebensräumen fälschlicherweise als Entwicklungsmaßnahme verstanden.
Beispiel: Ein Fichtenbestand wird durch Vorbau und anschließende Verjüngung in Buche umgewandelt. Dieser Schritt wird im Rahmen der naturnahen Waldwirtschaft zwar ohnehin praktiziert, kann aber vom Waldbesitzer auf Basis der FFH-Richtlinie nicht zwingend eingefordert werden. Es gibt zwar entsprechende Überlegungen, Waldflächen, die früher mit Buche bestockt waren, heute als Buchenwald in derzeit noch ungünstigem Erhaltungszustand einzustufen, rein fachlich ist dieses Vorgehen aber nicht haltbar. Die bekannten Kartier- und Erfassungsanleitungen machen das Vorhandensein eines Buchenwaldes am Vorkommen bestimmter Arten, vor allem aber an der Baumart Buche, fest. Bei deren Fehlen liegt kein Lebensraumtyp vor, eine Wiederherstellungspflicht ist nicht gegeben. Entwicklung ist somit reine Kür. Diese Ausführungen machen deutlich, dass Natura 2000 nicht neue „Naturschutz”-Gebiete geschaffen hat, in denen jegliche Tätigkeit des Menschen untersagt ist. Die Erhaltung der biologischen Vielfalt in den Wäldern bildet einen integralen Bestandteil einer nachhaltigen naturnahen Forstwirtschaft (vgl. Paragraph 1 ForstG 1975 idgF). In vielen Fällen hat gerade die bisherige Form dieser Bewirtschaftung zu dem jetzigen erhaltungswürdigen Zustand geführt und ist daher auch in Zukunft unverzichtbar. Für die Bewahrung der biologischen Vielfalt in den ausgewiesenen Schutzgebieten kann es jedoch erforderlich sein, bestimmte Tätigkeiten des Menschen beizuhalten oder sogar zu fördern. Sie müssen aber mit den Erhaltungszielen der Schutzgebiete vereinbar sein.
Bewertungsgrundlage.Der Entschädigungsumfang für diese forstwirtschaftlichen Bewirtschaftungsbeschränkungen ergibt sich aus dem wirtschaftlichen Bezugspunkt, der Bewertungsgrundlage, wobei sich folgende Grundsatzfrage stellt: Gilt es die aus naturschutzrechtlichen Bewirtschaftungsbeschränkungen resultierenden Mindererträge abzugelten (auszugleichen) oder hat sich die Entschädigung auf eine rechtlich mögliche, optimierte (fiktive) Waldbewirtschaftung - ungeachtet ihrer tatsächlichen praktischen Ausübung - zu beziehen? Wagner-Jönsson (2001) sieht beispielsweise potenzielle Nutzungsmöglichkeiten, soweit sie rechtlich zulässig sind, rechtlich abgesichert, jedoch ist die Realisierung von wirtschaftlichen Chancen grundsätzlich nicht Teil des Eigentumsschutzes. Nur verfestigte (forstliche) Nutzungen genießen einen lückenlosen Bestandesschutz. Demnach ist eine Entschädigungsbewertung auf die tatsächlichen, schutzgebietsbedingten Ertragseinbußen, nicht aber auf fiktive Ertragsminderungen abzustimmen. Es gilt für jene Waldbesitzer den finanziellen Ausgleich ihrer Mindereinnahmen sicherzustellen, die zum Zeitpunkt der Unterschutzstellung berechtigte Erwartungen hatten, ihre bisherige forstliche Nutzung auch künftig unbehindert weiterführen zu können.
Dass sich eine Nutzung „objektiv anbietet” reicht nicht aus, hier ist im Einzelfall abzuwägen, ob ein für Naturschutz und Landschaftspflege aufgeschlossener „Durchschnittsnutzer” die Nutzung unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung ebenfalls durchführen würde. Es muss also ein direkter Zusammenhang zwischen den naturschutzrechtlich bedingten Beeinträchtigungen und den konkreten wirtschaftlichen Nachteilen für den Waldeigentümer beziehungsweise den Forstbetrieb bestehen. Diesbezüglich ist sicherzustellen, dass die Einkommenssituation beziehungsweise die Ertragslage des Forstbetriebes durch die Gewährung von Entgelten (Entschädigungen) für behördlich erteilte unverhältnismäßige, nicht zumutbare Nutzungsbeschränkungen und Bewirtschaftungsauflagen keine finanzielle Veränderung erfährt.
Die österreichische Rechtssprechung ist in diesem Aspekt der Entschädigungsbemessung noch nicht ausreichend verfestigt. Es finden sich - immer anlassbezogen - sehr unterschiedliche Interpretationen inwieweit die tatsächlichen oder auch fiktiv möglichen Bewirtschaftungsformen in die Bewertung einzufließen haben. Da die forstpolitische Willensbildung einheitlich eine Regelung über vertragsnaturschutzrechtliche Vereinbarungen anstrebt und zudem ein dem Waldeigentümer aufgezwungenes „Verbesserungsgebot” praktisch nicht umsetzbar sein wird, wird die hoheitliche Entschädigung der Ausnahmefall, die partnerschaftliche Entgeltvereinbarung der Regelfall sein müssen.