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Ukraine/Rumänien

Mitschuld an Korruption? Illegales Holz?

Ein Artikel von Gerd Ebner | 19.07.2018 - 18:57

Zwei Jahre recherchierte die britische NGO Earthsight in der Ukraine die dortigen Holzhandelspraktiken. Deren Abschlussreport nennen sie „mitschuldig an Korruption“ („complicit in corruption“). „Aus osteuropäischen Quellen fließen riesige Ströme an illegal gefälltem Holz in die EU. Bekannte westeuropäische Unternehmen bedienen sich eifrig“, fasst es Tara Ganesh von Earthsight zusammen.

Holz aus dubiosen Quellen

Als mit Abstand größter Holzeinkäufer in der Ukraine wurde Holzwerkstoffproduzent Egger genannt. Das österreichische Unternehmen soll mehrere Zulieferer haben, die in Korruptionsfälle verwickelt sind. Rund ein Drittel, der von Egger eingekauften Mengen, soll aus solchen Quellen stammen.

In einer spontanen Stellungnahme antwortet das Tiroler Unternehmen, „dass wir speziell für Holz aus der Ukraine weitere Schritte unternehmen werden. Wir zählen dabei auch auf die Unterstützung der lokalen Behörden und der europäischen Institutionen. Für kriminelle Handlungen in einem Staat, deren Opfer auch wir selbst sein könnten, lassen wir uns jedoch nicht verantwortlich machen.“

FSC-Siegel einfach zu erhalten

Pikanterweise für den WWF als Organisator der Veranstaltung: Große Mengen des beanstandeten Holzes tragen das FSC-Siegel – welches der WWF massiv fördert. Das Siegel sei laut Ganesh in der Ukraine sehr einfach zu bekommen („child game“ nannte sie es wörtlich).

Mit am Podium in Wien saß Johannes Zahnen, WWF Deutschland. Er sieht den FSC als Mittel zur Risikominderung bei Holzkäufen. „Wir vom WWF sehen auch die Schwächen bei FSC. FSC arbeitet daran, das in den Griff zu bekommen und die Lücken zu schließen.“

Undercover-Aktion in Ukraine

Laut Ganesh soll ein Vertreter von Swiss-Krono bei einer Undercover-Aktion von Earthsight den Willen zum Kauf von illegalem Holz gezeigt haben. Überdies soll dieser den Undercover-Agenten zum Besuch in ein Werk eingeladen haben.

Die Holzindustrie Schweighofer nannte Ganesh bis 2016 als größten Importeur an ukrainischem Holz. Dieses Unternehmen sieht sie in direktem Kontakt zu Viktor Sivets, ehemaliger Chef der Staatlichen Forstbehörde der Ukraine (State Forest Resources Agency of Ukraine). Als Tennispartner des ehemaligen ukrainischem Präsidenten, Wiktor Janukowytsch, hatte dieser Zugang zu höchsten Regierungskreisen.

Sivets, der von 2011 bis 2014 im Amt war, soll – laut Earthsight – der Hauptarchitekt eines Systems von Korruption auf hohem Niveau gewesen sein, von dem er und seine Familie über 32 Mio. € lukrierten. Sivets sei auf der Flucht vor den ukrainischen Behörden und war bis vor kurzem Gegenstand eines Interpol-Haftbefehls.

Vorwurf illegaler Zahlungen

Schweighofer wäre zu Sivets Amtszeit der mit Abstand größte Abnehmer von ukrainischem Rundholz gewesen. Uniles s.r.o., eine slowakische Tochtergesellschaft der Schweighofer-Gruppe, wird von der Staatsanwaltschaft in den Earthsight-Dokumenten als eines von vier Unternehmen bezeichnet, von denen Sivets im Zeitraum Februar 2011 bis Februar 2014 illegale Zahlungen in Höhe von rund 13,6 Mio. € erhalten hat.

Laut Earthsight habe der nunmehrige ukrainische Präsident bereits bei der EU um Hilfe zur Bekämpfung der illegalen Holzernten angefragt. Er verlangt ein härteres Vorgehen gegen Unternehmen, die riskantes Holz (highrisk wood) kaufen.

Problem der Zukäufe von Dritten

David Gehl, ein Vertreter der Enviromental Investigation Agency (EIA), erhob den Vorwurf, dass die Holzindustrie Schweighofer immer noch Holz aus Nationalparks erhalten würde. Seine Argumentation: „Rund die Hälfte der Lieferungen an Schweighofer stammen aus Zukäufen von Dritten“ (3rd party). Das Unternehmen könne daher gar nicht wissen, woher das Holz kommt. Zwar gestand Gehl ein, dass es in Rumänien vielfach legal sei, in Nationalparks zu ernten – sie hätten aber auch Fälle von Übernutzung und gesetzeswidrige Flussquerungen etc. dokumentiert.

„Jeder unserer Lieferanten muss sämtliche Holzbezugsquellen samt Einschlagsgenehmigung offenlegen“, entgegnet die Holzindustrie Schweighofer an dieser Stelle. „Wir beschäftigen 50 Mitarbeiter, die eigens in die Sicherung der Lieferkette involviert sind. Wesentliche Elemente dabei sind: Vorortbesuche bei Lieferanten und bei den Nutzungsorten im Wald, intensive Kontrolle der Nachhaltigkeitszertifizierungen und des Unternehmensprofils der Lieferanten und die Kontrolle der Zuständigkeit der Forstverwaltungen“, verweist ein Unternehmenssprecher. „Stellen unsere Sicherheitsexperten fest, dass über einen Holzsammelplatz Nationalparkholz gehandelt wird, was in bestimmten Bereichen der Nationalparks völlig legal ist, akzeptieren wir für diese Zeit keine Lieferungen vom betreffenden Holzsammelplatz.“

Laut EIA hätte sich das Binnenaufkommen der Holzindustrie Schweighofer auf 1,2 Mio. fm/J reduziert. Das erhöhe aber die Abhängigkeit von anderen Lieferländern, wie der Ukraine, Weißrussland oder der Slowakei. „Und bei diesen Importmengen können niemand nachweisen, dass es legal wäre“, meinte Gehl.

GPS-Tracking nur für 20%?

Die EIA würdigte den Aufbau des GPS-Trackings der Holzindustrie Schweighofer. Damit würden aber nur 20% des Holzbedarfs erfasst. Die EIA-Rechnung: 60% wird importiert. Von den restlichen 40% stammt die Hälfte von Dritten.

Auf die Ukraine angesprochen, betont die Holzindustrie Schweighofer, dass „alle zehn EUTR-Prüfungen, die unser Unternehmen in der Ukraine seit 2015 zu gewärtigen hatte, positiv absolviert wurden.“

Zahnen beklagt, dass es acht Jahre nach der Verabschiedung und fünf Jahre nach Inkrafttreten der EUTR-Bestimmungen die Implementierung immer noch sehr schleppend erfolge. Er sieht Österreich in der zentralen Verantwortung gegenüber Osteuropa. „Wie kann es sein, dass das Hochrisiko-Holz über die Ukraine, Rumänien und österreichische Unternehmen in die EU kommt? Die Kontrollen in Österreich reichen nicht aus“, urteilte er. „NGO finden diese Illegalität – und die Behörden nicht?“

Mängel in EUTR-Umsetzung

Der WWF Österreich wird nun beim BFW Beschwerde einlegen. „Dies soll sicherstellen, dass österreichische Unternehmen die Finger von Quellen lassen, die nicht zu 100% sicher sind“, erklärte Andrea Johanides, WWF Österreich. „Österreich muss den EU-Ratsvorsitz dazu nutzen, die EUTR endgültig zu implementieren.“

Zahnen und Johanides mussten auf Anfrage bestätigen, dass es keine Beweise gegen die genannten Unternehmen gäbe, dass illegales Holz wissentlich eingesetzt wurde. Beide verwiesen auf „schwere Verdachtsmomente“. Es wäre jetzt am BFW, dies zu untersuchen.