Der Schwarzwald ist weithin als Region für Tannenholz hoher Qualitätsgüte bekannt. Bereits im 16. Jahrhundert nutzten die Bewohner dieses Potenzial. Unter dem Namen „Holländer-Tannen“ verschifften sie zahlreiche Stämme in Richtung der Niederlande. Dort verarbeitete man das Holz zu Schiffsmasten und verwendete es als Baumaterial in der Schifffahrt. Für damalige Verhältnisse lukrierten die beteiligten Holzhändler große Gewinne.
Noch heute findet man in klein strukturierten, meist von Waldbauern bewirtschafteten Wäldern Betriebsformen, die sich der Plenterwirtschaft bedienen. Eine Managementform, die unterschiedliche Dimensions-klassen nutzt und wegen der Ausnutzung der vertikalen Bestandesstruktur große ökologische Vorteile besitzt. Vor allem Schattbaumarten, wie Tannen und Buchen, sind in diesen Wäldern häufig.
Tourismus und sozialer Nutzen
Der Stadtwald Freudenstadt beschloss vor 110 Jahren, den Kommunalwald plenterartig zu bewirtschaften. Auf einer Betriebsgröße von 3.200 ha finden hier vor allem Fichten, Tannen, Kiefern und Buchen Platz. Die Stadtverwaltung entschloss sich zu diesem Schritt, da man sich für einen zunehmenden Besucherstrom besser aufstellen wollte.
Noch heute findet man Spuren im Wald, die darüber Auskunft geben. Waldwege mit geringen Steigungen und feinem Split prägen in Stadtnähe das Bild. Plätze alter Pavillons, die zur Erholung dienten, säumen die Wegränder. Um das Empfinden der Besucher weiter zu verbessern, überlegten die Stadtväter, wie ein touristisch genutzter Wald auszusehen habe. Fündig ist man in der Plenterbewirtschaftung geworden. Der Stadtrat ist überzeugt von diesem Konzept. Vor zehn Jahren erhielt die Stadt Freudenstadt daher eine Auszeichnung der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) als einer von drei Forstbetrieben in Baden-Württemberg als Pro Silva-Betrieb. Doch nicht nur soziale Vorteile besitzt das Konzept. Wirtschaftlich werden die umliegenden Unternehmen der Säge- und Papierindustrie mit dem Rohstoff Holz versorgt.
Wertastung und Einzelstammnutzung
Der ökonomische Aspekt spielt in Freudenstadt ebenfalls eine große Rolle. Gerne nutzt man den Rohstoff bei der Errichtung von Gebäuden. Die Stadtverwaltung unter der Leitung des amtierenden Oberbürgermeisters, Julian Osswald, erließ deshalb eine Verordnung, die es vorschreibt, in öffentlichen Neubauten Tannenholz zu verbauen.
Die einzelstammweise Nutzung prägt das Arbeitsbild im Wald von Freudenstadt. In der Plenterbewirtschaftung fallen häufig auch stärkere Bäume. Beim Lokalaugenschein ist beispielsweise eine Weißtanne mit einem Brust-Höhen-Durchmesser (BHD) von 1,2 m auffällig. Solche starken Bäume sind keine Seltenheiten. Um die Qualität solcher Baumriesen zu fördern, setzt Revierleiter Sascha Frank auf Wertastung. Rund 1400 Bäume mit einem BHD zwischen 10 und 20 cm entasteten die Forstarbeiter im Jahr 2017. „Mit dem Wertastungsnachweis ist es möglich, deutlich höhere Erlöse für das Rundholz zu erzielen“, führt Frank während der Waldbesichtigung aus. Doch nicht jeder Baum kann wertgeastet werden. Das Umfeld ist entscheidend. Bei falscher Vorgehensweise besteht die Gefahr von Wasserreißern.
Das Holz besitzt ebenso von der Bewirtschaftungsform geprägte Merkmale. In Freudenstadt ist es keine Seltenheit, dass junge Stämme lange unter Schirm stocken. Ersichtlich ist dies an den sehr engen Jahrringen im Kernbereich. Auf der Exkursion zeigt Forstamtsleiter Simon Stahl eine Stammscheibe mit einem Durchmesser von etwa 12 cm. Allein im Kernbereich sind 50 Jahrringe zu finden.
Ökologisch vielfältig, wenige Pflanzung
In Zeiten der zunehmenden Anhäufung von Unwetterereignissen suchen viele Waldbesitzer gegenwärtig unanfällige Bewirtschaftungsformen. Die starke vertikale Raumnutzung der Bäume hat ein hohes Potenzial: Neben der effizienten Nutzung des Platzes bietet – im Waldbild kaum wahrnehmbares – Totholz Raum für Leben. Die Nutzung der anfallenden Naturverjüngung erlaubt es, von Pflanzungen weitestgehend Abstand zu nehmen. Die einzelstammweise Nutzung ermöglicht es, das genetische Potenzial der Pflanzen ideal zu steuern.
Beim Holzkurier-Lokalaugenschein ist der gewaltige Andrang der Naturverjüngung auffällig. Osswald ist sehr zufrieden mit dem Bewirtschaftungskonzept: „Besonders das gute Zusammenspiel zwischen der Revierleitung, der Kreisforstverwaltung und der Stadt Freudenstadt war in der Vergangenheit ausschlaggebend für die positive Entwicklung des Stadtwaldes. Mein Dank gilt daher besonders der Forstverwaltung, die es schafft, viele Interessen zu vereinen. Die Auszeichnung zum Forstbetrieb des Jahres rundet das Bild ab und freut mich als Oberbürgermeister sehr.“