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Die Diskutanten, Lukas Stepanek, Rupert Seidl, Werner Stix, Peter Schwarzbauer und Franz Kirnbauer, mit Moderator Alfred Teischinger (v. li.)

Podiumsdiskussion 

Bestattung der Fichte

Ein Artikel von Günther Jauk | 24.05.2019 - 16:06

Eine der zentralen Fragen des Abends nahm Univ.-Prof. Rupert Seidl vom Institut für Waldbau bereits in seinem Eingangsstatement vorweg: „Die Fichte wird auch in den kommenden Jahrzehnten ein wichtiger Bestandteil des österreichischen Waldes sein.“ Der Fichtenvorrat nimmt weiter zu – im Altersbestand von 0 bis 20 liegt der Anteil bei knapp 50 %. Dennoch sei die Fichte in tieferen Lagen ein Klimaverlierer. Fichtenreinbestände unter 800 m seien waldbauliche Bankrotterklärungen – damit überlasse man dem Borkenkäfer den Waldbau, so Seidl, der sich für eine Diversifizierung im Wald aussprach: „Wir müssen weg von einem Brotbaum und hin zu vielen Brotbäumen.“ Bioökonomie und neue stoffliche Verwertungen von Holz wurden in diesem Zusammenhang mehrmals genannt.

Univ.-Prof. Peter Schwarzbauer vom Departement für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften betonte ebenfalls, dass aufgrund der hohen Vorräte und des langen Produktionszeitraums in den nächsten Jahrzehnten noch ausreichend Fichten vorhanden sein würden. Langfristig werde es allerdings problematisch, wenn der Laubholzanteil beständig zunehme und keine durchschlagenden neuen Technologien für die stoffliche Verwertung gefunden würden. 80 % des Nadelholzes wird in Österreich derzeit stofflich verwertet – bei Laubholz liegt dieser Anteil nur bei 30 %, 70 % werden verheizt.

Lukas Stepanek von den Österreichischen Bundesforsten (ÖBf) berichtete von über 50 % Schadholzanteil in den vergangenen drei Jahren. Er betonte, dass die Fichte in niederen Lagen und an trockenen Standorten ausgedient habe und man künftig verstärkt auf Mischwälder mit anderen Nadelholzarten, wie etwa Tanne oder Douglasie, setze. Den ÖBf gehe es dabei vor allem um widerstandsfähige Waldbestände.

Schwieriges Laubholz

Wenig begeistert vom steigenden Laubholzanteil zeigte sich Franz Kirnbauer. Der Holzindustrielle und Wirtschaftskammer-Spartenobmann verwies auf die Probleme, welche mit anderen Holzarten auf die gesamte Industrie zukommen würden. Neben einer großen finanziellen Belastung nannte Kirnbauer den umfangreichen Normungsaufwand sowie die direkte Konkurrenz zur Stahl- und Betonindustrie als weitere Hürden. Angesprochen auf die BauBuche von Pollmeier Massivholz, Creuzburg/DE, verwies Kirnbauer auf das enorme Kapital, das hinter diesem Projekt steckt, und die Produktionsschwierigkeiten, die dabei auftraten.

Probleme gebe es in Ostösterreich auch mit dem Einsatz der Tanne. Aufgrund der schlechten Qualitäten im Osten (Nasskern) sei diese im konstruktiven Holzbau nicht zu gebrauchen. Bäume, wie es sie in Westösterreich oder der Schweiz gibt, seien hingegen keine Probleme, betonte Kirnbauer. Laut Seidl hängen diese schlechten Rundholzqualitäten stark vom Bewirtschaftungssystem ab – eine grundsätzliche Barriere für hochwertige Tannenbestände in diesem Gebiet sah er nicht. Wichtig sei in diesem Zusammenhang aber eine Wildstandoptimierung.
Verarbeitungspotenzial sah Kirnbauer in der Douglasie. Seidl betonte allerdings, dass diese nicht weniger schadanfällig sei als die Fichte, und Schwarzbauer verwies auf das Problem mit den ausgesprochen geringen Mengen, die es in Österreich gibt.

Bessere Fichten

Kirnbauer betonte auch die Möglichkeit, Nadelhölzer mittels Züchtung an den Klimawandel anzupassen. Hier verwies er auf Aussagen von Dr. Silvio Schüler, Leiter des Instituts für Waldwachstum und Waldbau des BFW Österreich (s. Holzkurier Heft 12, S. 3-4), nachdem Waldbau und Forstpflanzenzüchtung durchaus Optionen zur Anpassung an den Klimawandel böten. Allerdings sei man in Österreich, verglichen mit anderen Ländern, wie etwa Kanada oder Schweden, in diesem Sektor um Jahrzehnte hinten.

Seidl stand der klimaresistenten Fichte eher kritisch gegenüber: „Natürlich gibt es in diesem Forschungsbereich noch Luft nach oben, ich würde diesen Weg aber nicht als Lösung aller unserer Probleme ansehen.“ Stepanek konnte sich den Einsatz optimierter Baumarten bei der Aufforstung von Schadholzflächen durchaus vorstellen. Dort, wo es möglich sei, habe aber die Naturverjüngung Vorrang.

Was sollen wir pflanzen?

Eine für beide Seiten der Wertschöpfungskette essenzielle Frage war, was man heute pflanzen soll. „Wir müssen den Waldbesitzern speziell nach Schadereignissen Konkretes sagen. Mit Aussagen, wie: ,Nimm halt Laubholz und dann schauen wir mal´, ist niemandem geholfen“, betonte Kirnbauer und Stepanek unterstrich die Wichtigkeit der Zusammenarbeit – man müsse sich gemeinsam an einen Tisch setzen und darüber reden.

Mit der Frage: „Wer bezahlt die Differenz?“, brachte es Moderator Univ.-Prof. Alfred Teischinger auf den Punkt: Mit steigender Diversifikation der Baumarten steigen die Kosten der Holzindustrie, Kalamitäten wirken sich hingegen negativ auf die Forstwirtschaft aus. Das sind Herausforderungen, die zweifelsohne nur gemeinsam bewältigt werden können.