Corona / Europa

Große regionale Unterschiede

Ein Artikel von Günther Jauk (für holzkurier.com bearbeitet) | 17.04.2020 - 08:28
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EOS-Logo © EOS

Am 15. April organisierten der Europäische Holzhandelsverband (ETTF) und der Europäische Sägewerksverband (EOS) eine gemeinsame Telefonkonferenz. Neben einer Bestandsaufnahme versuchten die Teilnehmer aus elf europäischen Ländern, die Entwicklung in den kommenden Monaten abzuschätzen:

Zweifellos haben die Auswirkungen des Coronavirus-Ausbruchs weitreichende und schwerwiegende Folgen auf die Wertschöpfungskette Holz. Es gibt jedoch erhebliche Unterschiede zwischen den europäischen Ländern: Der Bausektor, ein zentraler Markt für die Holzindustrie, wurde in Ländern, wie Spanien, Italien, dem Vereinigten Königreich und Frankreich, besonders in Mitleidenschaft gezogen. Stark betroffen sind auch Unternehmen in anderen Ländern, welche in die vorhin genannten Zielmärkte liefern. In anderen Teilen Europas, wie in Skandinavien, Deutschland und den Niederlanden, hat sich der lokale Bausektor besser entwickelt – aber auch in diesen Regionen könnte es im 3. Quartal zu Einbrüchen kommen.

Do-it-yourself-Märkte im Fokus

Um die kriselnde Nachfrage zu befriedigen, haben einzelne Unternehmen Produktionskürzungen im zweistelligen Bereich vorgenommen, wobei Rücknahmen in Skandinavien vergleichsweise geringer ausfielen als in Mitteleuropa. Es wird erwartet, dass der Heimwerker-Sektor den Markt stützen wird, da die Menschen mehr Zeit zu Hause verbringen – insbesondere, da die Do-it-yourself-Märkte derzeit noch weitgehend offen sind und somit Sägewerke und Handel unterstützen. Insgesamt ist es wahrscheinlich, dass sich Länder, die diese Krise mit weniger Verlusten überstehen, in den kommenden Monaten stärker nach innen wenden und ihre Verkäufe auf den lokalen Markt lenken werden.

China erholt sich – USA-Markt schwächelt

Sowohl für EOS- als auch ETTF-Mitglieder sind Überseemärkte sehr wichtig. Die Teilnehmer der Telefonkonferenz betonten, dass sich China – sowohl als grundlegender Kunde als auch Produzent – in den vergangenen Wochen erholt habe, während die Verkäufe in die Vereinigten Staaten zurückgingen. Der indische Markt ist vollständig geschlossen, während es in einigen südostasiatischen Ländern Schwierigkeiten gibt. Der Mangel an verfügbaren Containern und die gestiegenen Preise sind immer noch Herausforderungen, aber die Situation scheint sich im Vergleich zu jener vor einigen Wochen zu verbessern. Die Teilnehmer betonten, dass der ungehinderte Fluss von Rohstoffen und Waren nach wie vor von grundlegender Bedeutung sei, um die langfristige Lebensfähigkeit der Branche zu gewährleisten. Sägewerke und Handel waren sich einig, dass der Aufbau von Lagern regionale Kürzungen von Angebot und Nachfrage abfedern und so eine wichtige Funktion für die allgemeine Marktstabilität und eine funktionierende Chain of Custody übernehmen könne.

Dauer und Intensität entscheidend

Mit Blick in die Zukunft waren sich beide Organisationen einig, dass die Dauer und Intensität der Krise entscheidend für das Muster der Erholung sein werden. Wenn das Coronavirus in den kommenden Monaten neutralisiert wird, besteht die Hoffnung auf eine Rückkehr zu einer fast "Business as usual"-Situation – dem Holzsektor ging es im ersten Quartal gut. Ein solches "V-förmiges" Ergebnis stellt allerdings ein Best Case-Szenario dar. Wenn jedoch die allgemeine Wirtschaft und der Bausektor in der zweiten Jahreshälfte gedämpft bleiben, wird eine anhaltende Schrumpfung der Holzindustrie einen schweren Tribut abverlangen – selbst in Ländern, die es bisher geschafft haben, den Sturm zu überstehen. Es scheint sehr wahrscheinlich, dass die Wirtschaft als Reaktion auf die Pandemie einige strukturelle Veränderungen erfahren wird. Die Auswirkungen dieser Veränderungen sind im Moment noch nicht vorhersehbar, werden aber wahrscheinlich auch in der Holzindustrie zu spüren sein.