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Zauberwort wird Cashflow heißen

Ein Artikel von Robert Kittel | 06.04.2020 - 08:30

Hart traf die österreichische Sägeindustrie die Schließung der Baustellen. „Leider gab es vor zwei Wochen eine sehr unglückliche Diskussion über einen generellen Stopp der Baustellen“, beklagt Jöbstl. Durch intensives Lobbying konnte ein genereller Baustopp verhindert werden, schrittweise starteten viele Baustellen wieder. Manche werden aber erst nach Ostern wieder aufsperren.

Flexibilität überlebensnotwendig

Der italienische Markt nimmt aufgrund der Maßnahmen nur noch deutlich reduziert Verpackungsware und Pellets auf. „Italien ist das wesentlichste Land für uns. Dort ist erfreulich, dass wenigstens Verpackungsschnittware abgenommen wird. Die, die derzeit keinen anderen Markt haben, müssen rasch handeln. Große Flexibilität ist derzeit überlebensnotwendig. In früheren Krisen hatte man mehrere Wochen oder auch Quartale Zeit, sich vorzubereiten – jetzt muss man sich wöchentlich anpassen. Von ersten Meldungen bis zu Schichtreduktionen vergingen weniger als zwei Wochen.“

Der März war produktionstechnisch noch zweigeteilt – erst in der zweiten Hälfte kam es zu massiven Problemen. „Die Reduktionen reichen derzeit von 30 bis 50 %“, weiß Jöbstl. „Viele Betriebe nutzen die Osterwoche für eine Art ,Betriebsurlaub‘. Es ist schwierig zu sagen, wie es nach Ostern weitergeht. Aber die 30 bis 50 %ige Reduktion wird wohl erhalten bleiben.“

Der Schadholzanfall in Mitteleuropa könnte heuer zumindest auf dem Niveau des Vorjahres sein. Jöbstl spricht von einer Situation, die „fast schon unbewältigbar ist“. Er bedauert, dass medial die Verantwortung sehr stark in Richtung Sägeindustrie geschoben werde. „Die Diskussion wird sehr oberflächlich ohne Detailinformationen geführt.“

Aus seiner Sicht hat es bis ins 1. Quartal 2020 nachgewirkt, dass es in 4. Quartal 2019 massive Ausfälle im heimischen Rundholzangebot gegeben hat. „Die Sägeindustrie musste sich damals im Ausland eindecken. Nun ist es in Coronazeiten schwer, die Lager überhaupt wieder abzubauen.“

Konstanter Rundholzzufluss nötig

Jöbstl betont, dass die Sägewerke die Produktion nur aufrechterhalten können, wenn ein konstanter Holzfluss in die Werke erfolge. Den gibt es laut ihm auch in Normalzeiten nicht immer, sodass die Sägeindustrie auf Importe angewiesen ist. Hinzu kommt, dass grenznahe Unternehmen ihre natürlichen Einzugsgebiete haben. Jöbstl: „Würden Importe weggefallen, käme es zu massiven Ausfällen und auch Betriebsschließungen.“

Binnenlogistik suboptimal

„Was in Österreich oft übersehen wird, sind die logistischen Beschränkungen. So ist es in Österreich fast nicht darstellbar, größere Schadholzmengen von Nieder- oder Oberösterreich etwa nach Tirol zu bekommen“, verweist Jöbstl. „Wir werden weiterhin unsere Stammlieferanten bevorzugen und Rundholzmengen bestmöglich abnehmen. Ich habe mich bereit erklärt, dass wir bestmöglich bevorzugt heimisches Holz verarbeiten.“

Viele Erleichterungen nötig

Dazu wäre es aber nötig, dass man rasch Unterstützung von der Politik erhalte. „Wir brauchen geeignete Rahmenbedingungen und Förderungen im Bereich Transport und Logistik.“ Jöbstl erwähnt: Lkw-Tonnage-Erhöhung auf 50 t ohne Radiuseinschränkung, Optimierung der Verladung auf Bahn, Ausbau des Kernnetzwerkes der Rail Cargo Group aber auch zusätzliche Nasslager außerhalb des Waldes.

Einen Hoffnungsschimmer erkennt Jöbstl im Osten: „In Asien haben es die wichtigsten Länder schon geschafft, sich einigermaßen zu erholen. Die Ostmärkte sollten uns Hoffnung geben, dass auch in Europa in einigen Quartalen der Absatz wieder funktionieren kann.“ Aber grundsätzlich könne man nicht sagen, was in ein, zwei Monaten passieren werde. „Wir sind froh, wenn wir die nächste Woche richtig einschätzen.“

Stärker aus der Krise? Ja!

Kann der regionale Rohstoff Holz gestärkt aus der Krise hervorgehen? „Ja! Ich gehe davon aus, dass Holzprodukte in Zukunft ein starkes Wachstum erleben werden“, betont Jöbstl. Weitere Herausforderungen laut ihm: 

  • gegen die Einschränkung nachhaltiger Waldnutzung zu kämpfen
  • den Waldbesitzern Alternativen aufzuzeigen, in der Produktion rohstoff-/energieeffizienter zu werden.

Jöbstl: „Wenn wird das alles lösen, haben wir Superchancen. Die Nachfrage wird wachsen, eventuell sogar über das Niveau vor der Coronakrise.“

Investitionen teilweise verschieben

Was wird mit den angekündigten Investitionen passieren? Die Antwort des Vorsitzenden der Sägeindustrie: „In den kommenden Quartalen heißt das Zauberwort Cashflow. Alles, was nicht kritisch und nötig ist, wird wahrscheinlich verschoben werden. Nach der Corona- wird eine Wirtschaftskrise kommen.“