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© Holzkurier

Absatzindikator März 2021

Erhöhungstempo nimmt weiter zu

Ein Artikel von Gerd Ebner | 07.04.2021 - 08:31

Abseits des Vorhersehbaren

Als wir den Absatzindikator gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur entwickelten, nahmen wir an, dass niemals ein Wert von 130 % überschritten werden wird. Doch diese Annahme erwies sich als falsch – im März 2021 wurde der Wert deutlich übertroffen. Das Tempo der Preiszunahmen erhöhte sich zuletzt wöchentlich.

Der gesamte Holzmarkt ab dem Rundholz scheint außer Rand und Band zu sein.

Alle Märzpreise schon überholt

Die monatliche Wertzunahme ist also gewaltig. Doch dies betrifft erst das 1. Quartal. Wenn Sie diese Zeilen lesen, sind die angegebenen Preise nicht wie üblich wenige Tage, sondern eigentlich schon ein bis zwei Monate alt. Denn die meisten Betriebe sind mit ihren Aufträgen und Preislisten schon bei Ende Mai oder teilweise im Juni. Das hier beschriebene Preisniveau ist in vielen Sortimenten bereits um bis zu 200 €/m3 zu niedrig.

Was für das kommende Quartal angekündigt wird und in den meisten Fällen von den Kunden schon akzeptiert wurde, ist exorbitant: Dachlatten bis 600 €/m3, KVH bis 500 €/m3 oder noch mehr, BSH bis 660 €/m3 oder deutlich höher. 1000 €/m3 für ein beliebiges Produkt? Nichts scheint mehr undenkbar!

Viele Verlierer in der Preisrallye

Die Stimmung ist angesichts der Marktlage aggressiv. Viele Unternehmen wurden vom Ausmaß der Steigerungen und von den leeren Lagern total überrascht. Bei derartigen Preisausschlägen und geringen Lagerständen gibt es nur große Gewinner oder große Verlierer. „Friss oder stirb“, ist laut Abnehmern vielfach die Produzentendevise. Der Großteil der Unternehmen ist ehrlich bemüht, die bisherigen Stammkunden primär zu bedienen – und das in Kontingenten, die deren langjährigen Ordermengen entsprechen. Überdies sollen Preisvorausschauen bis Juni sowie Lieferzusagen für eine bestimmte Kalenderwoche Planbarkeit in den Markt bringen.

Nicht erklärbare Preisrelationen

Schon Mitte 2020 war der Preis für blankes Schnittholz in den USA höher als hoch veredeltes Brettsperrholz in Europa. Das hätte für alle ein erstes Warnsignal sein können, dass gewohnte Preisrelationen aus den Fugen geraten. Damals wurde das aber noch auf die Absurditäten der Weltmärkte, namentlich der Trump-USA mitten in der Pandemie, geschoben. 

Jetzt sind die Preisabsurditäten aber auch in Mitteleuropa Alltag: Wenn der Preis für beste inneralpine Tischlerware unter den von 08/15-Anfallware, wie 17 mm-Spanerseiten, fällt, weiß man, dass etwas substanziell nicht stimmt. Anderes Extrembeispiel: 640 €/m3 für ersteigerte Dachlatten ...

Erhöhungen erst in Ansätzen im Wald angekommen

Für besondere Missstimmung sorgt auch, dass die Urproduzenten, also die Waldbesitzer natürlich weiterhin näher bei den Tiefst- als Höchstpreisen stehen. Zwar sind im 1. Quartal mit 81,5 €/fm in Österreich und Süddeutschland auch die Rundholzpreise kräftig gestiegen, doch diese +12 % reichen noch nicht, um zum Mittelwert 2006 bis 2021 zu gelangen, der bei 85,7 €/fm liegt.

Viele Ursachen!

In unserer jüngsten Umfrage auf LinkedIn sehen 61 % im „Mehrbedarf in China und den USA“ den Hauptgrund der Preisrallye. In diese beiden Großmärkte lieferte etwa Deutschland 2020 rund 2,7 Mio. m3 – das sind 14 % der Gesamtproduktion von 19,7 Mio. m3 Nadelschnittholz. Da die Exportmengen binnen kurzer Zeit so stark zunahmen, gelang es dem Markt noch nicht, sich restlos an die Verminderung weniger zu gewöhnen. Bis 2020 gab es nur eine Handvoll Unternehmen, die wirklich Mengen über den Atlantik verschifften. Doch seither sind es zunehmend mittelgroße 

Säger, die sich dem Preisniveau jenseits der 500 €/m3-Marke nicht entziehen können. Das bewirkt zweierlei:

  • Es fehlen den üblichen Kunden gewisse Sortimente – etwa, wenn KVH-Spezialisten beginnen, US-Ware zu schneiden.
  • Wenn plötzlich ein Sortiment den doppelten Deckungsbeitrag bringt, steigen die Begehrlichkeiten, auch bei klassischen europäischen Sortimenten kräftig die Preise anzuheben.

Die steigenden Exportmengen Deutschlands sind nur ein Aspekt, warum sich am Heimmarkt die Preise derart verteuern. Boomende Weltmärkte verminderten auch die Importe. So haben skandinavische Holzindustrien nun lukrativere Märkte als Kontinentaleuropa.

Überdies erlebt die DACH-Region am Bau einen Renovierungs- und Sanierungsboom. Alles zusammen ergibt dann das Bild, das wird derzeit haben.

China hat lange gepokert

Es wurde schon erwähnt, dass viele Unternehmen seit Oktober nicht glauben wollten, was sich da vor ihren Augen abzeichnete. Ähnlich erwischte es ganze Abnahmegiganten. Chinas Importeure reduzierten im 4. Quartal 2020 ihre Einkäufe, weil sie die Preissteigerungen für temporär hielten. Als spätestens im Januar die chinesischen Lager ziemlich leer waren, kam das böse Erwachen. Bei skandinavischer Topware trat schon fast eine Preisverdoppelung zum Vorjahr ein (deutlich über 400 US-$/m3 für sägefallende Sortimente in China).

Die Containerverteuerung und -knappheit sind zwei weitere der zahlreichen Probleme der chinesischen Holzindustrie. Die weltweite Schnittholzpreis-Hausse verteuert auch die Sortimente für den chinesischen Markt. Außerdem wird es 2021 nicht mehr so billige Einkaufmöglichkeiten in Mitteleuropas Schadholzregionen geben. Diese Mengen werden noch mehr Verwendung in Europa finden – und die zentraleuropäischen Säger werden bereit sein, mehr für das Schadholz zu bezahlen.

Chinaexport könnte langsam abebben

Der europäische Rundholzexport nach China könnte 2020 seinen Höhepunkt erreicht haben. Im Januar gaben die Lieferungen aus Deutschland nach China um 25 % nach.