ESA

Walddaten aus dem All

Ein Artikel von Raphael Kerschbaumer | 20.01.2022 - 14:56

Selten war der Zustand der globalen Wälder so sehr auf der gesellschaftlichen Agenda und im Zentrum des politischen Diskurses wie aktuell. Erst Anfang November verschrieben sich mehr als 100 Staatsführer der Erhaltung und dem Schutz der globalen Wälder im Rahmen der UN-Klimakonferenz in Glasgow (siehe "Beispiellos" viel heiße Luft?).

Projekt „Biomass“

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Der Satellitenreflektor mit einem Durchmesser von 12 m hat die komplette Testphase bereits erfolgreich überstanden © L3Harris Technologies

Jedem Schutz und jeglichen Erhaltungsmaßnahmen geht eine gründliche Erhebung des Status quo voraus. Hier soll das ESA-Projekt „Biomass“ anknüpfen. Das Programm der Europäischen Weltraumorganisation kann in Zukunft wichtige Daten und Erstinformationen über den Zustand unserer Wälder liefern. Darüber hinaus soll es Aufschluss bringen, wie sich die Waldbestände mit der Zeit verändern, und unser Verständnis des globalen Kohlenstoffkreislaufs und des damit einhergehenden Speicherpotenzials essenziell erweitern.

Die Bedeutung unserer Wälder als wichtige CO2-Speicher ist wahrlich keine Neuinformation – der Umstand, dass vor allem in den tropischen Wäldern mittlerweile teils mehr Kohlenstoffdioxid wieder in die Atmosphäre abgegeben als im Gegenzug aufgenommen und gespeichert wird, schon. Ein grundlegendes Verständnis unserer globalen Kohlenstoffkreisläufe wird somit wichtiger denn je.

Das Projekt „Biomass“ soll Daten über die gesamte auf der Erdoberfläche befindliche Biomasse liefern – und das vom All aus. Die Biomasse aus den Wäldern kann als Referenz- und Bezugspunkt für den global gespeicherten Kohlenstoff herangezogen werden. Den noch omnipräsenten Unsicherheiten, bezogen auf die Bestände und Flüsse im globalen CO2-Kreislauf, könnte somit entschieden entgegengesteuert werden.

Finale Testphase

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Nicht nur aufgrund ihrer Speicherkapazität von rund 8 Gigatonnen CO2/J sind unsere Wälder ein essenzieller Bestandteil unseres globalen Klima- und Kohlenstoffsystems © K. Ooms-Walls

Die technische Herausforderung am Projekt liegt in der äußerst komplexen Struktur unserer Wälder. Unterschiedliche Baumarten und teils dichte Kronendächer erschweren eine gesamtheitliche Erfassung der Bestände immens. Aus diesem Grund verwenden die Verantwortlichen des ESA-Projekts einen speziellen Satellitentypen, welcher in der Lage ist, neben einer Wolkenschicht auch das dichte Kronendach eines Waldes zu durchdringen.

„Mehr als 50 europäische Unternehmen sind gemeinsam mit einem wichtigen amerikanischen Zulieferer am Projekt beteiligt. Die meisten Avionikeinheiten konnten bereits installiert werden und somit war eine erste Testeinschaltung des Satelliten bereits möglich“, berichtet Michael Fehringer, ESA-Projektleiter, über den Stand des Programms.

„Neben dem umfangreichen neuen Wissen über die Kohlenstoffkreisläufe werden wir auch näheren Aufschluss über die Emissionen aus der Landnutzung und die globale Entwaldungsproblematik bekommen“, unterstreicht Björn Rommen, ESA-Wissenschaftler im Bereich Biomasse, die Bedeutung des Projekts.