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Die Expertenrunde im Panel fand - wenig überraschend - dass Pellets keine Konkurrenz, sondern ein wichtiger Teil des Energiemixes der Zukunft sein sollten (J. Kertulla, H. Röder, C. Egger, S. Ortner, D. Barkovsky sowie G. Murray (v. li.)) © OÖ Energiesparverband

EUROPÄISCHE PELLETSKONFERENZ 2025

Zwei Schritte vor, einen zurück

Ein Artikel von Philipp Matzku | 19.03.2025 - 08:32
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Die Expertenrunde im Panel fand – wenig überraschend – dass Pellets keine Konkurrenz, sondern ein wichtiger Teil des Energiemixes der Zukunft sein sollten: Janne Kertulla, Hubert Röder, Christiane Egger, Stefan Ortner, Dina Bacovsky sowie Gordon Murray (v. li.) © OÖ Energiesparverband

Laut den vorläufigen Projektergebnissen des European Climate + Energy Modelling Forum (ECEMF) wird Strom bis 2040 bis zur Hälfte der Endenergieversorgung in der EU abdecken. „Die Energiewende ist notwendig, der Strombedarf der Stadt Wels wird sich bis 2040 verdoppeln. Der Netzausbau kostet viel Geld und es fehlt an Speichersystemen. Wir müssen gleichzeitig sehr flexibel bleiben, welche Energieformen wir wann, wo und wie lange einsetzen. Dafür brauchen wir offene Technologiesysteme, Mut und Innovationskraft“, betonte Gemeinde- und Nationalrat Paul Hammerl in seiner Eröffnungsrede auf der 33. Europäischen Pelletskonferenz am 5. März.

Pellets hochexergetisch nutzen

„Die CO2-Emissionen im Stromsektor sind seit 2007 um 50% gesunken. Bis 2040 sehen alle ECEMF-Modelle für die EU sowie für Großbritannien negative Emissionen voraus. Um die fossilen Energieträger weiter zu reduzieren, benötigen wir alle erneuerbaren Energieträger mit ihren spezifischen Charakteristika, um sie effizient und in Kombination einzusetzen“, erklärte Dr. Lukas Kranzl vom Institut für Energiesysteme und elektrische Antriebe der Technischen Universität (TU) Wien.

Aus Kranzls Sicht sollten Pellets aufgrund ihrer hohen Exergie vor allem für Hochtemperaturanwendungen im Industriebereich genutzt werden. Derzeit werden in der DACH-Region bis zu 80 % der Pellets zur Wärmegewinnung bei Endkunden eingesetzt. Kranzl sieht die Nutzung von Pellets insbesondere in der Spitzenlastabdeckung sowie in Kraft-Wärme-Kopplungs-(KWK)-Anlagen in Zeiten hoher Strompreise als sinnvoll an. Den Einfluss eigenständiger Heizkessel zur Wärmegewinnung – speziell im privaten Neubau – hält er hingegen für sehr begrenzt.

„Die Wärmegewinnung mit Pellets ist in Tausenden Haushalten und Regionen der DACH-Region Realität“, gab Dina Bacovsky von BEST (Bioenergy and Sustainable Technologies), Wien, zu bedenken. Bei hohen Pelletspreisen weichen Privathaushalte jedoch häufig auf Scheitholz aus, erklärten Kesselhersteller auf der Energiesparmesse Webuild in Wels. Gleichzeitig warben sie für ihre Kombi- und Hybridgeräte. „Gerade in der Übergangsphase bis zu einer möglichen Klimaneutralität benötigen wir machbare und realistische Lösungen. Pelletsheizungen als Rohmodelle der Kreislaufwirtschaft erfüllen diese Anforderungen“, sagte Stefan Ortner, Geschäftsführer des Heizkesselspezialisten Ökofen aus Niederkappel.

Verunsicherung hilft niemandem

„In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 50.000 neue Ölkessel installiert – nicht zuletzt, weil sowohl Endkunden als auch Installateure verunsichert waren, wohin die Reise geht. Zu viel Analyse führt letztlich zur Handlungsunfähigkeit – oder eben zu Ölkesseln anstatt zu Lösungen mit erneuerbaren Energien“, brachte Ortner die Stimmung des Panels auf den Punkt. Welche Rolle Holzbiomasse, speziell Pellets, in 20 oder 30 Jahren – also über die Lebensdauer eines Heizkessels hinweg – spielen wird, sollte entsprechend später entschieden werden. Dies bereits heute festzulegen, würde lediglich Lock-in-Effekte erzeugen, darüber waren sich die Panelisten schnell einig.

Die Dekarbonisierung der Industrie

Für die Dekarbonisierung der Technosphäre – also aller von Menschen geschaffenen technischen Systeme und Infrastrukturen – wird die BECCS-Technologie eine größere Rolle als bisher spielen, ist Dr. Hubert Röder, Professor für Betriebswirtschaftslehre Nachwachsende Rohstoffe an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, überzeugt. BECCS steht für die Abscheidung und Speicherung von biogenem CO2 aus Rauchgasen der energetischen Nutzung von Biomasse. Eine CO2-Bepreisung sei unerlässlich, pflichtete ihm Gordon Murray vom kanadischen Pelletsverband bei.

Von Waldstilllegung bis zur Lagerhaltung

Darüber hinaus wurden bekannte Positionen und Forderungen der Branche dargelegt. Pelletslager sind sinnvoll und helfen, Pelletspreissteigerungen wie in diesem Winter in Deutschland zu vermeiden. Förderungen wie die „Raus aus Öl und Gas“-Kampagne in Österreich sind nur dann wirksam, wenn sie planbar sind und über einen längeren Zeitraum laufen. Totholz ist aufgrund seines natürlichen Verfalls kaum als CO2-Speicher nutzbar, und auch Waldstilllegungen helfen bestenfalls temporär. Eine forstliche Nutzung sei für den Wald stets die bessere Option. „Aktivierung durch Adaptierung“, fasste das Röder zusammen.