Einblicke in Teilbereiche der Ingenieurpraxis und Ausblicke, was den Ingenieuralltag in Zukunft bereichern könnte, gewannen die 150 Teilnehmer auf den diesjährigen Karlsruher Tagen, die vom Lehrstuhl für Ingenieurholzbau und Baukonstruktion der Universität Karlsruhe zusammen mit dem Bruderverlag, Köln organisiert wurden. Die Referate zur Nachhaltigkeit beschäftigten sich im Gegensatz zu den öffentlich diskutierten Klimaschutzaspekten mit baukonstruktiven Fragen der täglichen Arbeit, die Nachhaltigkeit im Sinne von Dauerhaftigkeit und Standsicherheit verfolgt.
Erdbebengerechte Planung
Zum nachhaltigen Umgang mit Bauwerken gehört auch das erdbebengerechte Planen von Häusern. DI Burkhard Walter, Walter Ingenieurgesellschaft, Aachen/DE, widmete sich der Bemessung von Holztragwerken unter Erdbeben-Beanspruchungen und zeigte detailliert auf, was dabei zu beachten ist.Zum Schlagwort Innovation stellten DI Patrick Schädle und DI Gunnar Gebhardt, beide Universität Karlsruhe, neue Erkenntnisse zum Thema Wand vor. Schädle erläuterte die Untersuchungsergebnisse an einer neuartigen Wandbauweise aus kleinformatigen Einzelelementen, die ähnlich dem Prinzip von Legosteinen zusammengesteckt und mit Klammern verbunden werden können. Schwerpunkt der Untersuchungen waren ebenfalls Erdbebenbeanspruchungen. Die Ergebnisse erlaubten die Zuordnung der Wandbauweise in die Duktilitätsklasse 3. Die Klassen charakterisieren die Fähigkeit eines Bauteils, Erdbebenkräfte abzufangen. Zum Vergleich wurden auch konventionelle Holzrahmenbauwände untersucht. Ergebnisse zeigen, dass die neue Wandbauweise für die gleichen Einsatzzwecke geeignet ist wie der Holzrahmenbau. Das System erhielt im September 2007 die bauaufsichtliche Zulassung. Gebhardt referierte über den Einsatz von Holzfaser-Dämmplatten als aussteifende Beplankung von Holztafeln.
Um- und Ausbau von Dachtragwerken
DI Kurt Pock, Lehrbeauftragter für Holzbau an der Fachhochschule Kärnten und Salzburg, zeigte, wie ein nachhaltiger Um- und Ausbau beziehungsweise die Ertüchtigung von Dachtragwerken alter Häuser gelingen kann. Der Schwerpunkt lag in der Erläuterung, wie man Tragwerksmodelle findet, die den bestehenden und neuen Zustand realitätsnah abbilden. Dass für die Bestandsbewertung, aus der die rechnerische Modellbildung resultiert, vor allem Erfahrung und Ingenieurverstand notwendig sind und keine voreiligen Schlüsse durch schnellen Einsatz von EDV-Programmen gezogen werden dürfen, machte Pocks Vortrag nur allzu deutlich.Konstruktiver Holzschutz
Einen Beitrag wie sich Baukonstruktionen nachhaltig vor Zersetzung schützen lassen, lieferte auch DI Borimir Radovic, Akademischer Direktor i. R. aus Knittlingen/DE. Neue Erkenntnisse und Erfahrungen führten dazu, dass die bisher gültige Holzschutznorm überarbeitet wird. „Haupterkenntnis der laufenden Novellierungen ist, dass bei konstruktiv richtigem Holzschutz eine chemische Holzbehandlung nicht mehr erforderlich ist”, erzählte Radovic. „Dreh- und Angelpunkt ist die Holzfeuchte, die unproblematisch ist, solange sie nicht dauerhaft über 30 % liegt.” Wie Brettschichtholz mit selbstbohrenden Holzschrauben bewehrt, und damit seine Tragfähigkeit gesteigert werden kann, zeigte Dr.-Ing. Martin Trautz von der RWTH Aachen/DE. Hier gibt es laut Referent großes Entwicklungspotenzial, das allerdings noch durch Untersuchungen für die Praxis erschlossen werden muss. Dr.-Ing. Hans Joachim Blaß, Universität Karlsruhe, erläuterte eine neue Ausführung von Knotenpunkten von Fachwerkträgern mit Holzschrauben und eingeklebten Gewindestangen. Das Besondere daran ist, dass für die Fachwerkdiagonalen des BSH-Trägers künftig möglicherweise Brettsperrholz verwendet werden kann, das bei verschiedenen Untersuchungen wegen seiner hohen Schub- und Querzugfestigkeit als sehr geeignet für diesen Zweck getestet worden ist. Blaß betonte, dass es sich beim Vorgestellten bisher um eine Idee handelt, aus der noch ein anwendbares Konzept entwickelt werden muss.Dr.-Ing. Matthias Frese, Universität Karlsruhe, stellte Rechenmodelle für den Nachweis der Festigkeiten von BSH in unterschiedlicher Güte und Aufbau vor. Aus seinen Forschungsergebnissen geht hervor, dass die Biegefestigkeiten von höher klassifiziertem Leimbindern in den gültigen Normen wahrscheinlich zu hoch angesetzt sind. Welche Konsequenzen dies auf die Euronormen haben wird, ist noch offen.