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Ein auf Schienen gelagerter Roboterarm übernimmt die Lagen und legt sie auf den passenden Paketen ab © Günther Jauk

Holzbau Unterrainer

Sägewerkskonzept auf den Kopf gestellt

Ein Artikel von Günther Jauk | 09.08.2023 - 11:46

Wenn der Holzbaumeister Leonhard Unterrainer in den vergangenen Jahren ein Sägewerk besuchte, stellte er sich insgeheim immer wieder dieselbe Frage: „Wieso traut sich niemand, den Nadelrundholz-Einschnitt fundamental zu überdenken?“ Einzelne, in der Branche etablierte Produktionsschritte erscheinen ihm seit jeher zu umständlich und kompliziert – er würde ein Sägewerk komplett anders gestalten, so seine Überlegung.

Als sich die Preisgestaltung und Lieferfähigkeit der Holzindustrie in den vergangenen Jahren schlagartig änderte, begann Unterrainer, seine Gedanken für ein Sägewerk zu Papier zu bringen, und machte sich auf die Suche nach den passenden Partnern, die seine Ideen in die Tat umsetzen. Mittlerweile befinden sich die Anlagen am Standort in Osttirol in der Optimierungsphase und gewinnen laufend an Leistung, erläutert Unterrainer beim Holzkurier-Besuch.

Viel Entwicklungsarbeit

Die Sägelinie startet mit der Rundholzaufgabe vor der Sägehalle, wobei die Stämme von 25 bis 80 cm Zopfdurchmesser unsortiert aufgelegt werden. „Unsere Sägewerkslösung benötigt keinen Rundholzplatz – wir schneiden die Stämme, wie sie reinkommen“, erläutert Unterrainer. Über die von SWT-Maschinenbau realisierte Aufgabestation gelangen die Bloche in die Sägehalle, wo das deutsche Maschinenbauunternehmen eine Entrindungs- und Kappanlage realisierte. Während Unterrainer diesen Teil des Sägewerks mit vielfach erprobten Standardkomponenten ausstattete, beginnt nach der Vermessung der entrindeten Stämme ein völlig neues Sägewerkskonzept.

Hierfür hauptverantwortlich ist Maschinenbau Unterlercher aus Hopfgarten in Defereggen. Der Sondermaschinenbauer zeichnet bei Unterrainer bereits für die dreidimensionale BSP-Presse verantwortlich, mit welcher der Osttiroler sein Radiusholz produziert. „Anhand unserer Skizzen und Erklärungen hat Unterlercher das multifunktionale Bearbeitungsaggregat gebaut und mit uns gemeinsam patentieren lassen“, berichtet Unterrainer und ergänzt, dass Unterlercher zudem für die gesamte Robotertechnik und Automatisierung des Projektes verantwortlich zeichnet.

Von der Entrindungsanlage gelangen die Stämme im Quertransport zu einer von Autforce realisierten Vermessungsstation. Auf Basis der erhobenen Daten ermittelt eine von Amanda Reiter entwickelte Software den optimalen Einschnitt, während die Stämme ebenfalls im Quertransport an das Bearbeitungsaggregat übergeben werden.

Bis zu 80 % Rundholzausbeute

Die Stämme werden an den Stirnseiten fixiert und mittels einer Drehbewegung in die optimale Position für den Einschnitt gebracht. Daraufhin fahren zwei Fräsaggregate, dicht gefolgt von einer horizontalen Bandsäge und einer Kreissäge, über den Stamm. „Somit können wir profilieren, sägen und spalten in nur einem Arbeitsgang“, informiert Unterrainer nicht ohne Stolz und betont dabei die ausgesprochen hohe Ausbeute des Systems: „Wir haben zwischen 70 und 80 % Rundholzausbeute und erhalten dabei 60 bis 65 % Hauptware.“

Haben die Sägen und Fräsköpfe das Ende des Stammes erreicht, hebt ein mit Vakuumsaugern bestückter Roboterarm das soeben entstandene Brett ab und positioniert es unter einem Scanner. Sobald dieser mittels einer Fahrt über das Brett die Qualität ermittelt hat, bringt eine Hebevorrichtung die Lamelle in eine von neun Sortierpositionen, die jeweils eine Paketlage fassen. Ist eine Lage voll, wird diese nach unten ausgetragen, von einem weiteren, auf Schienen gelagerten Vakuumroboterarm übernommen und auf einem von neun Stapeln abgelegt. „Schonender und präziser kann man Schnittholz kaum transportieren“, ist Unterrainer überzeugt.

Verlässlicher Partner

Für die gesamte Schnittholzproduktion benötigt Unterrainer lediglich einen Mitarbeiter. „Während die Entrindung noch halbautomatisch verläuft, erfolgt der gesamte Einschnitt – von der Rundholzvermessung bis hin zum fertigen Schnittholzstapel – vollautomatisch. Im Prinzip muss der Mitarbeiter nur noch Rundholz aufgeben, Schnittholzpakete abholen und die gesamte Anlage überwachen. Alles andere macht die Anlage selbstständig“, fasst Unterrainer zusammen. Den maximalen Rundholzeinschnitt beziffert er mit 20.000 fm pro Jahr im Zweischichtbetrieb, wobei die Anlage derzeit rund 15.000 fm/J Einschnittleistung erzielt.

In erster Linie möchte Unterrainer künftig sein Brettsperrholz-Werk und sein Holzbauunternehmen mit eigenem, regional geerntetem Holz versorgen. Darüber hinaus plant er, wie bereits bei BSP, auch bei Schnittholz als Partner für regionale Holzbauunternehmen aufzutreten: „Das Sägewerk macht uns unabhängig von den stark schwankenden Industriepreisen. Damit können wir unseren End- und Gewerbekunden wieder konstante Preise garantieren.“

Konzept für alle

Aber nicht nur sein Schnitt- und Brettsperrholz, sondern auch die Sägewerkslösung an sich möchte Unterrainer künftig auch anderen Marktteilnehmern gemeinsam mit Maschinenbau Unterlercher zur Verfügung stellen. Gerne übernimmt Unterrainer dabei auch den Hallenbau. Das Sägewerk benötigt lediglich eine Grundfläche von 400 m2 und ist bei Unterrainer als Tonnendach mittels selbst produzierten Radiusholzes ausgeführt. „Mit nur 400 m2 Grundfläche und den 24 bis 26 cm dicken Radiusholzelementen schont unser Konzept mit Boden, Massivholz und Budget gleich drei wertvolle Ressourcen“, erläutert Unterrainer abschließend.