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Optische Kontrolle der Ober- und Unterseite nach dem Verpressen © Schneider

Der gewisse Click

Ein Artikel von Administrator | 24.12.2002 - 00:00
Wir fertigen Nischenprodukte, die industriell in entsprechenden Mengen herstellbar sind”, so beschreibt Geschäftsführer Frans de Cock die Produktionsstätte des Laminatfußbodens Quick-Step von Unilin Decor, Wielsbeke/BE. Die Technik ist ausgefeilt, „sonst könnte es ja jeder”.
Bei vielen Verfahren hat Unilin die Vorreiter-Rolle übernommen:
- DPL: Overlay und Gegenzug werden ausschließlich durch die thermische Aktivierung der darin enthaltenen Harze auf die Trägerplatte aufgebracht
- Click-System: Fräsen der Profile zur leimlosen Verlegung direkt in die Platte
- Fugen: die Längsseiten der Dielen werden angefast und mit einer dekorativen Schicht überzogen
- Struktur: exaktes Aufbringen von auf das Dekor abgestimmten Holzstrukturen mit Großpressen
Diese Ingenieur-Leistungen honoriert die Redaktion des Holzkurier mit der Auszeichnung Holzindustrie-Betrieb des Jahres 2003.
Unilin-Facts
Export in 100 Länder: Benelux, Frankreich,
England, Belgien, USA, Osteuropa
Umsatz: 620 Mio. 2/J (2002), darin enthalten sind
auch Spannplatten, MDF sowie Dachelemente
Zutaten für ein hochwertiges Endprodukt. „Das Angebot an HDF-Platten verringert sich bei wachsender Nachfrage”, so de Cock. Preissteigerungen wurden angekündigt.
Diesen Markt-Schwankungen entgehen die Belgier durch Selbstversorgung: Seit 1999 werden in Bazeilles/FR HDF-Träger gefertigt. Ende Juni nahm man eine 2. MDF-Linie in Betrieb. Gesamt-Kapazität: 45.000 m³ pro Monat, der größte Teil wird per Lkw nach Wielsbeke geführt, der Rest verkauft.
„Wir können damit auf Qualitätskontrollen im eigenen Haus vertrauen”, ist de Cock zufrieden. Vor allem wenn Dielen angefast werden, müssen die Platten absolut wasserfest verleimt sein.
Bei den Papier-Lieferanten wird es in Zukunft eine Konzentration geben: Aus 4 großen Produzenten in Europa werden 2. „Der Papier-Preis ist trotzdem stabil”, so de Cock. Hohe Verantwortung der Druckereien. Vorausschauendes Ordern erfordert die Lieferdauer der Druckereien: Bis zu 3 Monate muss Unilin auf die exklusiven Dekor-Papiere warten. Grund: Die 4 Druckereien in Belgien sowie Deutschland und Spanien haben einen sehr hohen Rüstaufwand mit Walzenwechsel und Farbton-Einstellung. Deshalb produziert man immer große Mengen von einer Sorte - natürlich auch für andere Kunden.
Langen die Papier-Rollen in Wielsbeke ein, so vergleichen Laboranten Druck, Farbe und Dekor mit dem Urmuster. Die Rollen werden gewogen und eingescannt an ein Papier-Lager übergeben. Dieses ist 75 m lang, 18,5 m breit und 28,2 m hoch. Ein Roboter hat Zugriff auf die 4200 Plätze.
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Optische Kontrolle der Ober- und Unterseite nach dem Verpressen © Schneider

Verknappung bei Harze. Bei Melaminharz herrscht derzeit eine Verknappung: Eine Produktionsstätte bei Toulouse wurde durch eine Explosion außer Gefecht gesetzt, darüber hinaus hat man in den USA ein Werk stillgelegt.
„Sollte in Asien der Bedarf an Melaminharz weiter steigen und in Folge weniger exportiert werden, so bekommen die Europäer dies zu spüren”, macht sich de Cock Gedanken.
Auch das für die Laminatboden-Qualität wichtige Imprägnieren wird von Unilin nicht aus der Hand gegeben: 4 Kanäle mit 30 m langen Trocknern von Vits, Langenfeld/DE, stehen zur Verfügung.Zusammenführen der Zutaten. Der auf die entsprechende Größe zugeschnittene Gegenzug, das Dekorpapier sowie das Overlay werden den 3 Kurztakt-Pressen von Wemhöner, Herford/DE, derzeit noch per Stapler bereitgestellt. Im nächsten Jahr erfolgt die Beschickung vollautomatisch aus einem Hochregallager.
Je Presse sind 2 Mitarbeiter beschäftigt. Einer überwacht die Legestation, die Zuführung zur Presse, den Pressvorgang sowie die Übergabe zur visuellen Qualitätskontrolle. Dort begutachtet eine weitere Person die Ober- und Unterseite der Platten. Großflächige Fehlverleimungen schleust man sofort aus, kleinere kennzeichnet man mit Bleistift: diese werden - um den Verschnitt gering zu halten - erst nach dem Auftrennen und Fräsen aussortiert.
Um innere Spannungen der noch warmen Platten abzubauen, durchlaufen diese für eine halbe Stunde Sternwender. Die anschließend gebildeten Großstapel verbleiben mindestens 3 Tage im Lager.
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Kleiner Ausschnitt eines der beiden Zwischenlager: Aufgetrennte Paneele werden mit Lücken dazwischen auf Paletten gelagert © Schneider

Neue Pressen für neue Technik. Den 3 Kurztaktpressen stehen in einem automatischen Lager 50 unterschiedliche Strukturbleche zur Verfügung. Nochmals die gleiche Anzahl befindet sich zwischenzeitlich beim Nach-Ätzen.
2 Wemhöner-Pressen mit leistungsstarken Druckzylindern werden in den nächsten Wochen installiert. Damit kaschiert Unilin Platten für ein völlig neues Produkt: Auf Dekorpapier befinden sich 12 unterschiedliche Paneele, die exakt per Pressblech mit den der Natur nachempfundenen Holz-Poren versehen werden.
Auf der Fachmesse Domotex werden vorerst 5 verschiedene Eiche-Dekore vorgestellt - entweder mit 2- oder 4-seitiger Fuge.Vollautomatisches Lager. Nach dem Auftrennen der Platten auf Paneel-Größe mit Zuschnitt-Anlagen von Wemhöner werden diese palettiert in einem der beiden Lager zwischengepuffert: Das 1. wurde vor 3 Jahren in Betrieb genommen, das 2. vergangenes Jahr im September. Letzteres hat im Vergleich die doppelte Lager-Kapazität. In Summe ist dies eine Wochenproduktion.
In jeder Lagerreihe befindet sich ein Stapelroboter, nur so ist der geforderte rasche Zugriff möglich. Den Zu- und Abtransport der beiden Lager übernehmen 20 Rechner gesteuerte, unbemannte Stapler.Eigene Werkzeug-Produktion. Derzeit gibt es 4 Hallen mit je 2 Doppelendprofiler-Linien zum Anbringen der patentierten Nut- und Feder-Verbindung sowie bei Bedarf der Fuge.
Eine weitere Halle ist in Bau. Somit werden in naher Zukunft 3 zusätzliche Linien in Betrieb genommen. Mit einer wird ein junges Produkt industriell erzeugt: quadratische Fliesen in Steinoptik.
Die Vorschübe der Doppelendprofiler von Homag, Schopfloch/DE, liegen zwischen 100 und 140 m/min. Im Anschluss daran werden die Paneele visuell beurteilt und paketweise verpackt.
Die Fräser, welche das patentierte Uniclic-System herstellen, werden in der eigenen Werkzeugabteilung hergestellt und geschärft. Von diesem Wissen profitieren auch andere Hersteller: Bisher wurden 20 Lizenzen von dem Click-System vergeben.Genauigkeit von 1/100 mm. Pro Stunde bringen die Bediener der Doppelendprofiler eine Paneele zu einem der beiden Messtische. Damit wird das Deckmaß sowie die Fräsung per Messtaster erfasst. Das Ergebnis wird automatisch zu den einzelnen Anlagen übertragen. Sollte die Toleranz von 1/100 mm überschritten sein, können rechtzeitig entsprechende Korrekturen vorgenommen.
Darüberhinaus steckt man Paneele zusammen und prüft die Passgenauigkeit. Dies wird nicht nur ausschließlich an den einzelnen Linien praktiziert sonder auch zwischen den verschiedenen Anlagen.Neues Hochregallager. Die 4 Fräs-Hallen haben einen gemeinsamen Rollengang, auf dem die mit Barcode versehenen Fertigpaletten abtransportiert werden. Stapler mit Barcode-Leser lagern die Pakete ein.
Das Fertigwaren-Lager umfasst 4 bis 5 Tages-Kapazitäten. Auch in diesem Abschnitt wird in naher Zukunft investiert: Geplant ist ein 32 m-Hochregallager mit Platz für 25.000 Paletten an Fertigprodukten. Darin wird allerdings nicht nur Laminat-Boden zu finden sein sondern auch alles erdenkliche an Zubehör. „Damit sind wir Komplettanbieter”, berichtet Produktmanager Francis de Weirt. Dies wird zugekauft und in Wielsbeke auf Lager gelegt. Für jedes Dekor führt Unilin alle Arten von MDF-Leisten mit CPL-Ummantelung. Daneben bietet man Unterböden, Dampfsperren sowie Pflegeprodukte an.
Pro Tag werden in Wielsbeke 200 Lkw abgefertig. Geringe Mengen werden per Bahn oder Schiff transportiert: Ein Container-Dock ist nur 1 km entfernt, der Hafen ist dann Antwerpen.
Der Vertrieb des Laminatbodens erfolgt über den Fachhandel, der sowohl Holzwerkstoffe als auch elastische Böden vertreibt. In jedem der 100 Exportländer bietet Unilin für Baumärkte eine Zweit-Marke an.
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Frans de Cock präsentiert sein jüngstes Produkt © Schneider

Auf Expansionskurs. In diesem Jahr werden in Wielsbeke 30 Mio. m² Laminatfußboden produziert, nach der Investitionstätigkeit werden es 38 Mio. m²/J sein. Schon in den nächsten 2 bis 3 Jahren wird Unilin einen zusätzlichen Standort für die MDF- und Fußboden-Produktion in Amerika sein eigen nennen.
„Die weltweite Laminatfußboden-Herstellung hat in diesem Jahr eine gewaltige Steigerungen erfahren”, berichtet de Cock. Von 253 Mio. m² im Jahr 2001 auf rund 310 Mio. m² (2002). In Deutschland wurden im Vorjahr 51 Mio. m² produziert, 2002 werden es etwa 58 Mio. m² sein. Österrreich: von 5,9 Mio. m² auf 6,8 Mio. m². Die Hauptmärkte Europas liegen in Deutschland, England, Frankreich und Polen. Gesamt-Verkäufe in Europa (mit Ost-Europa): rund 200 Mio. m² (2001), 2002 wird die Zahl deutlich höher liegen.
„Wir müssen uns an die Export-Länder an-
passen und den Kunden respektieren.”
Frans de Cock
Markenprodukte gefragt. „Für qualitative und innovative Markenprodukte lassen sich steigende Erlöse erzielen”, ist de Cock sicher. „Bei Billigprodukten hingegen fallen die Preise.”
Der Bekanntheitsgrad von Quick-Step wird durch das Sponsoring einer 25-köpfigen, internationalen Radrenn-Mannschaft erhöht. „Die Jungs konnten auch schon ganz beachtliche Erfolge erzielen”, berichtet de Cock sichtlich stolz.