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Dr. Holger Engelking © DI Jan Horacek

Aus anderem Holz

Ein Artikel von DI Jan Horacek | 12.06.2005 - 00:00
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Dr. Holger Engelking © DI Jan Horacek

Die durch thermische Behandlung veränderten Holz-Eigenschaften und deren Auswirkung auf Oberflächensysteme waren ein Hauptthema des Dritten Europäischen Thermoholz-Workshops am 2. und 3. Juni am Institut für Holztechnologie Dresden (ihd) in Dresden/DE. 84 Teilnehmer aus acht europäischen Ländern sowie Malaysien besuchten Vorträge mit dem Schwerpunkt Böden aus thermisch behandeltem Holz.Haftung nur scheinbar vermindert. „Probleme traten bei Thermoholz beim Gitterschnitt-Test auf. Bei diesem Prüfverfahren wird ein gitterförmiges Muster in die Oberfläche geschnitten. Auf dieses wird ein Klebeband angebracht und dann ruckartig entfernt. Thermisch behandelte Buche, Eiche und insbesondere Fichte schnitten deutlich schlechter ab als das jeweils unbehandelte Holz”, berichtete Dr. Holger Engelking, Leiter F&E Color bei Osmo, Münster/DE. „Hier handelt es sich jedoch um Holzausrisse und nicht um verminderte Haftung zwischen Anstrich und Substrat.”
„Je nach Thermobehandlung kommt es zu einer vermehrten Sprödigkeit”, so Dr. Ing. Rico Emmler, ihd. Dies zeige auch die Stuhlrollenprüfung nach EN 425. Vor allem bei sehr dunklen Thermoholzböden komme es nach der Belastung von 25.000 Umdrehungen zu vermehrten Ausbrechungen.
Fußböden aus Holz und insbesondere Thermoholz sollten deshalb durch Kunststoffmatten vor Stuhlrollen geschützt werden.Verbesserte feuchtephysikalische Eigenschaften. Punkten kann Thermoholz als Bodenmaterial neben der dunklen Farbe vor allem mit besseren feuchtephysikalischen Eigenschaften. „So weist etwa unbehandelte Buche bei 20° C und 35% Luftfeuchte eine Gleichgewichtsfeuchte von 8,3% auf - nach thermischer Behandlung sind es 3,7%”, erläuterte Emmler. Keine Faustregel. Nicht jede Holzart reagiert in gleicher Weise auf thermische Behandlung. Unterschiede gibt es bezüglich der Öl-Auftragsmenge. „So nimmt thermisch behandelte Buche weniger Öl auf als unbehandelte”, erklärte Engelking. „Thermoholz Fichte nimmt um 30% mehr auf.” Festkörperanteil entscheidend. Aufgrund der geänderten Materialeigenschaften entwickelte Osmo ein eigenes Thermoholz-Öl. „Versuche mit Bangkirai-Öl zeigten, dass bei zwei Anstrichen keine gleichmäßige Oberfläche erzielt werden kann”, berichtet Engelking.
Bei Hartwachsölen konnten hingegen keine Unterschiede in der Auftragsmenge zur Erzielung einer gleichmäßigen deckenden Oberfläche zwischen behandelten und unbehandelten Holz festgestellt werden. Grund dafür ist ein Festkörperanteil im Hartwachsöl von über 50%. Eine durch die Hitzebehandlung hervorgerufene verminderte Wasseraufnahme ist hingegen bei allen Holzarten gleich.Der Sonne entgegen. Beim UV-Schutz zeigt sich deutlich, wie sich Holzeigenschaften durch Hitzebehandlung verändern. „So ergaben unsere Versuche, dass für nicht wärmebehandeltes Holz entwickelte UV-Schutzfarben bei Thermoholz den entgegengesetzten Effekt bewirken”, erläuterte Engelking. Farbloses Öl erhöhe hingegen die Lichtbeständigkeit.
Weiters führte das Osmo Forschungslabor Versuche zur chemischen Beständigkeit nach DIN 68861 durch, wobei keine Unterschiede zwischen Thermoholz und unbehandeltem Holz gefunden wurden.Abgestimmte Oberflächensysteme. Auf die Bedeutung einer gemeinsamen Entwicklung von speziellen Oberflächensystemen durch Lackhersteller in Zusammenarbeit mit Thermoholz-Erzeugern, wies auch Mag. Doris Stiksl-Mitteramskogler, Marketing- und Produktmanagerin bei Mitteramskogler, Gaflenz, hin. „Wenn wir erfolgreich sein wollen, müssen wir auch gute Oberflächen-Systeme, die auf den jeweiligen pH-Wert des Holzes abgestimmt sind, empfehlen können.” Mitteramskogler plant mit einer neuen Anlage die Verdoppelung der Thermoholzproduktion. „Für unser Unternehmen ist es aber auch wichtig, dass wir uns in Richtung Finalprodukt bewegen”, so Stiksl-Mitteramskogler.
Zurzeit wird Thermoholz in den Farbtönen Piano, Mezzo, Forte und Forte Exterior erzeugt. „Homogene Farbtöne können für Holzstärken bis 80 mm erreicht werden”, berichtete Stiksl. „Optische Online-Mess-Systeme verfolgen und dokumentieren den Farbverlauf während des Produktionsprozesses.” Für eine möglichst gleichmäßige Farbgebung unterschiedlicher Chargen ist es notwendig, für verschiedene Wuchsgebiete eigene Programme zu fahren.Boden-Emission. Das ihd testete die Emissionen eines Dreischicht-Thermoholzboden mittels Kammerprüfung. Die Kriterien des Blauen Engel erreichten alle untersuchten Dreischicht-Böden. Die Anforderungen nach AgBB konnte aufgrund der geforderten Einzelstoffbewertung ein Boden nicht erfüllen. Hier wurde der Wert für Furfural-Emissionen überschritten. „Es müssen aber noch mehr Tests durchgeführt werden, um zu unterscheiden, welchen Anteil daran die nicht thermisch behandelte Mittellage hat, beziehungsweise welchen Einfluss Ablüftungszeit und unterschiedliche Fertigungsverfahren haben”, räumte DI Martina Broege von der ihd-Abteilung Emissionsmessung ein. Bei einer gaschromatographischen Untersuchung von Thermoholz zeigte sich, dass durch die thermische Behandlung Terpene abnehmen organische Säuren und Aldehyde wie Furfural zunehmen. Die weiteren AgBB-Grenzwerte betreffend etwa flüchtige organische Verbindungen und Kanzerogene wurden eingehalten.
15 bis 20 mitteleuropäische Parketthersteller planen oder produzieren bereits Thermoholz-Parkett. „Es zeigte sich, dass trotz veränderter Wasseraufnahmefähigkeit von Thermoholz, Reaktions- als auch Dispersionsklebstoffe einsetzbar sind”, so Michael Illing, Leiter Anwendungstechnik bei Forbo, Erfurt/DE. Bei der Verleimung von Furnieren sei jedoch die geringere Absorptionsfähigkeit zu beachten und deshalb PUR-Klebstoffe zu bevorzugen. Andererseits ermögliche das geringere Quell- und Schwindverhalten den Einsatz von Dispersionsklebstoffen auch bei größeren Klebeflächen. Qualitäts-Standard. Ein Qualitätssystem führte im November 2004 die Finnish Thermowood Association ein. „Ziel ist es, dem Endkonsumenten einen definierten Qualitätsstandard zu garantieren”, erklärte Hannu Tuukkala, Direktor des Geschäftsfeldes Thermowood bei Finnforest, Espoo/FI. Kriterien wurden für die eingesetzte Holzqualität und deren Überprüfung definiert. Weiters gibt es Richtlinien bezüglich der Stapelung, Verpackung und Lagerung. Während der Hitzebehandlung wird der Temperaturverlauf dokumentiert. Nach Produktion wird Holzfeuchte, Farbe, Oberflächen- und Innenrisse sowie Formfehler festgehalten. Eine Dichtebestimmung gibt es nicht. Bis 30. Juni müssen die produzierenden Mitgliedsbetriebe einen Inspektionstermin mit dem Prüfinstitut SFS-Inspecta, Helsinki/FI, vereinbaren. Bei erfolgreicher Zertifizierung darf das Unternehmen das Logo der Organisation sowie das Qualitätszeichen führen.
Ein weiteres Gütezeichen, welches auch bei Thermoholz eingesetzt werden könnte, ist das Österreichische Umweltzeichen. „Die thermische Behandlung zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit entspricht den Richtlinien des Gütezeichens”, erklärt Dr. Wolfram Scheiding, Ressortleiter für Biologie und Holzschutz am ihd. Das Label natureplus sei nach der Einschätzung Scheidings hingegen nicht anwendbar, da das Produkt laut Richtlinien keinen unangenehmen oder produktfremden Geruch aufweisen darf und emissionsarm sein muss. Am ihd entwickelt man ein eigenes, freiwilliges Gütezeichen für Thermoholz. „Wir wollen jedoch erst einmal abwarten, in welche Richtung sich die europäischen Initiativen entwickeln”, so Scheiding.Vorläufige Norm. „Auf Initiative Finnlands wird gerade an einer technischen Spezifikation für Thermoholz gearbeitet”, berichtete Scheiding. Diese werde Prüfung und Deklaration von Basiseigenschaften wie Ausgleichsfeuchte für Innen- und Außenklima, Dimensionsänderungen bei verschiedenen Feuchten sowie Dichteverringerung im Vergleich zu unbehandelten Holz enthalten.Angaben müssen halten. „Auch der Händler haftet für (Werbe-) Aussagen und Produktqualität”, so Scheiding.Ist kein Verwendungszweck angegeben, so könne dem vermuteten ausgegangen werden. Bei Riffeldielen könne beispielsweise von einer Eignung bei Außenanwendungen ausgegangen werden - also zumindest Gebrauchsklasse 3. Weiters muss der Verwendungszweck für einen angemessenen Zeitraum gewährleistet sein. In Deutschland sind das vier bis fünf Jahre. Thermoholz-Anteil auf 50% anheben. Derzeit handelt es sich bei 5% des von Variotec, Neumarkt/DE, für den Fenster- und Türenbau eingesetzten Leimholz um Thermoholz. „Wir würden diesen Anteil gerne auf 50% anheben. In der gewünschten Qualität erhalten wir diese Mengen jedoch nicht”, sagt Christof Stölzel, Variotec Sandwichelemente. Grund für den Wunsch nach Thermoholz ist, dass mit der vermehrten Luftdichtheit der Häuser die Innenraumfeuchte ansteigt. Deshalb sind hier Materialien mit guten feuchtephysikalischen Eigenschaften besonders an der Fenster-Schloss- und Unterseite (50%) gefragt. Die Luftdichtheit von Gebäuden nach EnEV-Niedrigenergiestandard beträgt 3/h. Früher lag dieser n50-Wert zwischen 4 bis 7/h. Bei Wärme- beziehungsweise Kältebrücken wie Schlosskästen kommt es dann zur Kondensation.
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Reiner Schlegel © DI Jan Horacek

Markt aufgebaut. „Thermoholz hat sich als vielseitiges und hochwertiges Produkt etabliert”, so Reiner Schlegel, Habisreutinger, Weingarten/DE. 2002 hat das Unternehmen begonnen, thermisch behandelte Terrassendielen in Kiefer in die Produktpalette aufzunehmen. 1700 als Stammkunden geführte Handwerker und 1000 Architekten werden in der jeweils monatlich beziehungsweise alle zwei Monate erscheinenden Informationsbroschüre über Thermoholz informiert. Als weitere Marketingmaßnahmen wurde Thermoholz in den Verkaufswettbewerb für Handwerkskunden aufgenommen und Muster in Obstschalen auf die Verkaufsfläche verteilt. „Thermoholz erfährt bei unseren Kunden mittlerweile aufgrund der Eigenschaften und ökologische Vorteile sehr große Akzeptanz”, analysiert Schlegel. Der Kunde erwarte sich aber ein hochwertiges, fehlerfreies Produkt sowie eine große Produktpalette. Zu 80% wird Fassadenmaterial behandelt bezogen. „Die Mehrheit unserer Kunden wollen es nicht vergrauen lassen”, so Schlegel.
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Klaus Luig © DI Jan Horacek

Wichtigster Vorverkäufer. „Der Architekt ist mit einer Empfehlerquote von über 50% der wichtigste Vorverkäufer für die Bauzulieferindustrie”, betont Klaus Luig, Architekt im Büro 3L Architekten + Industriedesigner, Menden/DE. Der Architekt benötigt auf seine Bedürfnisse angepasstes Material. „Was nützt eine CD-ROM mit Daten? Gar nichts - ich habe bereits 500 und bekomme pro Tag 30.”
Neben Reduktion auf die wesentlichen Aspekte ist bei der architektengerechten Aufbereitung das Augenmerk auf eine ästhetische visuell ansprechende Aufbereitung zu legen. „Architekten lieben Informationen in Buchform”, erläuterte Luig. Neben dem Design und der Dosis des Inhaltes sei aber auch der Zeitpunkt entscheidend. Zur Zeit der Baugenehmigung sind andere Informationen erforderlich als in der Ausführungsphase.Nicht nur Porsche. Allgemein soll der Hersteller mehr über den Architekten wissen. Klischees vom braungebrannten, Porsche fahrenden Architekten entsprechen nur in den seltensten Fällen der Realität. Vielmehr sei die Ertragssituation bei Architekten schlecht, die Auftragslage stark rückläufig.