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Dir. Bechtold und Dr. Schitter (v. li.) im neuen Kaindl-Floorhouse, wo man auf über 1200 m² eine völlig neue Kundenkommunikation bietet © DI (FH) Birgit Fingerlos

Industrielle Individualität

Ein Artikel von DI (FH) Birgit Fingerlos aus Salzburg | 06.05.2008 - 13:16
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Dir. Bechtold und Dr. Schitter (v. li.) im neuen Kaindl-Floorhouse, wo man auf über 1200 m² eine völlig neue Kundenkommunikation bietet © DI (FH) Birgit Fingerlos

„Für uns war 2007 ein gutes Jahr, wir hatten 443 Mio. € Umsatz, das sind um 10 % mehr als 2006. Mit der Auftragslage sind wir zufrieden, in der Produktion verzeichnen wir Zuwächse”, so beschreiben Dir. Werner Bechtold, Vorsitzender der Kaindl-Geschäftsführung, und Dr. Leonhard Schitter, Kaindl-Geschäftsführer, die Marktlage für das Salzburger Unternehmen, welches weltweit zu den führenden Produzenten von veredelten Holzwerkstoffen und Laminatfußböden zählt.
Für das Interview mit dem Holzkurier luden Bechtold und Schitter ins neue Kaindl-Floorhouse. Von hier vertreibt man die Laminatfußböden direkt an Endkunden. „Mit diesem Verkaufskonzept ist es uns möglich, die Wünsche der Endverbraucher besser kennen zu lernen”, so Bechtold. Darüber hinaus wird im Kaindl-Floorhouse eine anspruchsvolle Fußbodenausstellung gezeigt.

Kaum vorhersehbare Rohstoff-Preise

„Wir sind in einer globalen Welt. Da passieren Dinge, die sind nicht abschätzbar und beeinflussbar. Das betrifft nicht nur die Rohstoff-Versorgung. Es gibt viel mehr Parameter, wie etwa rechtliche Situationen, Währungsschwankungen oder Exportzölle. Um erfolgreich zu sein, muss man das eigene Unternehmen in die Situation bringen, dass es so flexibel ist, damit leben zu können”, erklärt Bechtold.
Dass China von einem Tag auf den anderen keine Harnstoffe mehr exportiert, kam völlig überraschend. Solche Gegebenheiten sind nicht abschätzbar. Das ist für Kaindl nicht tragisch, die Rahmenbedingungen ändern sich ja auch für die Konkurrenten, meinen die beiden Geschäftsführer.
Vor allem im Dezember 2006 und im Jänner 2007 sind die Preise vom Rohstoff Holz stark gestiegen. „Diese Situation kam für uns überraschend. Verteuerungen in diesem Ausmaß hatten wir nicht erwartet. Sechs Monate davor war das nicht erkennbar, da haben viele ihr Heil in der Pelletierung gesucht, das hat zu einer Rohstoffverknappung geführt. Der milde Winter und die Windwürfe haben uns allen geholfen. Im Mai kam es in der gesamten Branche zu einer Entspannung”, resümiert Schitter. Momentan sei genügend Holz vorhanden, es geht preislich leicht nach unten. Für die Wintermonate erwartet man wieder einen leichten Preis-Anstieg. „Holz hat eine neue Wertigkeit bekommen. Mittelfristig haben wir es mit einem sehr begehrten Rohstoff zu tun. Die Frage der Verfügbarkeit wird für die gesamte Branche eine der wesentlichsten He­rausforderungen sein”, betont Schitter. „Wir haben derzeit genug Holz zur Verfügung”, so Schitter über den aktuellen Lagerstand.
Der Absatz war im Vorjahr stabil, so konnte man die erhöhten Rohstoffpreise an den Kunden weitergeben. „Wir freuen uns, dass 2007 eines unserer erfolgreichsten Geschäftsjahre war”, so Bechtold.

Negatives Umfeld

Kaindl-Produkte sind an den Hausbau gekoppelt. Die Bautätigkeit in den USA, Spanien und Japan ist rückläufig. „Wir hatten nicht erwartet, dass sich die Weltwirtschaft so negativ entwickelt. Die Erwartungen an das laufende Geschäftsjahr haben wir nun von sehr positiv zu sehr verhalten geändert. Wir spüren nicht nur die schwache Bauwirtschaft, auch die US-Dollarabschwächung korreliert mit dem Umsatzrückgang”, informiert Bechtold. Trotzdem verlief das I. Quartal für Kaindl sehr positiv. Man berichtet von 10 %-Umsatzwachstum im Vergleich zum Vorjahresquartal.

Ungewisse Zukunft

„Was uns die Zukunft bringt, weiß niemand. Wir wissen nicht, wie sich der Hausbau entwickelt. Man ist leicht geneigt zu sagen, dass es Konsolidierungen geben wird, aber wir sagen, dass wir uns freuen, wenn in zehn Jahren die Spanplatte als vollökologisches Produkt anerkannt wird. Erinnert man sich an die Zeit vor 20 Jahren, dann wird einem erst bewusst, dass wir eine unvorstellbare Entwicklung erlebt haben. Ständig kommen neue Produkte dazu, jedes Unternehmen versucht besser zu werden”, so Bechtold. „Ich bin optimistisch, dass es in zehn Jahren nicht anders sein wird als jetzt”, formuliert Schitter.

Kaindl setzt auf Ökologie

„Die Spanplatte ist ein ökologisch sinnvolles Produkt. Wir hoffen, dass die Bevölkerung diesen Gedanken annimmt”, sagt Schitter. Derzeit werden für alle Kaindl-Produkte Ökobilanzen erstellt. Sobald man über diese verfügt, wird man dies an die Kunden kommunizieren.
Ökologisch wirtschaften ist ein primäres Kaindl-Ziel. So verfolge man auch den Gedanken, weniger Formaldehyd einzusetzen. Bereits jetzt entspricht ein Drittel der Produktion dem Super-E0-Standard. Man verfügt über ein vorbildliches Abluftreinigungssystem, weshalb 1996 an Kaindl der Salzburger Umweltschutzpreis verliehen wurde. Weitestgehend wurde auf Biomasse anstelle von fossilen Brennstoffen umgestellt. Der Warentransport von Lungötz nach Salzburg erfolgt zu fast 100 % per Bahn, so können jährlich 28.000 Lkw-Fahrten eingespart werden. Auch aufgrund der steigenden Benzinkosten und der Straßenmauten ist man bemüht, möglichst viele Transportwege über die Bahn zu erledigen. „Leider sind deren Kapazitäten begrenzt”, stellt Bechtold fest. „Wir hätten mehr Potenzial”, erklärt Schitter und verweist auf den werkseigenen Container-Terminal, von welchem in Zukunft 240.000 Container pro Jahr von der Straße auf die Schiene gebracht werden.

Echter als echt

Den derzeitigen Absatz von Roh-Spanplatten und MDF sieht Bechtold kritisch, jedoch ist Kaindl nicht hautnah an diesem Markt. Das Unternehmen verkauft veredelte Produkte. 95 % der MDF-Produktion werden zu Fußböden weiterverarbeitet. Spanplatten werden zu 100 % beschichtet, furniert oder als Arbeitsplatten gefertigt. Der Fußbodenmarkt wächst, tendenziell geht der Durchschnittspreis nach oben. In den vergangenen Jahren haben sich Laminatfußböden technisch und optisch sehr weiterentwickelt. Endkunden können Laminat- von Parkettböden kaum unterscheiden. „Ein Laminatfußboden sieht echter aus als Parkett”, ist Bechtold überzeugt. Schönes kann man verstärken, beschreibt er die Vorteile.
Der Exportanteil beträgt bei Kaindl 96 %. Hauptabsatzmärkte sind Deutschland und Nordamerika. „Wir haben das Ziel, global auf allen wichtigen Märkten vertreten zu sein”, betont Schitter. Wichtig sei es, an Produktentwicklungen zu arbeiten. Im Objektbereich sieht man Potenzial.
Derzeit baut man in Salzburg ein neues Werk für eine Fußboden-Produktion. Dort werden ab Ende Juni Echtholz-Furnierfußböden und Ink-Jet-bedruckte Laminatböden hergestellt. Die Anlage hat eine geplante Jahreskapazität von 3 Mio. m2 Fußböden. „Wir wollen hochwertige Hölzer nachbilden. Vor allem jene, die nicht bezahlbar und schwer verfügbar sind, wie beispielsweise Tropenholz”, so Schitter. „Individuelle Produkte herzustellen, dass ist Trend”, argumentiert Bechtold. „Wir sind das erste Unternehmen, das das Ink-Jet-Verfahren im Durchlauf realisiert. Das ist für uns ein ganz neuer Schritt”, erklärt Schitter. Die Technologie schreitet rasch voran, es ist vorstellbar, dass man auch im Plattenbereich neue Anwendungen mit Ink-Jet findet.