Sanierung als Retter in der Not

Ein Artikel von DI Antonio Fuljetic | 01.09.2009 - 00:41
"Von Krise (fast) keine Spur“, lautet die Überschrift der Roto Presseinformation über die in Auftrag gegebene Forsa-Stimmungsbildstudie der deutschen Fenster- und Türenbranche und dem dazugehörigen Handel. Dies trifft sinnbildlich auch zu, denn der vorhandene Optimismus – getragen vom Sanierungstrend (Baugenehmigungen weiterhin auf historisch niedrigen Niveau) – ist im ganzen deutschsprachigen Raum unüberhörbar. Man spricht von einem nachhaltigen Trend der Konsumenten, die eine Wertsteigerung der Immobilie forcieren und nicht nur zeitweilig von den Förderungen der öffentlichen Hand profitieren wollen. Volle Auftragsbücher, zahlreiche Neuinvestitionen und Entwicklungen hin zum „Energiesparfenster“ bezeugen die Aufbruchstimmung in der Branche. Auch die Fachtagungen springen auf den Zug auf und beschäftigen sich mit diesem Thema und vor allem mit den anstehenden Energieeinsparverordnungen (EnEV).
Die meisten Hersteller erwarten für heuer mengenmäßig nur ein geringes Absatzwachstum verglichen mit dem Vorjahr. Für 2010 herrschen zwiespältige Erwartungen.

Vom Abschwung abgekoppelt

Laut Forsa-Umfrage, die im Juli und August durchgeführt wurde, hat sich die deutsche Fenster- und Türenbranche vom gesamtwirtschaftlichen Abschwung beinahe abgekoppelt. Der Handel sieht die Situation nicht so rosig, jedoch stabil.
Die Krisenresistenz zeige sich zunächst beim Umsatz. Der Studie zufolge musste seit Herbst 2008 lediglich ein Fünftel der Unternehmen Einbußen von meist weniger als 10% verkraften. 53% melden einen unveränderten und 42% sogar einen gestiegenen Umsatz.
Auch auf der Ertragsseite musste die Branche laut Forsa der Krise bisher mehrheitlich keinen Tribut zollen. 42% der Betriebe berichten von einer unveränderten und 31% sogar von einer besseren Ertragslage als im Herbst 2008. Ähnlich gut wird die Situation von den Produzenten beim Auftragseingang angegeben.
Die Hersteller bewerteten die Situation erheblich günstiger als der Handel, bei dem 57% auf gesunkene Gewinne verwiesen. Der Ertragsrückgang machte laut Umfrage bis zu 30% aus.
Ferner ermittelte Forsa den durchschnittlichen Lagerbestand der Unternehmen im Vorjahresvergleich (2008 = 100%). Die Resultate: Handel 94% und Produzenten 91%. Danach fand also auf beiden Seiten kein Lagerabbau statt, was Roto-Vorstandsvorsitzenden Dr. Eckhard Keill überraschte. Roto spüre primär beim Handel ein starkes Zurückfahren der Lager.

Warnende Stimmen

Es gibt auch warnende Stimmen in der deutschen Branche, die von einer zeitweiligen Problemverschiebung sprechen, wie es in der Autobranche mit der Abwrackprämie der Fall sei. Die Konsolidierung der Branche werde weitergehen, obwohl zurzeit etwas gebremst, hört man.
Die Frage ist, ob es alle gleich treffen wird. Besonders mit Bezug auf die EnEV wird von den kleinen Betrieben darauf hingewiesen, dass sich der Normungs-, Automatisations- und Know-how-Aufwand ständig erhöhe und man befürchte, unter die Räder der großen Hersteller zu kommen. Die Großbetriebe sehen laut einer Timber-Online-Umfrage mehrheitlich (52%) keine Größenvorteile.

Österreich –2%

Der österreichische Fenstermarkt entwickelte sich im 1.Halbjahr besser als der Consulter Andreas Kreutzer, Kreutzer Fischer & Partner, erwartet hatte. Für das zweite sehe es aber nicht gut aus. Begründung: „Der übliche Herbst-Auftragseingang wurde aufgrund der staatlichen Förderung für die thermische Sanierung vorgezogen. Dieser Topf ist nun aufgebraucht.“
Hinzu komme „die erwartete Krise im Konsum“. Die Menschen spürten bislang wenig von der Finanzkrise. Dies wird sich seiner Meinung nach ändern und spätestens 2010 niederschlagen, wenn die Arbeitslosenzahlen neue Höhen erreichen. Ferner warten die Leute ab, ob nicht eine neue Förderung kommen könnte, wie sie medial von politischen und wirtschaftlichen Größen gefordert wird. Aus diesen Gründen bleibt er bei seiner Prognose, dass die Fensterbranche heuer und 2010 mengenmäßig um 2% weniger absetzen wird.
Die oft geführten Diskussionen über zu niedrige oder gar sinkende Preise kann Kreutzer nicht nachvollziehen: „Glas, Profile, Beschläge und Dichtungen sind in den vergangenen Jahren teurer geworden.“ Gleichzeitig nahmen auch die PVC-Fensterpreise im Jahresvergleich um etwa 5% und die Holz/Alu um 5 bis 6% zu. Einzig das Holzfenster blieb preislich weitgehend stabil.
Dass mehr Zubehör mit den Fenstern verkauft wird, wertet Kreutzer positiv, doch seien die möglichen Potenziale bei weitem nicht ausgeschöpft. Auch den propagierten Dreischeiben- und Sicherheitstrend sieht er zwar im Kommen, doch sei dieser weiterhin eine Nische. Für Österreich schätzt er den Marktanteil der Dreischeibensysteme auf maximal 18%, was angesichts der Angaben der Fensterbauer sehr wenig erscheint. „Zweischeibenfenster sind immer noch der Standard und werden dies zumindest in den kommenden Jahren bleiben“, schildert Kreutzer. Dass relativ wenig Dreischeibenfenster verkauft werden, sieht er an der Preisentwicklung bei Isolierglas. Dort sind in den vergangenen Jahren die Preise zwischen 3 und 5% gestiegen. Gebe es starke Zuwächse, müsste der Wert weit höher liegen.

Negative Exportmarktentwicklung

Für Europa rechnet Interconnection Consulting für heuer mit einem Rückgang von 9,8% auf den Fenstermärkten. Spanien ist mit einem mengenmäßigen Rückgang von 31% am stärksten betroffen. Auch in Frankreich verschlechtert sich die Lage. Nach einem Rückgang von 10% wird für die nächsten beiden Jahre eine Stagnation prognostiziert. In Italien ist laut Analysten keine Erholung in Sicht, der Markt wird demnach in den nächsten drei Jahren weiter schrumpfen. Mit einer Erholung der Situation ist erst 2011 zu rechnen, wobei vor allem die Renovierung den Markt antreiben wird. Russland und das Baltikum galten lange Zeit als die Wachstumsmotoren in Osteuropa. Heuer trifft es laut Interconnection dort die Fensterbranche jedoch sehr hart, die Entwicklung bewegt sich im zweistelligen Bereich, jetzt allerdings in die negative Richtung. Russland fällt mengenmäßig um 26%, Litauen sogar um 31%.
Deutsche Holz- und Holz/Alu-Fensterhersteller 2009
      
UnternehmenProduktion 2008Produktion 2009Jahreskapazität(1)Holzfensteranteil in %Besonderheiten
Bayerwald, Neukirchen v. W.33.00036.00043.00037-
Döpfner, Gerolzhofen32.00035.20037.00035Aluschalen verschweißt
Kneer-Südfenster, Westerheim110.000118.000118.00055Holz/Alu-Fenster mit Thermokantel
Koch, Altenkirchenk. A.k. A.k. A.k . A.k. A.
Kowa, Goldenstedtk. A.k. A.20.000*k. A.neue Fensterfertigungsstraße
Niveau-Fenster, Westerburgk. A.k. A.k. A.k. A.k. A.
Pax, Ingelheim/Rheink. A.k. A.k. A.k. A.Holz-, Holz/Alu- und PVC-Fenster
Stöckel, Vechtel22.00025.00026.00040Energiesparfenster mit 3-fach-Verglasung
Sorpetaler, Sundern36.20043.00051.00070-
Unilux, Salmtalk. A.k. A.k. A.k. A.Holz/Alu-Fenster mit Dämmkern und WK II
Wertbau, Langenwetzendorf(2)k. A.k. A.k. A.k. A.Neue Produktions- und Logistikhalle
Winter, Thedinghausenk. A.k. A.80.000*k. A.k. A.