Ludwig Lehner ist Leiter UPM Wood Sourcing Central Europe und Präsident der Arbeitsgemeinschaft Rohholzverbraucher (AGR) © UPM
Als Hauptaussage wünscht sich Lehner eine bessere Anerkennung der stofflichen Holznutzung seitens der Gesellschaft und der Politik, aber auch der Forstbetriebe.
Kannibalisierte Holzströme
Es gibt wohl keinen Schreibtisch in Mitteleuropa, über den größere Holzmengen gelenkt werden, als jenen in Lehners Augsburger Büro. Seit 2005 ist er für den zentraleuropäischen Holzeinkauf bei UPM verantwortlich. In den vergangenen zehn Jahren sei der Bedarf der deutschen Papierindustrie relativ stabil geblieben. Seit Inbetriebnahme des Zellstoffwerks Stendal liegt der Verbrauch der deutschen Papier- und Zellstoffwerke konstant bei etwa 10 Mio. fm/Jahr (2010: 9,8 Mio. fm). Schwieriger ist die Versorgung der Holzwerkstoffindustrie, an deren Rohstoffbasis die thermische Nutzung noch massiver knabbert. „Biomassekraftwerke und Pelletsindustrie haben die Industrieholzströme kannibalisiert“, erkennt Lehner. Die Industrie- und Sägerestholzpreise der vergangenen Monate hätten aber selbst die Pelletsindustrie an Grenzen stoßen lassen.„Der Bedarf an Papierholz wird langfristig stabil bleiben. Bis 2020 sehe ich beim Frischholzverbrauch der Papierindustrie keine Änderungen. Das Rundholzaufkommen in Deutschland könnte den Bedarf zufriedenstellend decken. Leider ist es durch das EEG zu massiven Marktverwerfungen gekommen“, kritisiert Lehner die Subventionierung von Holzverbrennung. Dass sich die Rundholzmenge in Österreich und Deutschland noch steigern lässt, bezweifelt er. „Der Mobilisierung im Kleinprivatwald sind natürliche Grenzen gesetzt. Die letzten 20 bis 30 % des Einschlagspotenzials lassen sich mit vernünftigem Aufwand einfach nicht auf den Markt bringen.“ Zusätzliches Rundholz über Kurzumtriebsplantagen anzubieten, habe sich in Mitteleuropa nicht durchsetzen können.
Teures Rundholz killt Weltmarkt-Marge
Trotz der Rekord-Rohstoffpreise müssen deutsche Papier- und Zellstoffwerke am Weltmarkt bestehen. „In Bayern haben wir die global höchsten Rohholzpreise und teure Energie. Das beeinträchtigt die Margen in den Commodity-Märkten Papier und Zellstoff.“ 2010 wurden dem laut Marktforscher RISI und dem Verband DeutscherPapierfabriken in Deutschland 23 Mio. t Papier, Karton und Pappe hergestellt. Die Importe summierten sich auf 11,2 Mio. t. 14 Mio. t wurden ausgeführt.
Bereinigung bei Sägewerken
Deutlich gestiegen sei in den vergangenen Jahren der Bedarf an Sägerundholz – auch aufgrund der zu optimistischen deutschen Bundeswaldinventur. „Hier beginnen die Wettbewerbskräfte zu greifen. Ich rechne mit einer baldigen und anhaltenden Marktbereinigung“, sagt Lehner. Hochpreisig wird der Rohstoff für die Papierindustrie trotzdem bleiben – teuer, aber gut. Lehner lobt die Qualität deutscher Hackschnitzel. Das und eine effiziente Logistik erlauben es lokalen Betrieben, am Weltmarkt zu bestehen. Bei der Lieferkette gebe es aber noch Optimierungspotenzial.„Ich wünsche mir, dass sich die Forstbetriebe wieder auf die Bereitstellung von Industrieholz-Sortimenten fokussieren. Holz aus dem Wald direkt zu verbrennen, ist in vielerlei Hinsicht Unsinn. Damit zerstört man Wertschöpfung und setzt CO2 frei, das in Holzprodukten über Jahrzehnten gespeichert sein könnte. Ich sträube mich nicht gegen die thermische Verwendung von Holz, aber: effizient und erst am Ende der kaskadischen Nutzung! Die stoffliche Verwendung muss gesellschaftlich und politisch mehr Anerkennung erfahren. Um die Sinnhaftigkeit von stofflicher oder thermischer Verwendung zu verstehen, braucht man sich einfach nur einen schönen Holzstuhl neben einem kleinen Häufchen Asche vorzustellen. Vom Stuhl habe ich wesentlich länger einen Nutzen.“
Einkaufskooperationen mit Sägewerken seien für UPM trotzdem sinnvoll. Der finnische Konzern arbeitet mit mehreren mitteleuropäischen Unternehmen bei der Holzversorgung zusammen, was aufgrund der ergänzend benötigten Sortimente für Synergien sorgt. „Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht, ich kann das nur jedem empfehlen.“
Mehr Schleifholz ausformen!
Das Verhältnis mit dem größten Rundholzverkäufer in Mitteleuropa – den Bayerischen Staatsforsten (BaySF) – bezeichnet Lehner als gut. Im Frühling wurden Gerüchte laut, wonach die BaySF ihre Lieferungen an UPM einstellen möchten. Dazu wollte sich Lehner nicht äußern. Er stellt aber fest, dass die Fokussierung der Staatsforsten auf Energieholz-Sortimente in seinen Augen ein Fehler war. Glücklicherweise gebe es ein Umdenken. „Die Bayerischen Staatsforsten verfügen über große Mengen und eine exzellente Logistik. Wir wünschen uns, dass das Augenmerk in Regensburg wieder mehr auf Industrieschleifholz gelegt wird. In diesem Sinn freue ich mich auf die Zusammenarbeit.“Brauchen 46 t-Lkw oder mehr
Nach dem EEG ist für Lehner die Gewichtsbeschränkung bei Lkw das größte legislative Ärgernis. „Die unterschiedlichen Regelungen über die Frachtzuladungen in den europäischen Ländern sind sehr unzufriedenstellend. Wir fahren überall mit anderen Achslasten. Das ist eine große Wettbewerbsverzerrung, wodurch die Frachtkosten um 30 % oder mehr beeinflusst werden. Für Deutschland wäre eine Anhebung auf zumindest 46 t notwenig“, wünscht sich Lehner.Für wenig sinnvoll hält der Einkaufsleiter die Diskussion über eine Außernutzungsstellung deutscher Wälder. „Seit 300 Jahren gilt im Forst das Prinzip der Nachhaltigkeit mit dem Grundsatz: nutzen und schützen. Wälder in Nationalparks zu verwandeln, widerspricht der Nachhaltigkeit, weil die Nutzung verschwindet. Die gegenwärtig geernteten 70 Mio. fm aus deutschen Waldflächen sind zudem dringend notwendig“, opponiert Lehner gegen eine Ausdehnung der geschützten Flächen. „Unglücklicherweise gibt es gegenwärtig in Deutschland den Trend, Wälder aus der Nutzung zu nehmen."