Der letzte Schweizer Sperrholzhersteller zeigt Mut zur Nische
Ein Artikel von Dinah Urban | 05.06.2015 - 09:36
Als die Sperrholzfabrik Hess 1929 gegründet wurde, war sie der Überlieferung nach eine von etwa zehn. Mit Innovationsgeist und einem Sinn für gewinnbringende Marktnischen schaffte es das Unternehmen, als Einziges bis heute zu bestehen.
Mit klassischem Sperrholz macht die Sperrholzfabrik Hess, Döttingen/CH, bloß noch 25 % ihres Umsatzes. Das ist aber kein Grund zur Sorge um den letzten verbliebenen Hersteller der Schweiz. Viel mehr zeigt sich darin, wie breit sich das Unternehmen in seiner 86-jährigen Geschichte aufgestellt hat. Die Produktqualität steht stets im Vordergrund – vom Schälfurnier bis zum Formsperrholz. Dazu wird der Maschinenpark kontinuierlich an die Möglichkeiten der Technik angepasst. Für neue Marktnischen bleiben die Augen ebenfalls offen.
Vielschichtig aufgestellt
Hess schält seine Furniere hauptsächlich selbst. Ob Buche, Ahorn, Eiche, Esche, Pappel, Tanne, Douglasie oder Lärche: Alles muss den hohen Ansprüchen genügen. Deshalb ordern auch Hersteller von Spezialsperrholz-Produkten Schälfurniere bei Hess. Die Schweizer Experten nehmen das Sperren aber am liebsten selbst in die Hand. So entstehen nicht nur ein breites Sortiment an Standardplatten und Sonderanfertigungen, sondern auch spezielle Ski- und Snowboardkerne sowie „Bettlättli“ (Federleisten) für Lattenroste. Eine computergesteuerte 20-Etagenpresse von Raute und zwei Quer-Zusammensetzanlagen von Fischer-Rückle sind drei Beispiele aus dem umfangreichen Maschinenpark. Formteile genau nach Kundenwunsch gehören ebenso ins Repertoire. Damit beliefert Hess Möbeldesigner sowie die Fahrzeugindustrie. Auf den 25.000 m2 Produktionsfläche finden außerdem Schlittenkufen ihre Form.
Auf der Interzum legte das Traditionsunternehmen seinen Schwerpunkt auf die „Guardian“-Produktlinie. Diese schwerentflammbaren Platten und Formteile finden größtenteils im öffentlichen Bereich Verwendung. Kinosessel, Zugsitze, Gepäckschalen, Trennwände und Zugböden werden aus ihnen hergestellt.
Tradition trifft Weitsicht
Dass Hess stets die Balance wahrt zwischen Tradition und Weitsicht, zeigte sich auf dem Messeauftritt in einem weiteren Hingucker. Ein Sperrholzstuhl, der mit „Bark Cloth“ beschichtet ist. Dieses Baumrindenvlies aus Uganda wurde 2005 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt, da es als ältestes Textil der Menschheitsgeschichte gilt. Designer brachten das „Tuch der Könige“ ins neue Jahrtausend. Diese Liebe zum Werkstoff teilen sie mit Hess. Die etwa 100 Mitarbeiter wollen Holz mit ihren Ideen und Entwicklungen die Zukunft ebnen.
In den kommenden Monaten kommt es zu Inbetriebnahmen und strukturellen Anpassungen bei Sägerestholz-Verarbeitern, die sich auf die Restholzströme in Süddeutschland auswirken werden.
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Das britische Chemieunternehmen Accsys, London, kooperiert beim Vertrieb seiner chemisch modifizierten Massivholzprodukte in Nordamerika mit dem US-amerikanischen Holzgroßhändler und -importeur GMX...
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