Am unteren Ausläufer des Ötztals beheimatet, feiert das in Familienhand geführte Holzhandelsunternehmen Marberger sein 100-jähriges Bestehen. 1921 gründete Karl Marberger einen Betrieb zur Erzeugung von hölzernen Fassspunden für die Brauereien und Weinbauern des Landes. Unter der Führung von Seniorchef Georg Marberger wurde der Betrieb auf seinen heutigen Fokus Handel weiter ausgebaut und stetig vergrößert. Seine beiden Söhne, Simon und Gregor Marberger, teilen sich heute die Geschäftsführung gemeinsam mit Hanspeter Prantl, der vor über 40 Jahren seine berufliche Laufbahn als Buchhaltungsassistent im Unternehmen begann.
Geht nicht – gibt’s nicht
Rund 3000 verschiedene Artikel liegen am Standort in Ötztal–Bahnhof auf Lager. Über diverse Holzwerkstoff-Platten in allen gängigen Dimensionen und Beschichtungen, Furniere oder Türfriese bis hin zu KVH und Leimbindern deckt Marberger die komplette Holzpalette ab. „Holzhändler gibt es viele, doch nur wenige, die auch alles haben. Die sowohl breite als auch tiefe Lageraufstellung ist eines unserer Alleinstellungsmerkmale und hebt uns von den anderen Händlern ab“, beschreibt Simon Marberger das umfangreiche Sortiment des Tiroler Traditionsunternehmens.
Ein Händler, der in die Tiefe geht
Eigene Weiterverarbeitung ist das Thema der Zukunft bei Marberger. Am Standort im benachbarten Silz werden Halbfertigprodukte erzeugt, welche die Industrie aufgrund ihrer Losgröße nur schwer liefern kann. Erst im November vergangenen Jahres kaufte Marberger dafür eine rund 30 Jahre alte Springer-Sortieranlage. „Um die Qualität voll unter Kontrolle zu halten, trocknen wir eine große Menge unseres Schnittholzes selbst. Die perfekt gestapelten Pakete sind dabei keineswegs ein Nachteil“, beschreibt der Kuchl-Absolvent eine seiner jüngsten Investitionen. Für die Holztrocknung installierte Marberger in Silz drei Frischluft-Abluft-Kammern des italienischen Herstellers Bigondry. Speziell für die Laubholzbearbeitung stehen dem Tiroler Händler zwei Eberl-Vakuumtrockner zur Verfügung. Das Thema Nachhaltigkeit ist dem Handelsunternehmer ein besonderes Anliegen. Neben einer durchgängigen Zertifizierung des Betriebs erzeugen die auf den Dächern befindlichen PV-Anlagen mehr als 700 kWp.
Goldgräberstimmung
Trotz der Pandemie und der heurigen Preisrallye stimmen die Zahlen. Gut 40 Mio. € dürfte man heuer bis Jahresende umsetzen. „Stillstand gab es bei uns nie – rückblickend muss ich mit den Ergebnissen des Jahres mehr als zufrieden sein. Natürlich bescherte uns als lagerhaltender Händler die außergewöhnliche Marktsituation keinen großen Nachteil, der Schaden, der in der gesamten Wertschöpfungskette entstand, wird uns aber noch sehr lange begleiten“, betrachtet Marberger auch die Kehrseite der Medaille.
„Bei einem so sprunghaften Markt wie in diesem Jahr kann die Holzbranche nicht lange überleben. Man konnte heuer eine direkte Goldgräberstimmung beobachten“, blickt Marberger auf die erste Jahreshälfte zurück. „Handschlagqualität hatte für viele keine Bedeutung mehr. Speziell im Umgang untereinander wurden viele rote Linien überschritten. Zugesprochene Preise wurden von einem auf den anderen Tag verworfen und Verträge nicht erfüllt. Die Reißleine hätte schon lange gezogen werden müssen – ein Leimbinder ist mit 650 € und KVH mit 500 € am Kubikmeter noch immer sehr gut bezahlt“, betrachtet Marberger die jüngsten Geschehnisse am Holzmarkt mit Sorgenfalten im Gesicht. „Der einzige Weg, um langfristig erfolgreich zu wirtschaften, ist, mit seinen Partnern auf Augenhöhe zu agieren. Nur so können beide profitieren. In den vergangenen Monaten wurde viel an aufgebautem Vertrauen zerstört. Diese Schäden werden in der Branche noch viele Jahre nachklingen und könnten unser Geschäft nachhaltig verändern. Was jedoch sicher bleiben wird, ist eine gewisse Volatilität am Markt, denn die Konstanz der letzten Jahre dürfte so schnell nicht wiederkommen – ein Umstand, der es für keinen von uns leichter macht“, erklärt der Handelsexperte.
Turbulente Aussichten
„Betrachtet man die aktuelle Situation am Holzmarkt, stehen die Anzeichen schon wieder auf Sturm. Ich hoffe jedoch, dass einige Verantwortliche innerhalb der Branche ihre Lehren aus dem vergangenen Jahr gezogen haben“, warnt Marberger vor einer erneut angespannten Situation am Beginn des nächsten Jahres. Angesprochen auf mögliche Sorgen eines Händlers, nennt Marberger die Struktur und Größe seiner Lieferanten: „Vor einigen Jahren kannte man als Händler die Geschäftsführer seiner Lieferanten noch persönlich. Der Umstand, dass die einzelnen Holzindustrien immer größer und tonangebender werden, hat hier einiges an Veränderung mit sich gebracht. Andererseits zeigte die Pandemie aber, dass der Handel eine bedeutende Pufferfunktion zwischen Erzeuger und Weiterverarbeitung ein nimmt, die in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen könnte.“
Allgemein blickt man im Ötztal aber positiv in die Zukunft. So zeigt man sich im Hause Marberger nach wie vor voller Tatendrang. Erst unlängst suchte man um die Genehmigung für einen weiteren Zubau am Standort in Ötztal–Bahnhof an. Ein über 1000 m² großes Flächenlager mit dynamischer Lagerhaltung soll den Handelsexperten in Zukunft noch flexibler gestalten.