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Der viergeschossige Holzbau während der Fertigstellung © Nöstler

Oase Holz nahe Wien

Ein Artikel von Administrator | 16.08.2001 - 00:00
ÖBf-Zentrale
Generalplaner: Dipl.-Ing. Dr Herwig und Dipl.-Ing. Andrea Ronacher, Hermagor
Projektsteuerung: ZT Dipl.-Ing.Müller-Hartburg, Wien
Holzstatik: Lignum Consult, Dipl.-Ing. Johann Riebenbauer, Graz, RW-Tragwerksplanung Dr. Woschitz, Wien
Ausführende Zimmerei: Fahrenberger-Harreither, Gresten
Bauzeit: Dezember 2000 bis Jänner 2002
Baukostern: 105 Mio. S
Nutzfläche inkl. TG: 5475 m2
Anzahl der Arbeitsplätze: ca. 110
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Der viergeschossige Holzbau während der Fertigstellung © Nöstler

Ein viergeschossiges Bürogebäude in Holz wird derzeit in Purkersdorf für die Österreichischen Bundesforste errichtet. Die ÖBf AG verlegt ihre Unternehmensleitung aus dem 3. Wiener Gemeindebezirk hinaus ins Grüne.
Für den Umzug sind nicht nur wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend. Zwischen den notwendig gewordenen Adaptierungs- und Renovierungsarbeiten in Wien und dem Neubau errechnete sich kein erheblicher finanzieller Unterschied, rechtfertigen die ÖBf den Viergeschoßer in Holz.
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Die Deckenplatten wurden mit dem Kran vom LKW auf das Dach gehoben, genau eingerichtet und verschraubt © Nöstler

Delegation der Bauherrenfunktion. Anstatt wie üblich die Bauherrenfunktion selbst auszuführen, übergaben die ÖBf diese Aufgabe an das Wiener Ziviltechnikerbüro Müller-Hartburg. Dieses kümmerte sich um zügige Abwicklung der behördlichen Genehmigungen, gestaltete die Verträge der Zulieferer und überwachte Generalplaner und Baumeister. „Das Modell, die Bau-herrenfunktion an einen Profi zu delegieren, kann ich allen Bauherren, die selbst keine erfahrenen Bauträger sind, nur dringend ans Herz legen. Wenn man einen fachlich kompetenten und sowohl wirtschaftlich als auch rechtlich sattelfesten Vertreter hat, wird das Bauen zum Vergnügen”, so Dipl.-Ing. Günther Lettau von den ÖBf.
Dem Planungsauftrag ging ein europaweites Bewerbungsverfahren mit anschließendem Architektenwettbewerb voraus, aus dem Dipl.-Ing. Dr. Herwig und Dipl.-Ing. Andrea Ronacher, Hermagor, als Sieger hervorgingen.
Nach einer Bauzeit von fünf Monaten für die beiden Untergeschoße mit Tiefgaragenstellplätzen, Lager- und Technikräumen sowie der beiden Treppenhäuser wurde in nunmehr zwei Monaten der konstruktive Holzbau des Viergeschoßers errichtet. Die ÖBf-Zentrale samt Möblierung und Bezug soll Anfang des kommenden Jahres nach einer Bauzeit von gut einem Jahr mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von rund 105 Mio. S fertiggestellt sein.
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Die Montage der Holzbauteile für den 4-Geschosser © Nöstler

Den Holzbau übernahm die Zimmerei Fahrenberger-Harreither, Gresten. Mit der Anfertigung der Werkspläne begann man im Februar, im April starteten die Tätigkeiten auf der Baustelle.
Baugefüge aus Holz. Die wichtigsten Aspekte des Projektes sind die Nachhaltigkeit und Dauerhaftigket einerseits sowie Ressourcenschonung und Nutzungsoptimierung andererseits. Die Beachtung des konstruktiven Holzschutzes (ausreichend Vordach und Schutz gegen Spritzwasser durch einen Sockel) stand im Vordergrund. Außerdem wurde durch gezielten Einsatz von Rundholzsäulen und Kreuzlagenholzpaneelen die Wertschöpfung gehoben.
Jedes Geschoß besteht aus vier Sektoren, dazwischen befinden sich jeweils die beiden Treppenhäuser (nord- und südseitig) sowie die übergeordneten Sekretariate und Besprechungsräume (West und Ost).Mächtige Rundholzsäulen. Die drei Ebenen der Galerien werden von vier großen Rundholzsäulen aus Lärche getragen. Sie streben frei über alle Geschoße auf, die „Verzweigungen” tragen den Fuß- und Mittelpfettenkranz sowie das Holzgespärre der Glaspyramiden. Dieser zentrale Wintergarten dient zugleich als Wärmespender, -verteiler und -speicher.
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© Nöstler

Einheitlicher Raster. Der Grundriss ist sektorenweise organisiert. Alle Räume sind auf einem einheitlichen - für den Holzbau sehr wirtschaftlichen - Stützenraster von 4,5 mal 4,5 m aufgebaut. Die frei stehenden Rundholzsäulen mit 30 cm Durchmesser im Innenbereich tragen Leimholzprimärträger (24 mal 32 cm). Diese dienen wiederum als Auflager für die Kreuzlagenholzpaneele, geliefert von KLH, Katsch an der Mur.
Die Fassadensäulen bestehen aus einem Verbund von Lärchenrundholz- und rechteckigen Leimholzstützen, an denen 10 cm starke Wandpaneele (Kreuzlagenholz oder Leimholz) eingehängt werden. Diese dienen gleichzeitig als „Randprimärträger” der Deckenelemente. Die Lage der Wandpaneele bleibt exakt im 4,5 m-Raster. Die Decke des Konferenzraumes wird 9 m frei überspannt. Die Holzrippendecke besteht aus 14 cm starken Kreuzlagenholz- paneelen, die im statischen Verbund auf Leimholzrippen aufliegen.
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Detailansicht: Anschluss Rundholzsäule– Wandelement – Decke © Nöstler

Brandschutz. Alle angeführten Dimensionen wurden statisch für die Brandwiderstandklasse F60 bemessen. Durch die beiden abgeschlossenen Treppenhäuser (F90) kann die Mitte über alle Geschoße offen bleiben.Fassadengestaltung. Das weit ausladende Vordach schützt vor allem das Dachgeschoß vor Sommersonne und bietet allen Etagen einen ausreichenden konstruktiven Holzschutz. Die Fensterelemente zeigen einen Rhythmus aus breiteren, öffenbaren Fenstern und schlanken Fixverglasungen oder Teilen mit emaillierten Gläsern. Alle Fenster und Außentüren wurden in Lärche unbehandelt eingebaut.
Grundsätzlich wird Holz auch bei der Innenraumgestaltung wirksam. Neben den Rundholzsäulen betrifft dies vor allem die Decken- und Wandelemente. Beim fünfschichtigen Kreuzlagenholz (12,5 cm stark) hat man auch die Möglichkeit, neben Fichte als Deckschicht auch Buche, Ahorn, Esche oder andere Nadelhölzer einzusetzen. Als Bodenbelag wird großteils Lamellenparkett eingesetzt. Als Kontrast zum Holz werden die Innenräume durch weiße Wandflächen, Glas und zarte Edelstahlgeländer bestimmt.
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Um das Deckenelement beim Heben nicht zu verletzen, wurden kleine Hölzer beigelegt © Nöstler

Entwurfsgedanken. Grundidee war die Schaffung eines freistehenden, kompakten Bürokörpers mit einer Licht durchfluteten Mitte. Diese ist nicht nur eine der wichtigsten Grundgedanken von Feng Shui, das natürliche Licht von oben soll gemeinsam mit den Grünpflanzen eine angenehme und Natur nahe Atmosphäre schaffen. Sowohl den Benutzern als auch den Besuchern wird eine schnelle Orientierung auf den sehr direkten Erschließungswegen ermöglicht.
Durch die teilweise transparenten Wände und Glastüren zwischen dem Zentralraum und den Sektoren sowie den vier Rücksprüngen in den Fassadenmitten wird ein deutlicher „Besonnungsausgleich” zwischen Süd-, Nord- und Westseite erzielt.
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Fensteraußenansicht mit Überdachung © Nöstler

Wandaufbau
Kreuzlagenholz
OSB-Platte
Wärmedämmung 15 cm Heraklith
Lärchenstulpschalung
Rippendecke (im Saal) 225 mal 900 cm
Standarddecke (Büroräume)
300 mal 420 cm
Fußbodenaufbau
Gesamtaufbau: 33 cm inklusive 14 cm Brettsperrholzplatte
Dampfbremse (Bitumen GV 35)
Splittschüttung 8 cm
Trittschalldämmung 30/30 mm
Heraklith-Platte
Spanplatte V100 22 mm
Boden (Parkett/Holz)
Dachaufbau
tragende Unterzüge
Sichtholzplatte 9 cm
Dampfbremse (Bitumen GV 35)
Sparren 8/20 cm
Steinwolle 20 cm
Schalung Fichte, 24 mm
Difussionsoffene Schalungsbahn
Staffeln 5/8 cm mit Konterlattung
Schalung 24 mm
Blechdeckung
Funktionale Gliederung. Der gewählte Konstruktionsraster ist auf die Organisation von Doppelarbeitsplätzen abgestimmt, lässt aber auch die Abtrennung in Einzel-, Doppelbüros oder Besprechungszimmer zu.
Den Organisationseinheiten sind jeweils ein oder zwei Sektoren zugeordnet. Die gemeinsamen Sekretariate liegen in den Bindegliedern. Diesen zentralen Bereichen sind mit Glas überdachte Freiräume vorgelagert. Zusätzlich zu den mittig liegenden Besprechungszimmern finden innerhalb der jeweiligen Funktionsbereiche Besprechungsecken Platz.MN
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Detailanschluss: Rundholzstütze mit Queraussteifung und Stahlunterzug, der die Kräfte in die Wände ableitet © Nöstler