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DI Andreas Januskovecz © Stadt Wien

Keine Schonzeit

Ein Artikel von Administrator | 01.11.2001 - 00:00
Holzkurier-Gespräch mit FDir. DI Andreas Januskovecz, MA 49, Forstamt der Stadt Wien
Die MA 49-Facts
Eigentümer: Stadt Wien
Fläche: 32.500 ha Quellschutzwald (Rax-/Schneeberggebiet, Hochschwab), 5000 ha Wienerwald, 3000 ha Nationalpark Lobau, 2500 ha Landwirtschaft
Kompetenzfelder: Quellschutz, Landschaftsplanung (z. B.: 470 ha große Donauinsel), Grünraumgestaltung, Erholungswald (Lainzer Tiergarten: 500.000 Besucher pro Jahr), Naturwaldreservate, naturnahe Waldwirtschaft, Waldpädagogik (Waldschule)
Budget: 450 Mio. S/J
Windschutzgürtel: 50 km
Neuaufforstungen: 10 ha/J
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DI Andreas Januskovecz © Stadt Wien

Nicht einmal die sonst üblichen 100 Tage Schonzeit waren dem neuen Forstdirektor der Stadt Wien (sh. Holzkurier Heft 28, S. 28), DI Andreas Januskovecz, gegönnt. Sofort nach der Ernennung zum Herren über 43.000 ha Gesamtfläche des Forstamtes und des Landwirtschaftsbetriebes der Bundeshauptstadt am 28. Juni hatte Januskovecz die von ihm bei seiner Bewerbung vorgeschlagene neue Gruppenstruktur umzusetzen. Motto: Jeder Außenstehende, auch forstlich nicht Gebildete, soll sofort erkennen können, wer wo und wofür zuständig ist.
Das bedeutete, lieb gewordene Begriffe, wie Forsteinrichtung - von den Wienern oft interpretiert als diejenigen, die für die Einrichtung des Waldes etwa mit Bänken und Tischen zuständig sind - über Bord zu werfen. Die neue Organisation umfasst 3 Gruppen (bisher 6 Referate):
- Stadtwald, Nationalpark und Landwirtschaftsbetrieb (Leiter: stv. FDir. DI Herbert Weidinger)
- Quellschutzwald (Leiter: DI Dr. Franz Fischer)
- Grundverwaltung und Facility-Management (Leiter: DI Roland Havel)„Die Größe der Jagd ist zugleich ihre Stärke, deswegen teilen wir nicht alles auf 115,1 ha auf.”
Andreas JanuskoveczDie immer wieder in Diskussion gebrachte Jagd „wird in ihrer Bedeutung weit überschätzt”, so Januskovecz. Außer einem halben Dutzend Repräsentationsabschüssen proJahr gibt es nur jährliche Abschussnehmer. Die Jagdabwicklung wurde daher ihrem wirklichen Stellenwert entsprechend der Gruppe Grundverwaltung (Abschusspläne, Jagdgebietsfeststellung, etc.) zugeordnet. Die strategischen Entscheidungen werden in der je- weils regional zuständigen Gruppe getroffen.„Unser gut eingespieltesTeam hat mir einen Schnelleinstieg ermöglicht.”
Andreas Januskovecz
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Herausforderung Stadtwald: in der Au ... © Eder

Wie es zu einer modernen Linienstruktur gehört, finden sich neben den 3 Gruppen im direkten Stab des Forstdirektors die Budgeteinheit, die Personalplanung und die Öffentlichkeitsarbeit.Rasante Einstiege gewöhnt. Der 37 Jahre junge Forstdirektor, der mit 16 Jahren seine ersten Dienste für die MA 49 verrichtete, hat schon mehrere Male mit Schnelleinstiegen zurechtkomen müssen. Mit 18 hatte er als frisch absolvierter Förster eine Urlaubsvertretung in einem ihm unbekannten Revier zu bewältigen. Bei seinem Dienstantritt nach dem Studium in Nasswald standen am ersten Tag die Arbeiter bei Regenwetter zum Erteilen neuerAufgaben Schlange - der Forstmeister war in den wohlverdientenUrlaub in die Toskana abgereist. „Besonders reizvoll ist die Breite unseres Geschäftes.”
Andreas JanuskoveczMit ausschlaggebend für seine Berufung zum Forstdirektor war unter anderem die bravouröse Leistung bei der ersten Abwicklung des schon traditionell gewordenen Wiener Eistraumes. In nur 6 Wochen schaffte er es, mit seinem Nasswalder Team Planung, Einschnitt in der kleinen als Nebenbetrieb geführten Säge (15.000 fm Jahreseinschnitt), Vorbereitung von 350 m³ Holz samt Verschraubung an Ort und Stelle, umzusetzen.Quellenschutz- und Stadtwald. Der Gemeinde Wien liegen mit ihren Wäldern 2 Dinge am Herzen: Wasserversorgung aus den fernen Quellenschutzwäldern (32.500 ha) rund um Rax und Schneeberg bis in die Steiermark nach Wildalpen hineinreichend sowie Erholung für die Stadtbewohner sowohl im Wienerwald (5000 ha) als auch im Nationalpark Lobau (3000 ha).
Der neue Forstchef der Bundeshauptstadt will die Zahl von 5000 Kindern, die pro Jahr die Waldschule in Ottakring passieren, mit einer zweiten derartigenEinrichtung in der Lobau am anderen Ende der Stadt verdoppeln. „Damit sollte es möglich sein, dass jedes Wiener Kind in seiner Schulzeit wenigstens einen ganzen Tag in den Wiener Wäldern verbringt”, assistiert der Medienverantwortliche, DI Andreas Schwab. „Insgesamt werden vom Forstamt Wien 33.000 Personen pro Jahr im Zuge von Führungen betreut.”
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... und im Kalkgebiet von Rax und Schneeberg bis hin zuAnboten für Erholungssuchende © Eder

Beliebte Wildschweine. Eine besondere Beziehung haben die Erholungssuchenden zum Lainzer Tiergarten, wo der Zugang über die U-Bahnstation für neue Attraktivität sorgt. Eine halbe Million Besucher pro Jahr will zwischen Hermesvilla und Nikolaitor mit viel Know-how geschickt gelenkt sein. Ein neues Leitsystem wird dabei helfen. Die 22 km lange Steinmauer wird gerade generalsaniert.
Das Waldreservat Johannser Kogel, das auch die Gedenktafel für den kürzlich verstorbenen Waldbau-Professor DDr. Hannes Mayer beherbergt, wurde vor Kurzem von 25 ha auf 50 ha im 2500 ha großen Tiergarten verdoppelt und bleibt weiter völlig unberührt. Angestammte Kompetenzen wahrnehmen. Weiter Kompetenz zeigen will Januskovecz mit seiner Mannschaft in der Planung und Umsetzung von Maßnahmen auf großen Flächen, die Landschaftsgärtner, Grünraumgestalter und Pflanzen-Architekten einfach aus Kostengründen nicht schaffen. Musterbeispiel ist die 21 km lange, stolze 470 ha große Donauinsel. Das pflanzliche Grün dort wird zu zwei Drittel von Forstleuten betreut, sehr zur Freude von bis zu 300.000 Besuchern an starken Wochenenden.„Wir haben in unseren Quellschutz- und Erholungswäldern die Forderungen der Zertifizierer längst erfüllt.”
Andreas JanuskoveczRevitalisierungskompetenz auf der Fläche. Forstliche Kompetenz ist auch bei der Errichtung und Erhaltung des Grüngürtels rund um die Bundes- hauptstadt gefragt - oder aber bei der Revitalisierung etwa des alten Siedlungsgebietes Kellerberg mit seinen 7 ha Größe, wo 200.000 m³ Erdbewegung nötig sind.
„Wir attraktivieren den Grünraum bis hin zum Rodelkogel und sorgen für Verständnis bei der Bevölkerung während der Bauphasen”, ist Januskovecz auf seine Mannschaft und ihr Engagement stolz.
Auch die Windschutzgürtel rund um Wien mit ihren 50 km Länge und die Neuaufforstungen von 10 ha pro Jahr zählen zum Aufgabenbereich der Förster im Stadtbereich.
Raumordnerisch denken ist gefragt. Wanderer und Mountainbiker etwa werden sorgfältig voneinander getrennt, um Konflikte zu vermeiden. Das ist insbesondere in der Lobau bei bis zu 30.000 Besuchern pro Wochenende unbedingt notwendig.Die Wasserkompetenz in der Forstwirtschaft zeigen. Bei der großflächigen und langfristig wirkenden Bewirtschaftung des Bodens zur nachhaltigen Schüttung besten Quellwassers kann man in der MA 49 niemandem ein A für einU vormachen. „Die Zertifizierung hat das Produkt Holz zum Ziel. Wir kümmern uns um unsere Produkte Wasser und Erholung und verzichten daher auf diese Systeme.”
Andreas Januskovecz„Wir lenken den Tourismus in unseren Quellschutzwäldern intelligent und nehmen auf erosionsgefährdeten Flächen Kosten für punktuelle Sanierungen von bis zu 300 S/m² in Kauf”, so Januskovecz. Derzeit werden gemeinsame Arbeitsgrundsätze mit den Wiener Wasserwerken (MA 31) formuliert, die in Funktionskarten mit roten und gelben Zonen für Seilkran- und Schleppernutzung münden sollen.
Dass neben der naturnahen Waldwirtschaft auch die Landwirtschaft, immerhin 2500 ha (davon 32 ha Weingärten), im Kreislauf gefahren wird, ist selbstverständlich. So werden 90.000 t Grünmaterial der Stadt jährlich zu 40.000 t Kompost verarbeitet, der zur Hälfte auf den Wiesen und Äckern der Stadt Wien landet.Gutes Geld für gutes Personal. Insgesamt stehen der MA 49 450 Mio. S, 52% davon für bestausgebildetes und hochmotiviertes Personal (samt Pensionszahlungen), zur Verfügung.