Forstgesetz beschlossen

Ein Artikel von Administrator | 05.03.2002 - 00:00
Im Nationalrat wurde in der Sitzung am 27. Februar die Forstgesetz-Novelle beschlossen. Nach Behandlung im Bundesrat und Kundmachung im Bundesgesetzblatt wird sie mit 1. Juni 2002 in Kraft treten. Die Regierungsvorlage umfasste 147 Änderungen des Forstgesetzes. Im Folgenden können aus Platzgründen nur die wichtigsten, die Forst- und Holzwirtschaft unmittelbar betreffenden Änderungen summarisch, auch mit Heranziehung der Erläuterungen und Ausschussfeststellungen, dargestellt werden.
Nachhaltigkeit, Sicherung des Lebensraumes. In einer neu dem Gesetz vorangestellten Ziel- und Grundsatzbestimmung werden Nachhaltigkeit und Sicherung des Lebensraumes programmatisch verankert und definiert, womit sich das Gesetz am jüngsten Stand der internationalen Prozesse orientiert. Auch wenn diese Grundsätze keine rechtsverbindliche Wirkung haben, sind sie bei der Auslegung anderer Bestimmungen von Bedeutung.
Waldeigenschaft und Rodung werden der überaus positiven Waldflächenbilanz Österreichs Rechnung tragend geregelt. Bei der Neubewaldung durch Naturverjüngung muss neben dem für die Waldeigenschaft maßgeblichen Kriterium einer mindest 50%-igen Überschirmung auch eine Bewuchshöhe von 3 m überschritten sein, für die Beurteilung der Überschirmung ist also nur der Bewuchs über 3 m Höhe heranzuziehen. Durch Verordnung kann für bestimmte Baumarten eine andere Höhe festgesetzt werden, eine höhere für raschwüchsige (z. B. Grauerle), eine niedrigere für Latschen in Hochlagen. Für das behördliche Waldfeststellungsverfahren ist nunmehr die faktische Nichtwaldeigenschaft in der Dauer von 10 Jahren (bisher 15) maßgeblich. Bei Flächen, die anders als forstlich genutzt werden, tritt Waldeigenschaft auch im Falle raschwüchsiger Baumarten (z. B. Esche, Birke, Weide, etc.) erst bei Bewuchs mit mehr als drei Zehntel Überschirmung und einem Alter über 60 Jahre (bisher über Hiebsunreifealter) ein. Der Anhang mit den zur Walddefinition gehörenden Holzgewächsen wurde fachgerecht überarbeitet.
Rodung auch im Privatinteresse möglich. Eine Rodung ist nunmehr grundsätzlich auch in privatem Interesse möglich. Diese kann bewilligt werden, wenn kein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung der Fläche als Wald entgegen steht. Das ist durch ein Gutachten eines forstlichen Amtssachverständigen zu beurteilen und wird dann gegeben sein, wenn der in Frage stehenden Fläche mittlere oder hohe Schutzwirkung, mittlere oder hohe Wohlfahrtswirkung oder hohe Erholungswirkung gemäß Waldentwicklungsplan zukommt. Trifft das zu, so ist im Falle eines öffentlichen Interesses an der Rodung eine Interessenabwägung wie bisher durchzuführen. Im Interesse der Verwaltungsvereinfachung genügt es, Rodungen bis 1000 m² der Behörde anzuzeigen, für umfangreichere Rodungen muss weiterhin um Be-willigung angesucht werden, wobei in beiden Fällen die gleichen Unterlagen vorgelegt werden müssen. Im Anzeigeverfahren darf die Rodung nach 6 Wochen ohne formelle Bewilligung durchgeführt werden, wenn die Behörde nicht mitteilt, dass aus Rücksicht auf das öffentliche Interesse an der Walderhaltung doch ein Bewilligungsverfahren nötig ist. Während im Falle von Rodungsbewil-ligungen bisher erforderlichenfalls eine Ersatzaufforstung vorgeschrieben werden konnte, können es jetzt wahlweise auch Maßnahmen zur Verbesserung des Waldzustandes sein, gegebenenfalls auf einem fremden Grundstück in der näheren Umgebung auf Grund einer nachweisbar getroffenen Vereinbarung.
Mehr waldbauliche Freiheit bringt die Verlängerung der Fristen für die Wiederbewaldung um 2 Jahre. Während bisher nur standortsgemäße Altbestände naturverjüngt werden sollten, wenn das Ankommen der Naturverjüngung binnen 8 Jahren die Regel war, gilt das nun generell, wenn in einem Zeitraum von 10 Jahren die Naturverjüngung vorhanden ist und eine volle Bestockung der Wiederbewaldungsfläche erwarten lässt. Der Waldeigentümer hat also volle Wahlfreiheit hinsichtlich Wiederbewaldung mit standorttauglichem Vermehrungsgut durch Saat oder Pflanzung einerseits und Naturverjüngung andererseits, wobei der Gesetzgeber seine Präferenz für Naturverjüngung - ohne sie zu normieren - zu erkennen gibt. Die Einleitung der Naturverjüngung wird etwas erleichtert, weil Einzelstammentnahmen hinsichtlich der Bewilligungspflicht erst ab einer verblei-benden Überschirmung von unter 5 Zehntel (bisher 6 Zehntel) Kahlhieben gleichzuhalten sind. Die Geltungsdauer von Fällungsbewilligungen wurde von 3 auf 5 Jahre verlängert. Die Genehmigung von Fällungsplänen ist allerdings nicht mehr vorgesehen.
Klarere Regelungen zum Schutzwald bringt die neue Differenzierung zwischen Standortschutzwald und Objektschutzwald. Ersterer entspricht unverändert dem bisherigen Schutzwaldbegriff. Der Objektschutzwald dient dem Schutz von Menschen, menschlichen Siedlungen, Anlagen oder kultivierten Böden. Die bisherigen Schutzwaldbestimmungen gelten für beide Kategorien weiter, Unterschiede gibt es hinsichtlich der Verpflichtung zur Kostentragung: Im Standortschutzwald bezieht sich die bisherige Regelung nunmehr ausdrücklich auf Erträgnisse aus Fällungen in diesem Schutzwald (bisher: im Schutzwald allgemein). Im Objektschutzwald ist der Waldeigentümer nur insoweit verpflichtet, als die Kosten durch öffentliche Mittel oder Zahlungen durch Begünstigte gedeckt sind. Bannwälder sind Objektschutzwälder, die der direkten Abwehr bestimmter Gefahren dienen. Für sie gelten die selben Bestimmungen wie bisher, neu ist der Hinweis auf öffentliche Mittel, die die Verpflichtung zur Kostentragung durch den Begünstigten einschränken. Der Agrarausschuss hat festgestellt, dass bei Wäldern, die sowohl Objekt- als auch Standortschutzwälder sind, über die Einschränkungen zur Kostentragung durch die Waldeigentümer für Objektschutzwald hinaus auch jene für Standortschutzwald gelten.
Kampfzone inklusive. Die Bestimmungen für Objektschutzwälder beziehen sich auch auf den Bewuchs in der Kampfzone des Waldes, soweit ihm gemäß Waldentwicklungsplan eine hohe Schutzwirkung zukommt. Die Bestimmungen zum Schwenden des Bewuchses in der Kampfzone bleiben für im Kataster eingetragene Alpen oder landwirtschaftlich genutzte Grundstücke gleich, zusätzlich kann es auf sonstigen Flächen bewilligt werden, wenn dem Bewuchs keine hohe Schutzwirkung (bisher: Schutzwirkung schlechthin) gemäß WEP zukommt.
Biotopschutzwälder sind neu ins Forstgesetz aufgenommen worden: Als Wälder mit besonderem Lebensraum gelten Naturwaldreservate aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen, Waldflächen in Nationalparken, Naturschutzgebieten oder Natura 2000-Flächen. Auf Antrag des Waldeigentümers oder der Naturschutzbehörde mit Zustimmung des Waldeigentümers kann die Forstbehörde Ausnahmen von forstrechtlichen Bestimmungen (Wiederbewaldung, Waldverwüstung, Schutzwaldbehandlung, Forstschutzmaßnahmen, Hiebsunreife) anordnen. Bei Gefahr im Verzug ist abzuändern bzw. zu widerrufen, gegebenenfalls auch auf Antrag des Eigentümers von angrenzendem Wald. Biotopschutzwälder sind auch im WEP darzustellen.
Die Bestimmungen zur Erholungsnutzung wurden nicht wesentlich verändert. Waldsperren können jetzt auch von Amts wegen auf ihre Zulässigkeit überprüft werden, bei Sperren auf Grundlage eines anderen Bundesgesetzes oder Landesgesetzes können Tore oder Überstiege angeordnet werden, soweit das mit Zweck und Rechtsgrund der Sperre vereinbar ist. Hinsichtlich der Frage des Radfahrens im Wald sei auf die Entschließung des Nationalrates vom 31. Jänner 2002, eingebracht vom Sportausschuss (!), verwiesen, der Sportministerin, Wirtschaftsminister und Landwirtschaftsminister ersucht, den partnerschaftlichen Ausbau des Radwegenetzes gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden zu unterstützen und möglichst alle für das „Mountainbiking” besonders geeigneten und mit den Grundbesitzern vertraglich vereinbarten Forststraßen hiefür zu erschließen, wobei zeitliche Beschränkungen vorzusehen wären, um erhöhte Gefahrenpotenziale für die Benutzer auszuschließen und ökologisch kritische Situationen zu vermeiden. Der Gesetzgeber hat damit abschließend deutlich zu erkennen gegeben, dass er keine Änderung der Gesetzeslage zum Radfahren im Wald beabsichtigt.
Praxisgerechtere Forstschutzbestimmungen. Die Möglichkeit, durch Verordnung eine verschärfte Anzeigepflicht vorzuschreiben, entfällt. Die für die forst- und holzwirtschaftliche Praxis und die Behörden wegen ihrer unrealistisch rigorosen Formulierung kaum einzuhaltenden Forstschutzbestimmungen wurden so geändert, dass sie nun auf die „drohende Gefahr” abstellen und dieses Kriterium für Vorbeugung und allfällige Bekämpfung gilt. Auch die Forstschutzverordnung wird daran anzupassen sein.
Forststraßen werden neu definiert, für temporäre Rückewege gelten die bisherigen Bestimmungen für die Bringung ohnedies. Der Anlagenbegriff Forststrasse umfasst nun drei Kriterien, die miteinander zutreffen müssen:
- dient der Bringung und dem wirtschaftlichen Verkehr innerhalb der Wälder sowie der Verbindung mit dem öffentlichen Verkehrsnetz und
- für eine Dauer von mehr als einem Jahr angelegt und
- mit der Errichtung verbundene Erdbewegungen machen mehr als einen halben Meter aus oder Schotterung oder Befestigung auf mehr als einem Drittel der LängeDer Ausschuss hat festgestellt, dass die Änderung zum bisherigen Niveau entlang der in Frage stehenden Geländeeingriffe von ihrem Beginn aus, das ist die Abzweigung von einer schon bestehenden privaten oder öffentlichen Straße, bis zu deren Ende im Gelände bzw. ihrer Einmündung in eine schon bestehende private oder öffentliche Straße im Abstand von jeweils 10 m durch lotrechte Messung festzustellen ist. Sind mindestens 90% der Messergebnisse kleiner als 0,5 m und liegt kein Messergebnis über einem Meter, so ist auf Grund dieses Kriteriums der Tatbestand Forststrasse nicht gegeben.
Befugnisse vereinfacht. Die Befugnisse für Planung und Bauaufsicht von Bringungsanlagen wurden vereinfacht: Planungsbefugnis für Forstakademiker, Bauaufsicht für Absolventen einer Försterschule.Das Bewilligungsverfahren für Bringungsanlagen wurde zweckmäßiger gestaltet. Die Frist für die Anmeldung nicht bewilligungspflichtiger Forststraßen beträgt nun 6 Wochen (bisher 4 Wochen). Innerhalb dieser Frist hat die Behörde die Errichtung zu untersagen, wenn sie nicht den gesetzlichen Grundsätzen für Bringungsanlagen entspricht, anderenfalls gilt sie als genehmigt. Das Berühren öffentlicher Interessen löst dann keine Bewilligungspflicht von Bringungsanlagen mehr aus, wenn der Antragsteller eine schriftliche Zustimmung der für das betreffende öffentliche Interesse zuständigen Behörde vorlegt.
Neue Staatsprüfungsverordnung kommt. Die Ausbildungserfordernisse für Forstorgane (Forstwirte, Forstassistenten, Förster, Forstadjunkten, Forstwarte) sind unverändert, die Staatsprüfungen beziehen sich auf den leitenden Forstdienst (höherer Forstdienst, Försterdienst). Die Forstliche Staatsprüfungsverordnung wird neu zu fassen sein. Die Zulassungsbedingungen sind einfacher: Pflichtpraxis 2 Jahre (bisher 3 Jahre) auf für die Berufsausübung als leitendes Forstorgan maßgeblichen Gebieten (bisher: unter Leitung eines Forstwirtes), Entfall des Themenbuches.
Weniger Pflicht-Forstorgane. Die Pflicht zur Bestellung von Forstorganen besteht für Eigentümer von Wäldern im Ausmaß von mindestens 1000 ha (bisher 500 ha), wenn diese eine wirtschaftliche Einheit bilden. Ihr ist entsprochen, wenn für jeden Pflichtbetrieb unter 3600 ha ein Förster, über 3600 ha ein Forstwirt bestellt wird, ab 6600 ha sind weitere Forstorgane (eines je 3000 ha) zu bestellen. In den Erläuterungen wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch Ziviltechniker und Technische Büros für Forstwirtschaft betraut werden können, wenn die aus diesem Kreis kommende Person die vorgesehene Staatsprüfung für den leitenden Forstdienst abgelegt hat. Die Verpflichtung, dass Forstorgane ihren Dienst in dem ihnen übertragenen Dienstbereich hauptberuflich ausüben und dort wohnen, entfällt, ebenso die bisherigen Sonderbestimmungen für die Bestellung von Ziviltechnikern und die bisherigen Ausnahmeregelungen mit Ausnahme jener, dass Waldeigentümer sich auch selbst namhaft machen können, wenn sie den Bestellungserfordernissen Genüge leisten. Aus den Erläuterungen ergibt sich, dass selbstverständlich auch weiterhin eine Stelle mit einem höher ausgebildeten Forstorgan besetzt werden kann.
Verwaltungsvereinfachungen im Bereich der Behörden, Reorganisation der FBVA und Anpassung der Bestimmungen zur Förderung an das Forstkapitel der EU-Verordnung zur Entwicklung des Ländlichen Raumes sind der Inhalt der übrigen neuen Bestimmungen in der Forstgesetz-Novelle 2002, die aus Platzgründen und wegen ihres nicht unmittelbaren Bezugs zur wirtschaftlichen Praxis der Forst- und Holzwirtschaft an dieser Stelle nicht gesondert dargestellt werden.