Jahresringeanalyse für 2500 Jahre: Ulf Büntgen entnimmt eine Holzprobe aus einem historischen Gebäude im Schweizer Lötschental (Wallis) © WSL
Die lückenlose Rekonstruierung gelang dank der Untersuchung von Jahresringen von rund 9000 subfossilen und archäologisch-historischen Hölzern sowie lebenden Bäumen in Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich. Die Jahresringeforschung (Dendrochronologie) erlaubt eine zuverlässige Einschätzung von Temperatur und Feuchtigkeit pro Jahr während der Wachstumszeit. Die Studie unter der Leitung von Ulf Büntgen von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und der Universität Bern zeigt den Einfluss vergangener Klimavariabilität auf historische Entwicklungen.
„Während der Römerzeit war das Klima überwiegend feucht-warm und vergleichsweise stabil“, erklärt Büntgen. Mit dem Zerfall des Weströmischen Reiches wurde es ab 250 n. Chr. deutlich kälter und wechselhafter. Diese Phase starker Klimaschwankungen dauerte über 300 Jahre und überlagerte die Völkerwanderung. Zunehmende Temperaturen und Niederschläge ab dem 7. Jahrhundert begünstigten wahrscheinlich den kulturellen Aufstieg des Mittelalters. Naheliegend ist auch ein klimatischer Einfluss auf die Verbreitung und Virulenz der Pest nach 1347.
Die Studie stellt das vom Menschen beeinflusste Klima des 20. Jahrhunderts seiner natürlichen Variabilität gegenüber. Im Kontext der natürlichen Klimadynamik erscheinen die Sommer des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts außergewöhnlich warm. Frühere Änderungen der Niederschläge hingegen haben die heutigen Messwerte durchaus übertroffen.