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LFD Dr. Walter Wolf sieht trotz eines gestiegenen Rehwildabschussniveaus in Oberösterreich noch Handlungsbedarf in Gebirgsrevieren. © Heidelbauer

Wald-Wild-Lösungsansätze

Ein Artikel von DI Martin Heidelbauer | 12.04.2012 - 15:50
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LFD Dr. Walter Wolf sieht trotz eines gestiegenen Rehwildabschussniveaus in Oberösterreich noch Handlungsbedarf in Gebirgsrevieren. © Heidelbauer

Mit der oberösterreichischen Abschussplanverordnung 1994 kam es zu einer Versachlichung des Wald-Wild-Problems. Forstleute und Jäger erheben gemeinsam auf Vergleichs- und Weiserflächen den Verjüngungszustand, der für die Abschussfestsetzung maßgeblich ist. Das System ist auf Vertrauen aufgebaut. Seither hat sich die Verjüngungssituation generell verbessert. Die meisten Verbissprobleme hat man aber in den Gebirgsrevieren“, verwies LFD Dr. Walter Wolf. Laubholz wird stärker als Tanne verbissen. Doch sind die Auswirkungen bei Tanne gravierender. In den vergangenen 50 Jahren hat sich der Rehwildabschuss von 43.000 Stück (1961) auf 76.000 Stück (2011) fast verdoppelt. Als weiters positiv betrachtete Wolf, dass die bockbetonte Jagd überwunden wurde und man vermehrt weibliches Wild erlegt. Außerdem wurde Fallwild aus der Abschussplanung herausgenommen. Insgesamt konnte eine Anhebung des Rehwild-Abschussniveaus seit Inkrafttreten der Abschussplanverordnung beobachtet werden.
„Bei Rotwild konnten aber keine nachhaltigen Verbesserungen durch die Abschusserhöhungen festgestellt werden. Die Abschusserfüllung lag in den vergangenen 20 Jahren nur zwischen 70 und 90 %. Die Rotwildbestände steigen daher an. Insbesondere auf Schadflächen im Gebirge besteht Handlungsbedarf. Hier erfüllen auch die Österreichischen Bundesforste ihre Vorbildfunktion nicht so, wie sie sollten. Außerdem gehen die Gamsabschusszahlen durch zu starke Zurückhaltung und schlechte Abschusserfüllung seit 1990 zurück“, betonte Wolf.

Deutliche Abschusserhöhung nach Windwurf

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Franz Obermayer konnte in seinem bayerischen Forstrevier Laubau deutliche Wildstandreduktionen durch Bewegungsjagden mit Hunden erzielen. © DI Martin Heidelbauer

„Durch die Stürme Kyrill und Emma fielen im Forstbetrieb Ruhpolding der Bayerischen Staatsforsten 252.000 fm Sturm- und 133.000 fm Käferholz in meist unerschlossenen Schutzwäldern an. Um einen zukunftsfähigen Wald zu begründen, stellt die Jagd einen entscheidenden Faktor dar. Im bayerischen Staatswald dürfen Jagden im Schutzwald nicht verpachtet werden“, berichtete Revierleiter Franz Obermayer. Zu den waldbaulichen und jagdlichen Zielen im Revier Laubau zählen die Verjüngung aller Haupt- und Nebenbaumarten ohne Schutzmaßnahmen sowie die Steigerung der jagdlichen Effizienz. „Während der Abschuss 1993 im 4000 ha großen Revier bei 70 Stück Schalenwild lag, erfolgte nach dem Windwurf eine Erhöhung auf 160 bis 200 Stück pro Jahr. Überdies wurden die Fütterungen aufgelassen. Qualifizierte und interessierte Privatjäger erhielten einen unentgeltlichen Jagderlaubnisschein“, erklärte Obermayer. Weiters wurden alle Jagdarten und vor allem die Bewegungsjagden mit Hunden intensiviert. Hierfür setzte der Revierleiter seine beiden Jagdbracken ein. Meist jagte man in Gruppen zu fünfs bis zehn Personen. Auch jagdliche Verantwortungsbereiche für Förster und Berufsjäger wurden geschaffen. Im Bedarfsfall erfolgte eine Schonzeitaufhebung für 5 Jahre in Schutzwaldsanierungsgebieten. Auf definierten Flächen gab es eine Ganzjahresjagd. Jährliche Verbisstrakt-Aufnahmen dienten der Erfolgskontrolle. Während 1992 noch 33,5 % der Tannen verbissen waren, ging dieser Wert 2010 auf 6 % zurück. Die Abschüsse liegen derzeit stabil bei 130 Stück pro Jahr (85 Reh-, 35 Gams-, 10 Rotwild), wobei 50 % von Erlaubnisscheinnehmern getätigt werden.

Reden allein genügt nicht

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DI Mag. Johannes Wohlmacher mahnt die Wildmanagement-Lösungkompetenz von Forst und Jagd ein, um diese nicht an andere zu verlieren. © DI Martin Heidelbauer

„Die naturnahe Waldbewirtschaftung stellt eine jagdliche Herausforderung dar. Das Aufkommen der Naturverjüngung muss ohne Schutzmaßnahmen möglich sein. Die Verwirklichung der waldbaulichen Ziele ist entscheidend für den Abschuss“, erläuterte FM DI Mag. Johannes Wohlmacher, Forstverwaltung Stift Schlägl. Seit 1970 wird dort der Wildverbiss zur Festlegung der Abschusshöhe herangezogen. „Eine Wildstandsreduktion ist nur über den Abschuss weiblicher Stücke zu erzielen. 70 % der Jagdfläche werden von einem Forstpersonal bejagt. Damit hat man direkten Einfluss auf die Verjüngungssituation“, berichtete der Forstmeister. Zusätzlich werden Fütterungen nicht auf der ganzen Fläche, sondern nur schwerpunktmäßig errichtet.
Bei den Jungbäumen wird auf eine artenreiche und vitale Entwicklung geachtet. Wo besondere Probleme auftreten, kommt es zu Schwerpunktbejagungen. „Um den Wald natürlich zu verjüngen, bedarf es eines entsprechenden Waldbaus. Forst und Jagd müssen sich die Lösungskompetenz bewahren und Wildprobleme lösen – sonst werden es andere machen. Reden allein genügt nicht, es muss auch gehandelt werden“, appellierte Wohlmacher.

Offenheit statt Diskriminierung

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Dr. Friedrich Völk rät, Beobachtungsgabe und Hausverstand zu nutzen. © Heidelbauer

„Die menschliche Komponente, wie miteinander reden oder Vertrauen aufbauen, ist einer der Schlüsselfaktoren zur Lösung der Wald-Wild-Frage“, unterstrich Dr. Friedrich Völk, Österreichische Bundesforste (ÖBf). Meist stehen aber Maßnahmendiskussionen im Vordergrund, kritisierte er. Die Offenlegung der jagdlichen Ziele und der tatsächlichen Motive (Geld, Einfluss, Neid, Geltungsbedürfnis) wird allzu gerne übersprungen. Diskussionen über die Bedeutung aktueller Rahmenbedingungen, regionaler Ziele und ideeller Werte werden oft vernachlässigt.
„Überdurchschnittliches Verbissschadensrisiko besteht auf seicht- und mittelgründigen Karbonatstandorten, wovon die ÖBf viele besitzen. Auf diesen Laubbaum-Zwangsstandorten besteht Entmischungsgefahr. Rehwildfütterungen sollten daher vermieden werden“, riet Völk. Überdies bewirke starker Jagddruck eine Erhöhung des Schälrisikos. Der Jagdexperte empfahl, für das Rotwild unkalkulierbar zu werden. Man sollte beispielsweise nicht immer am gleichen Pirschsteig zum gleichen Hochstand gehen. Statt der Anwendung von „Rezepten“ wäre es besser, Beobachtungsgabe und Hausverstand zu nutzen. Nützlich ist auch, das Bejagungs- und Überwinterungskonzept abzustimmen. So könnte die Saftfuttervorlage erst nach Erfüllung des Kahlwildabschusses erfolgen. „Das direkte Ansprechen von Konflikten ist meist sinnvoller als über Umwege, wie beispielsweise Medienberichte. Offenheit statt Ausgrenzung bringt uns weiter“, meinte Völk.