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Dr. Nikolaus Lienbacher © DI Andreas Fischer

Machtlos oder nur zu träge?

Ein Artikel von DI Andreas Fischer | 04.11.2012 - 15:18
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Dr. Nikolaus Lienbacher © DI Andreas Fischer

Die Bauernbefreiung und Grundentlastung im Jahr 1848 bildete die Grundlage für einheitliches Eigentumsrecht (ABGB). Das Staatsgrundgesetz 1867 machte die Unverletzlichkeit des Eigentums, die Aufhebung jedes Untertänigkeits- und Hörigverbandes sowie die Erwerbsfreiheit und Liegenschaftserwerbsfreiheit zu den wichtigsten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten”, erläuterte Dr. Nikolaus Lienbacher, Kammeramtsdirektor der Landwirtschaftskammer Salzburg. Nach den Gesetzmäßigkeiten der Marktwirtschaft wurden vermögenswerte Privatrechte in einer Reihe von Spezialgesetzen geregelt. „Sowohl Verfassungsrecht als auch Privatrecht lassen Beschränkungen und Verpflichtungen des Eigentums aufgrund von Gesetzen oder durch Gesetze im Sinne des Gemeinwohls zu Beschränkung des Eigentums zu”, schilderte Lienbacher.

Der Gesetzgeber kann verfassungsrechtlich einwandfreie Eigentumsbeschränkungen verfügen. Voraussetzung hierfür ist, dass er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes der Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt. „Die Eigentumsbeschränkung muss im öffentlichen Interesse liegen und darf nicht unverhältnismäßig sein”, verwies Lienbacher.

Es gibt internationale und völkerrechtliche wie auch europarechtliche Normen, die das Waldeigentum beeinflussen. Zudem bestehen nationale Rechtsnormen im Bundes- und Landesrecht. Forstgesetzliche Beschränkungen schlagen sich in Bewirtschaftungsge- und -verboten, in Duldungs- und Bewilligungspflichten, in Anzeige- und Meldepflichten, in Planungsmaßnahmen etc. nieder. Festzuhalten ist: Eigentumsbeschränkungen sind differenziert zu betrachten (Eigen-/ Fremdnützigkeit). Sie sind für sich allein zumeist grundrechtskonform. Die Zunahme von Beschränkungen im öffentlichen Interesse betrifft vor allem Natur- und Umweltbelange. Einzelne Beschränkungen können in kumulierender Wirkung „gesellschaftliches Obereigentum“ in verfassungswidriger Weise begründen („Gullivereffekt”).

Schlussfolgerungen

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Tagungsort im Schloss Reichenau © DI Andreas Fischer

„Die Grenze der Sozialpflichtigkeit des Eigentums wird dort zu ziehen sein, wo der Eigentümer aus seinem Eigentum weder einen nachhaltigen Ertrag erzielen, noch den vielschichtigen gesetzlichen Anforderungen Rechnung tragen kann”, betonte Lienbacher. Der Gesetzgeber sei gefordert, gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein Mindestmaß an Eigentumsfreiheit garantieren. „Der Eigentümer darf nicht Verwalter seines Eigentums werden”, warnte Lienbacher. Vielmehr müsse der Grundsatz der Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit, vertragliche Regelungen an Stelle hoheitlicher Eingriffe und eigentumsfreundliche(re) Politik im Blickfeld aller Beteiligten stehen.

Auf die Frage von Dr. Klaus Natlacen, Wr. Neustädter Samenhaus und Forstbaumschulen Natlacen, ob denn die angedachte Einführung von Vermögenssteuern durch ein Bundesgesetz verfassungsrechtlich gedeckt sei, lautete die Antwort: „Es wird ein jedes Gesetz vor Verabschiebung auf Verfassungskonformität geprüft. Dem Verfassungsgerichtshof obliegt es, die Einhaltung der Verfassung zu kontrollieren. Eine unterschiedliche steuerliche Belastung von Grundbesitz und sonstigem Vermögen wäre nur schwer mit dem Gleichheitssatz im Verfassungsrecht vereinbar.”

Aktiv Verantwortung wahrnehmen

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FD DI Andreas Januskovecz © DI Andreas Fischer

„Wir müssen das Waldeigentum mit der Gesellschaft teilen. Die Forstwirtschaft hat ihre Verantwortung gegenüber Dritten wahrzunehmen, nicht nur in Österreich sondern weltweit”, brachte es FD DI Andreas Januskovecz, Forstamt der Stadt Wien – MA 49, auf den Punkt. Neben gesetzlichen Beschränkungen seien die Waldeigentümer auch durch abiotische und biotische Einflüsse benachteiligt. Hinzu kämen noch freiwillig auferlegte Beschränkungen aufgrund der jeweiligen Betriebs- oder Eigentümerziele. „Punkto finanzieller Entschädigungen schauen wir meist nur neidvoll in Richtung Landwirtschaft. Wir hätten jedoch wesentlich mehr Handlungsspielräume als wir tatsächlich wahrnehmen”, bemängelte Januskovecz. Gesetzliche Regelungen dürfe man nicht nur als Einschränkungen sehen, sie eröffnen auch Freiheiten. Beispielsweise ließen sich in der Jagdausübung auch andere Vertragspartner oder Bejagungsformen wählen.

Vor allem im Großwald sei man aufgefordert forstliche Schlüsselthemen von der Picke auf zu beackern und gesellschaftliche Wissenslücken auszumerzen. „Viele Waldbesitzer machen genau das Gegenteil und lehnen sich nobel zurück. Das dient einer uns förderlichen Bewusstseinsbildung nicht. Es ist unsere Aufgabe die richtigen Kommunikationskanäle zu finden”, mahnte Januscovecz. So gebe es auch für den bäuerlichen Kleinwald bezahlte Vertreter und professionellere Möglichkeiten das zu tun.

Realitätsfremd

FD DI Rolf Bernot, Wirtschaftsführer der Fürstenberg`schen Forst- und Güterverwaltung Weitra, erzählte in der Diskussion aus dem Erfahrungsschatz seiner beruflichen Laufbahn: „Wir wurden zum Beispiel angezeigt, weil wir lebende Bäume umschneiden. Die Frage, ob man denn lieber einen wurmstichigen Dachstuhl im Hausbau verwenden wolle, wurde von der selben Person verneint. Es fehlt der Realitätssinn!”

Weiters macht sich ein sozialer Wertewandel breit. „Unsere Gesellschaft wird zunehmend vom städtischen Umfeld geprägt. Viele Menschen glauben, dass wir am Land einen Naturraum und keine Kulturlandschaft haben,” sagte FM DI Christian Berner, Erzbischöfliches Forstamt Kirchberg/Wechsel. Er ortet auch ein starkes Abrücken vom anthropozentrischen Weltbild. „Tiere haben heute mehr Rechte als Menschen.” Eine Bestätigung sieht Berner in der jüngsten Wolfsrückkehr im Gesäuse: „Früher wäre dem Wildtier nachgestellt worden, jetzt zwingt die Diskussion den Schäfer zum Aufgeben.” Schwieriger wird es auch gesetzliche Bestimmungen in der Praxis zu exekutieren. So zog heuer erstmals ein Harvester vorzeitig von Tannen, weil neugierige Personen immer wieder den Einsatzort durchkreuzten. „Obwohl der Waldort im Vorfeld großzügig abgesperrt worden ist, wären viele am liebsten über die Maschine gekraxelt. Wie soll man damit umgehen?”, hinterfragte Berner.„Den meisten Waldnutzern ist es ziemlich egal, wer der Besitzer ist. Mit der Waldöffnung rückte das Freizeitvergnügen in den Vordergrund. Meinungskonflikte gibt es heute genauso auch zwischen Mountainbikern und Wanderern”, warf ein Tagungsbesucher ein.

Sisyphusarbeit

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Herbstwald in Reichenau/Rax © DI Andreas Fischer

In Bezirken, wo eine hohe Wilddichte vorhanden ist, sind Kleinwaldbesitzer oft machtlos, wenn es um Fragen der Wildregulierung gehe. „Im Großwald kann das Betriebsziel Wildreduktion oder -hege in der Regel viel einfacher umgesetzt werden”, lautete ein weiterer Einwand. Ein Kleinwaldbesitzer verrichte selbst bei noch so großen waldbaulichen Bemühungen Sisyphusarbeit, wenn die Interessen der Jagdausübenden auf seinem Grundstück andere als seine sind. „Wohin es nicht laufen soll ist, dass wir Papiere unterfertigen, die nicht gelebt werden”, manifestierte Januskovecz. Es mache auch keinen Sinn, dass Funktionäre eines Landesjagdverbandes, wie in Kärnten (seit 2005) oder nun auch in der Steiermark (durch Übertragung von wichtigen Aufgaben seitens der Landesregierung) faktisch Behörde sind.

„Die neuen Jäger sind hauptsächlich Akademiker, ohne Beziehung zu Grund und Boden. Es ist deshalb wichtig, angehende Land- und Forstwirte bereits in landwirtschaftlichen Fachschulen zur Jagdprüfung zu bringen. Den Jungjägern muss dann aber auch die Möglichkeit geboten werden, ausgehen zu können”, forderte FD DI Werner Löffler, Landwirtschaftskammer Niederösterreich. „Die Stadt Wien wendet wirklich viel Steuergeld auf, um der Bevölkerung zu erklären, warum wir Quellschutzwälder brauchen oder welche Waldwirkungen es gibt. Das wird in Umfragen dann auch regelmäßig abgefragt. Ergebnis ist, dass selbst nach solchen Informationskampagnen viel zu wenige wissen, was Sache ist. Die Durchdringung in der Bevölkerung ist schlecht. Unsere wichtigsten Botschaften müssen mehrmals wiederholt werden, bis sie verstanden werden”, argumentierte Januskovecz. LFD DI Hubert Schwarzinger hob in diesem Zusammenhang die Erfolgsgeschichte „25 Jahre Waldjugendspiele” in Niederösterreich hervor. Die Information, dass Holz ein nachhaltiger Rohstoff ist, sei gut angekommen.

Multifunktional Denken

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Univ.-Prof. Dr. Walter Sekot, Universität für Bodenkultur © DI Martin Heidelbauer

„Die Diskussion erinnert mich an einen Cartoon in der Österreichischen Forstzeitung, der besagte: ,Man muß ertragen lernen, was man nicht vermeiden kann‘ bzw. ,Man muß vermeiden lernen, was man nicht ertragen kann.‘ Die heutigen Ausführungen legen uns beides eindrucksvoll nahe”, kommentierte Ao.Univ.-Prof. DI Dr. Walter Sekot, Universität für Bodenkultur Wien. Er erinnerte an Multifunktionalität versus „Kielwassertheorie”. Viele Naturnutzer sehen keine Notwendigkeit, für etwas zu bezahlen, das sie nicht verbrauchen. Dort, wo eine solche Bereitschaft bestehe, liegt die Herausforderung beim Eigentümer auf freiwilliger Basis vermarktbare Leistungen zu vereinbaren und umzumünzen. Nach einer Veranstaltung zum Thema „multifunktionaler Wald” kamen vor Kurzem 80 Revierleiter der ÖBf zum Ergebnis, „dass ein paar Forstleute die Entwicklungen in der Gesellschaft nicht aufhalten werden können”, teilte ein Vertreter der Bundesforste mit. „Wenn wir auf neue Strömungen nur einschränkend reagieren und diese nicht als Chance nutzen, werden wir von der Öffentlichkeit negativ wahrgenommen.” Wichtig ist es bereits am Beginn neuer Bestrebungen als Partner aufzutreten und vertragliche Vereinbarungen zu treffen, die für beide Seiten in Ordnung sind. „Das wäre für uns die beste Öffentlichkeitsarbeit, bei der wir auch noch etwas verdienen können”, lautete seine Einschätzung dazu.

In einer Reaktion wurde auf das Phänomen des „Greenings” verwiesen: „Nachdem wir unsererseits klare Regelungen für ein bestimmtes Angebot getroffen hatten, stand sofort die nächste Anfrage ins Haus. Gibst du den kleinen Finger, will man die ganze Hand!”

Nicht in Burg sitzen und mauern

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V. li.: Geschäftsführer DI Markus Reichenvater mit Referent DI Mag. Dr. Nikolaus Lienbacher MBA sowie den Vizeobleuten DI Hubert Schwarzinger und DI Andreas Januscovecz © DI Andreas Fischer

„Wir sollten vielleicht die getroffenen Vorkehrungen eines Belagerungszustandes aufgeben. Wir verhalten uns schon lange Zeit wie in einer Festung, die es zu verteidigen gilt”, formulierte es Forstdirektor Bernot. „Dass der Staat uns entsetzt, halte ich eher für unwahrscheinlich. Ausfällige in unserer Runde orte ich schon eher”, erheiterte Bernot. (Anmerkung: Kommen den Belagerten befreundete Truppen von außen zu Hilfe, spricht man von Entsatz. Verlässt umgekehrt ein Teil der Belagerten die Festung, um die Belagerer anzugreifen, dann spricht man von einem Ausfall.).

FM Berner stellte auch die Möglichkeit eines freiwilligen Zusammenschlusses von Eigentümern land- und forstwirtschaftlicher Flächen am Beispiel von BIOSA in den Raum. Die Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit sei eine der wichtigsten Aufgaben dieser Kommunikationsplattform. In Hinblick auf die schlechte Personalausstattung vieler Forstbetriebe könnte auch bei unterschiedlichen Zielsetzungen viel zum gemeinsamen Vorteil erreicht werden.