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Abb. 1: Das Tiroler TBC-Bekämpfungsgebiet ist in vier Zonen eingeteilt. Dort wurden bis Ende November 930 Stück Rotwild geschossen. © Kössler

TBC-Bekämpfung auf gutem Weg

Ein Artikel von HR Dr. Josef Kössler, Landesveterinärdirektor Tirol | 26.02.2013 - 18:56
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Abb. 1: Das Tiroler TBC-Bekämpfungsgebiet ist in vier Zonen eingeteilt. Dort wurden bis Ende November 930 Stück Rotwild geschossen. © Kössler

Seit 1999 wurden sowohl beim Rotwild als auch bei Rindern im Bezirk Reutte – Region Oberes Lechtal – laufend Fälle von Tuberkulose festgestellt. Nach fachlicher Einschätzung stellt der Rotwildbestand derzeit das Erregerreservoir für diese Erkrankung sowohl bei Nutz- als auch bei Wildtieren dar, wodurch ein erhebliches Infektionsrisiko ausgehend von erkrankten Rotwildstücken für gealpte Rinder und in der Folge auch für die Bevölkerung besteht. Das Kerngebiet des TBC-Seuchengeschehens stellen die in der Gemeinde Steeg gelegene Reviere dar, wo im Umkreis von zwei großen Winterfütterungen nördlich des Lech eine Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) von über 30 % TBC-positives Rotwild als „hot spot“ detektiert wurde.
Die in den vergangenen Jahren im Bezirk Reutte nach dem Tiroler Jagdgesetz gesetzten Maßnahmen zur Reduktion der Rotwilddichte haben leider zu keiner nennenswerten Reduktion der TBC-Prävalenz geführt. Eine weitere Erhöhung des Jagddruckes erschien aus der Sicht der Tierseuchenbekämpfung auch deshalb nicht sinnvoll, weil dadurch eine Verteilung der infizierten Rotwildpopulation auf ein größeres Gebiet und damit eine Begünstigung der Ausbreitung der Tuberkulose zu befürchten ist.
Falls es nicht gelingt, die Tuberkulose einzudämmen, droht der Verlust der Anerkennung der Tbc-Freiheit für die Region Tirol und in weiterer Folge unter Umständen für das Bundesgebiet. Der Erhalt dieser Anerkennung ist Grundvoraussetzung für den Binnenhandel von Rindern und vor allem auch für den wirtschaftlich bedeutenden Export von Rindern in Drittländer (Russland, Algerien, Türkei) mit den ausverhandelten Gesundheitszertifikaten.

Bekämpfungszonen geschaffen

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Die Reinigung und Desinfektion der Rotwildfütterungen in der Bekämpfungszone wird amtstierärztlich überwacht. © Kössler

Auf Grundlage der Rotwild-Tbc-Verordnung hat das Gesundheitministerium 2011 im oberen Lechtal ein 35.000 ha großes Seuchengebiet festgelegt. Es ist in eine Überwachungs- (30.000 ha) und eine Bekämpfungszone (5000 ha) untergliedert, die sich wiederum aus einem Kerngebiet („hot-spot“ mit über 30 % Prävalenz) und einem Sicherungsgebiet zusammensetzt (sh. Abb. 1). Im heurigen Jagdjahr wurde die Überwachungszone um weitere 30.000 ha erweitert (Überwachungszone 2), um eine entsprechende Pufferzone zu den TBC-freien Revieren zu schaffen.
Seit dem Jagdjahr 2011/2012 werden die Abschussvorgaben im Seuchengebiet nicht mehr nach dem Tiroler Jagdgesetz festgelegt sondern nach veterinärfachlichen Gesichtspunkten aufgrund der Rotwild-Tbc-Verordnung angeordnet. Als Grundlage für die Festlegung der Abschussanordnungen dienten die von der Jägerschaft gelieferten Wildzählungen, die, mittels vom Hubschrauber aus mit einer Wärmebildkamera gemachten Aufnahmen, objektiviert worden sind. Das im Seuchengebiet erlegte Rotwild (einschließlich Fallwild) wird lückenlos vom Amtstierarzt auf Anzeichen von TBC untersucht.
Ausgangsbasis für die jagdliche Maßnahmen und Entnahme im Gatter waren gezählte und geschätzte 350 Stück Rotwild. Im ersten Jahr konnte eine Reduktion um etwa 80 % erreicht werden.
Im Jagdjahr 2011/2012 ist es gelungen, den Rotwildbestand in der Bekämpfungszone (etwa 5000 ha) durch jagdliche Maßnahmen und Entnahme im Gatter weiter drastisch zu reduzieren. Von dem zu Beginn des Jagdjahres in diesem Gebiet gezählten Rotwildbestand von 100 bis 120 Stück wurden bis Ende November 70 Stück erlegt, bis Jahresende sollen noch weitere jagdliche Entnahmen erfolgen. Die bei den erlegten Stücken festgestellte Durchseuchungsrate ist im Vergleich zum Vorjahr auf etwa ein Drittel des Ausgangswertes gesunken (8 von 70 erlegten Rotwildstücken zeigten Veränderungen, die auf TBC schließen lassen).

930 Stück Rotwild bis Ende November entnommen

In der Überwachungszone 1 (30.000 ha) waren die Reduktionsmaßnahmen weniger erfolgreich (nur etwa 10 %). Wie zu erwarten war, konnte die Durchseuchungsrate in diesem Gebiet daher auch nicht wesentlich gesenkt werden und liegt bei etwa 6 %. In der im heurigen Jagdjahr neu eingerichteten Überwachungszone 2 (zusätzlich 30.000 ha) wurde beim erlegten Rotwild bis jetzt lediglich ein TBC-Verdachtsfall festgestellt.
Insgesamt wurden im laufenden Jagdjahr im ausgewiesenen Seuchengebiet (Bekämpfungszone, Überwachungszone 1 und Überwachungszone 2) bis Ende November 930 Stück Rotwild erlegt, davon wiesen insgesamt 26 Stück Veränderungen auf, die auf TBC schließen lassen. Die Laboruntersuchungen der von den verdächtigen Stücken eingesandten Proben sind noch nicht abgeschlossen.

Nur noch zwei Rinder erkrankt

Das Gatter im Kerngebiet der Bekämpfungszone wurde mit Wintereinbruch Ende November wieder in Betrieb genommen. Dort soll das verbleibende Rotwild, das bis Jahresende mit jagdlichen Methoden nicht erlegt werden konnte, veterinärfachlich entnommen werden. Die heurigen TBC-Untersuchungen der Rinderbestände im oberen Lechtal (samt der in diesem Gebiet im Sommer gealpten auswärtigen Rinder) wurden Anfang Mitte Dezember abgeschlossen. Dabei wurden in mehreren Rinderbeständen TBC-Verdachtsfälle im Hauttest festgestellt. Bei der anschließenden diagnostischen Tötung und Sektion der verdächtigen Rinder wurde der Verdacht bei zwei einzelnen Rindern aus zwei Beständen durch die patho-anatomischen Veränderungen und den PCR-Schnelltest erhärtet. Für die übrigen Bestände konnte Entwarnung gegeben werden. Somit zeigen sich nunmehr die ersten Erfolge in der Rotwild-TBC-Bekämpfung, dass die Lösung dieser jahrelangen Problematik auf einem guten Weg ist.

Dank und Appell an Jägerschaft

Die Landesveterinärdirektion bedankt sich ganz herzlich bei den Jagdpächtern und Jägern für den Einsatz bei der Umsetzung der notwendigen Bekämpfungsmaßnahmen und ersucht weiterhin um Mithilfe. Gemeinsam muss es uns gelingen, diese auf Haustierbestände und den Menschen übertragbare Tierseuche in den Griff zu bekommen.