Holzgespräche FHP

Gewinner für morgen

Ein Artikel von Robert Spannlang | 09.12.2021 - 15:46

Schon die Videogrußbotschaft von Forstministerin Elisabeth Köstinger zu Beginn der heuer als Webinar abgehaltenen HOLZgespräche identifizierte die Phänomene, die derzeit „enorm auf den Forstsektor einwirken“: die Folgen des Klimawandels sowie „verschiedene politische Zielsetzungen der EU“. Genau diese beiden Herausforderungen wurden in den folgenden Vorträgen dann auch thematisiert.

Der Elefant im Klimaraum

„Wir müssen dringend von zwei Seiten her arbeiten: die Dekarbonisierung der Wirtschaft vorantreiben und die CO2-senkende Wirkung des Waldes stärken. Letzteres geht nur über dessen Bewirtschaftung“, betonte Prof. Hans Joachim Schellnhuber, emeritierter Professor des Potsdam-Institutes für Klimafolgenforschung (PIK) in Berlin, in seinem Vortrag. Denn: „Wir haben das natürliche Gleichgewicht durch die Treibhausgasemissionen in den vergangenen beiden Jahrhunderten so verändert, dass nur ein aktiver Umbau der Wälder dafür sorgen wird, dass die Ökosysteme ihre Leistung auch künftig werden erbringen können“, strich der Wissenschaftler klar hervor. Die gebaute Umwelt – Gebäude und Infrastrukturen – stellt für Hans Joachim Schellnhuber den „Elefanten im Klimaraum“ dar. Dieser Sektor stehe durch Errichtung, Betrieb und Abriss von Bauten für 40% der globalen Treibhausgasemissionen. „Das muss sich dramatisch ändern, sonst verlieren wir den Kampf gegen den Klimawandel – in Europa, aber vor allem auf anderen Kontinenten“, so der Appell des Gastes aus Berlin. In einer viel beachteten Studie konnte Schellnhuber und sein Team enorme kohlenstoffsenkende Effekte von Bauten nachweisen. Durch eine vernünftige Versorgung der stetig wachsenden Weltbevölkerung mit ökologisch nachhaltigem Wohnraum könnten 30 bis 40% des weltweit verbleibenden Kohlenstoffbudgets eingespart werden – also jenes Budgets, das uns noch verbliebe, wenn das Pariser 1,5° C-Ziel gehalten werden soll. Der Wissenschaftler sprach in diesem Zusammenhang von der Wald-Bau-Kreislaufpumpe, bei der nicht toxisch behandeltes oder verleimtes Holz zunächst verbaut und danach vor seiner thermischen Verwertung über Jahrhunderte mehrfach wiederverwendet werden könne. Die Dimension dieses gewaltigen Hebels „Bauwirtschaft“ verdeutlichte er mit folgender Aussage: „2020 hat die Masse der von Menschen produzierten Materie – Beton, Kies, Ziegel, Asphalt und Metalle, Kunststoffe – jene der lebenden Biosphäre übertroffen.“ Dieser Trend müsse durch Substitution anorganischer durch organische Masse – vor allem geerntete Biomasse – umgekehrt werden. Dies wiederum wäre vor allem durch entschiedenen Vorrang für holzbauliche Lösungen erreichbar. Der Berliner Uniprofessor nannte das „eine echte Schubumkehr für unsere Zivilisation in Richtung Bioökonomie“. „Haben wir dafür genug Holz? Ja, auf der Nordhalbkugel jedenfalls! Auf der Südhalbkugel wurde durch fehlgeleitete Handelsabkommen bereits viel an Waldfläche zerstört – auch das muss sich dringend ändern“, forderte Hans Joachim Schellnhuber, der auch für Restaurierung degradierter Flächen und eine massive Aufforstung auf der südlichen Hemisphäre plädierte. Neu gegründete Wälder hätten zudem noch einen weitaus höheren Klimaschutzeffekt als bestehende. „Es muss ein Gleichgewicht zwischen Umweltschutz, Klimaschutz, Artenschutz und dem Schutz funktionierender Wertschöpfungsketten in der Bioökonomie hergestellt werden. Das Schlimmste, was passieren kann, wäre ein feindseliges Gegeneinander dieser Interessen statt deren sinnvoller Ergänzung“, schloss der Wissenschaftler.

Widersprüchliches aus Brüssel

„Nachhaltigkeit ist weit mehr als Klimaneutralität oder Biodiversitätsschutz! Von der Kommission gehen immer wieder einander widersprechende Gesetzesinitiativen aus.

Dabei müsste sie sich nur an die eigenen Werte, wie etwa die Subsidiarität, halten – Ansprüche, die sie selbst erhoben und geprägt hat“, appellierte Natalie Hufnagl-Jovy, Referentin für europäische und internationale Forstpolitik und Waldbesitzerin in Bayern, in ihrem Fachbeitrag. Weiters betont die streitbare Bayerin: „Die EU verliert ihre Glaubwürdigkeit als Vorreiter und Vorbild für Nachhaltigkeit, wenn sie ihre Nachhaltigkeitsziele auf Ressourcen aus Drittstaaten aufbaut. Denn sie verstößt damit gegen völkerrechtliche Vereinbarungen, wie etwa die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen.“

Das von Hermine Hackl gewohnt charmant moderierte Webinar mit über 200 Teilnehmern würdigte aber auch den scheidenden FHP-Vorsitzenden, Rudolf Rosenstatter, für sein verdienstvolles Wirken, stellte dessen Nachfolger, Dr. Erich Wiesner, vor. Einen weiteren Höhepunkt bildete die Präsentation der Gewinner der diesjährigen PEFC Awards für außergewöhnliche Leistungen in und für die Forstwirtschaft (siehe Faktenbox).

Im Rahmen der Serie „PEFC Backstage“ wurde jeder Gewinner in einem stimmungsvollen Kurzvideo porträtiert.

PEFC-Award-Gewinner

  •  Viktoria Hutter, Waldviertler Waldbesitzerin, in der Kategorie „Wald
  •  bene Büromöbel, Waidhofen/Ybbs, in der Kategorie „Chain of Custody“
  • Holz Klade, Forstserviceanbieter aus Wolfsberg, in der Kategorie „ZÖFU“ (Zertifiziertes Österreichisches Forstunternehmen)
  • Simone Schmiedtbauer, steirische Waldbesitzerin und Abgeordnete zum Europäischen Parlament, in der Kategorie „Persönlichkeit“
  • Großglockner Hochalpenstraßen AG, Salzburg, in der Kategorie „Promotion“