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Betriebsleiter Gohring (re.) und Geschäftsführer Hans-Peter Wimmer:zufrieden mit der ersten Charge Lamellenholz © Ebner

KVH-Hochburg

Ein Artikel von Administrator | 28.11.2001 - 00:00
In Stahl und Schaltplatinen gegossene Verfügbarkeit - so könnte man verkürzt die neue KVH-Produktion der Holzwerke Wimmer in Zdirec/CS umschreiben. Am Betriebsgelände des größten tschechischen Sägewerkes am Stora Enso-Standort läuft seit wenigen Wochen eine Fertigung im 2-Schichtbetrieb, die am europäischen Leimholzmarkt Spuren hinterlassen wird.Lieferfähigkeit groß geschrieben. Damit ist der Maßstab gemeint, der im Gemeinschaftsunternehmen vom bayerischen 51%-Eigentümer Hans-Peter Wimmer und Stora Enso Timber hinsichtlich Lieferfähigkeit gesetzt wird. Das unbescheidene Ziel: Belieferung der Kunden binnen 48 Stunden.
Hier konnte man auf die Erfahrungen am Stammsitz Pfarrkirchen setzen, produzierte man doch dort im Vorjahr 60.000 m³ KVH. Ohne dem Brand im August, der alle Leimholzanlagen zerstörte, hätte man heuer 90.000 m³ erzeugt.
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Betriebsleiter Gohring (re.) und Geschäftsführer Hans-Peter Wimmer:zufrieden mit der ersten Charge Lamellenholz © Ebner

Mit KVH hat man bei Wimmer seit Beginn der Neunzigerjahre Erfahrung. Praktisch von Anfang dabei war der technische Leiter Michael Schmidt, der sich nun als Mastermind der neuen Anlage bezeichnen durfte. Typische Schwachstellen, die man in einer gewachsenen Produktion wie in Pfarrkirchen akzeptieren muss, konnte er beim Neubau in Tschechien von vornherein umgehen.Erfahrung nützen. „Großzügiges Rohwaren-Lager, separate Fehlermarkierung, die entkoppelt von Optimierung und Keilzinkung erfolgt, Trennung von Zinkung und Leimauftrag, wiederum räumlich separiert von der Verpressung - all das gibt Sicherheit”, so Schmidt. „Außerdem können wir an mehreren Stellen Material ein- und ausschleusen, so dass wir sehr schnell reagieren können.”
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Puffer vor der Keilzinkung: von hier wird dem Produktionsfluss angepasst beschickt © Ebner

Bekannte, konstante Holzqualität. Noch wichtiger für Kunden ist allerdings die Qualität. Die Brauchbarkeit der in Zdirec erzeugten Ware äußert sich im eingesetzten Rohmaterial. Zu praktisch 100% wird selbst bei voller Jahresproduktion (120.000 m³) das Holz vom Partner Stora Enso kommen. Das Unternehmen fertigt ideal für einen Leimholzverarbeiter: „Exakte Dimensionen dank moderner Linck-Spanerlinie, mit Kreissägen geschnittenen Oberflächen und präzise Trocknung zählen für uns”, erläutert Wimmer. Dass die Holzqualität aus der ostböhmischen Wuchsregion hinsichtlich Jahrringaufbau und Astigkeit passt, wusste man aus den vergangenen Jahren, als Pfarrkirchen Abnehmer war.
Mit einem vollausgestatteten Sägewerk als Partner am Gelände lassen sich als Nebeneffekt Annehmlichkeiten wie gemeinsame Instandhaltung nutzen - diese Leistungen werden vom finnischen Holzkonzern zugekauft.
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Je 4 CNC-gesteuerte Spindeln für Oberfläche und Fase: die Waco-Maxi bearbeitet sämtliche 100.000 m?/J © Ebner

Null Euro für Transport. Der Transportvorteil, den Zulieferer vor Ort zu haben, wird sich unzweifelhaft in der Wimmer-Gesamtbilanz auswirken - wie auch die durchschnittliche Eingangslänge an der installierten Keilzinkung.
Diese wird - wie in Pfarrkirchen auch - bei beachtlichen 3,7 m liegen. „Wir brauchen nicht so extrem viel zu kappen. Die Endprodukte werden homogener und weisen weniger Verbindungen auf”, freut sich der bayerische Unternehmer. Positiver Effekt für ihn: höhere Ausbeute und Durchsatzleistung.
Feinheiten am Stammsitz produzieren. Die österreichischen Stammzulieferer hoffen auf den Neubau in Pfarrkirchen. Während in Tschechien Massendimensionen mit höchster Leistung produziert werden, soll der wieder aufgebaute Stammsitz eher zur Feinschmiede werden: Losgröße 1 lautet das Motto.
Zur Qualität zählt auch, dass alle Parameter auf Lieferfähigkeit ausgerichtet sind. Rationell zu produzieren, impliziert auch rasch zu fertigen und mit nur kurzem Stillstand umstellen zu können.
Das ist in Zdirec gegeben. Die Verfügbarkeit bedingt aber auch Toporganisation. So sind alle Pakete mit einem selbstklebenden A4-Lieferzettel ausgestattet. Per Barcode-Leser lassen sich vom Stapler aus die Pakete erfassen.
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Die 2 Beurteilungsstationen am Produktionsbeginn © Ebner

Hohe Lagerhaltung. Das wird insbesondere für die Lagerverwaltung interessant. Bis zu 5000 m³ wird sich Betriebsleiter Markus Peter Gohring hier herlegen, um alle Dimensionen wirklich immer verfügbar zu haben: Breite von 80 bis 300 mm, Höhe von 60 bis 120 mm, Standardlänge 13 m.
Die Anlage in Zdirec ist vom Konzept her einfach aufgebaut. In einer 120 m langen und 40 m breiten Halle sind die Maschinen U-förmig miteinander verknüpft. An den Rändern und in der Mitte ist jeweils ein Fahrweg - genau die Breite des Seitenstaplers - frei gelassen, so dass dieser an mehreren Stellen Waren ausschleusen beziehungsweise in den Fluss integrieren kann.Holz für Tagesproduktion vorbereitet. Rohmaterial für eine volle Tagesproduktion findet auf 3 Pufferförderern vor der eigentlichen Aufgabe Platz. Dieser Part wurde, wie auch alle wesentlichen Mechanisierungselemente - die Presse sowie deren Automatisierung - von Minda, Minden/D, geliefert. Deren Anteil: 85% des Lieferumfangs.
Von der ersten Minda-Vakuumentstaplung wird die Rohware lagenweise abgehoben und nach der Feuchtekontrolle der Stirnseiten-Bearbeitung zugeführt. 2-mal wurde von Schmidt auf die aufwändigere Lösung gesetzt: Die Holzfeuchte bestimmt ein Doppelkopf-Sensor von BES Bollmann, Gottmadingen/D, und die Stirnseiten werden nicht per Säge gekappt, sondern von 2 Minda-Spanern „gesäubert”. Ersteres erhöht die Produkt-, zweiteres die Produktionssicherheit - Schmidt wollte die dünnen „Brotscheiben” vermeiden, die abgeschnitten werden und mitunter in der Entsorgung zu Schwierigkeiten führen können.
Zdírec-Facts
Investitionsvolumen: 20 Mio. DM
Produktion:
80.000 m³/J KVH,
40.000 m³/J Duo-, Triolamellenholz
Fertigwarenlager: 5000 m³
Klebstoff: PU
Ziel: Auslieferung binnen
48 Stunden beim Kunden
Seiten auch begutachten. Die nun sauberen Stirnseiten werden an den beiden nachfolgenden Beurteilungsstationen auch zur Sortierung herangezogen. Dazu kommen noch die 4 Längsseiten - die beiden dem Beurteiler abgewandten Seiten sieht dieser über Spiegel.
Jeder hier angezeichnete Fehler als auch die zugeteilte Qualität - Sicht- oder Nichtsicht - wird am nachfolgenden Lesegerät von Grecon Dimter Nord, Alfeld/D, erfasst. Im Computersystem ist also immer exakt bekannt: wie viele Laufmeter waren verwertbar, was im Sichtbereich, was nur im Nichtsichtbereich einsetzbar. Wimmer: „Input minus Ausschuss minus ausgekappte Längen minus Sichtqualität ergibt unsere Nicht-Sichtqualität - für jedes aufgegebene Paket können wir hier eine sofortige Nachkalkulation machen.”
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Sauber zum Kunden – jedes Stück kann einzeln und/oder im Paket foliert werden © Ebner

Über Zwischenpuffer weiterproduzieren. Entsprechend der Einteilung werden nachfolgend per Vakuumheber 6 Stapel aufgesetzt. Dies ist nun bereits der zweite Puffer in der Produktion. Gibt es vorher oder im nachfolgenden Prozess Probleme, können diese über einen längeren Zeitpunkt hier abgefedert werden. Und: Per Stapler lässt sich Material rein- oder rausschleusen. Gohring: „Liegt ein Missverhältnis von Sicht- oder Nichtsicht-Ware vor, wird das interessant. Wir können auch bereits angezeichnete Ware hier reinbringen.”
Optimiert wird die Ware an einer Grecon Dimter Süd-Kappsäge. Auch die nachfolgende Keilzinken-Anlage stammt von einer Weinig-Tochter: Grecon Dimter Nord. Wimmer hat 2 8-Takt-Maschinen installiert, mit allen technischen Finessen, etwa Servo-Steuerung der Motoren.Keilzinkung von Leim befreit. Interessant ist die räumliche Trennung der Beleimung von der Keilzinkung und insbesondere deren Ausführung. Erstmals wird hier in einer industriellen Fertigung der einseitige, berührungslose PU-Leimauftrag eingesetzt. Wimmer: „Danken müssen wird der aufgeschlossenen Arbeit der Institute FMPA und HFA.”Berührungsloser Leimauftrag. Das neue System erlaubt sehr sauberen, kontrollierten Klebstoffauftrag. Über 12 Düsen werden die Leimraupen aufgebracht. Welche Menge und wo sich diese am Holz befindet, überwacht ein ATB-Kamerasystem, dessen Software Argus Checker das aufgenommene Bild analysiert. Das Verstopfen einer Düse würde sofort erkannt.
Die Hardware, also die eigentliche Beleimstation, stammt von OEST, Freudenstadt/D. Federführend für die Entwicklung war von der Klebstoffseite her Collano, Sempach-Station/CH und Wolkersdorf.Minimierter Zinkenversatz. „Ganz speziell ist auch unsere Einfädelstation”, verweist Schmidt auf eine Lösung, die den Keilzinkenversatz minimieren soll. Die Verpressung erfolgt in einer 30 t-Taktpresse von Grecon-Dimter. Der produzierte Endlosstrang wird abgelängt und die bis zu 13 m langen Stangen in einem Paternoster zu Paketlagen zusammengestellt, die dann auf einem Querförderer zum Aushärten (1 h) abgelegt werden.
Betriebssicherheit - unter diesem Motto steht die Funktion des Förderers. Bis zu 300 m? finden hier Platz. Zusätzlich kann durch ein Tor Ware ein- und ausgeschleust werden.
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Bestand auf Trennung von Keilzinkung (im Hintergrund diebeiden Aggregate) und Beleimung: Hans-Peter Wimmer © Ebner

Durchgehende Fase. Paketweise gelangt die keilgezinkte Ware zur Hobelanlage. Wimmer setzt hier auf eine Lösung, die kürzlich erst bei Stora Enso in Bad St. Leonhard anlief: einem Waco Maxi (sh. Holzkurier Heft 42, S. 16). Zu den 4 CNC-gesteuerten Standardspindeln für die Oberfläche bestand Gohring auf Installation von 4 Fase-Spindeln. Diese sind so gelagert, dass sie immer an der Kante bleiben - auch bei leicht verdrehter Ware.
Hinter der Hobelanlage kann jeder Balken einzelfoliert werden. Es folgt die Zusammenstellung zu Paketen auf einer Minda-Stapelanlage. Für den Zuschnitt hat Wimmer die rationelle Variante mit einer Paket-Kappanlage von Holtec, Hellenthal/D, gewählt. Auf ±1 mm kann problemlos abgelängt werden. Die paketweise Folierung - abermals zeichnet hier Böhl, Hückeswagen/D, verantwortlich, beschließt die KVH-Produktion.
Ein Drittel Lamellenholz. Neben KVH soll künftig Lamellenholz - also Duo- und Triolam - gut ein Drittel der Menge ausmachen. Für deren Produktion setzt man auf bewährte Technik von OEST und Minda. Ersterer lieferte die Flächenbeleimstation. Für die Fläche wird auch hier PU-Klebstoff verwendet, allerdings von Dynea-Lillestrøm in Norwegen.
Vor der Beleimung wird die Ware von einem Vorschubaggregat geführt, das speziell „zur Vermeidung von Versatz” (Schmidt) konzipiert wurde. Alle Wege führen zur Hobelung. Da die Minda-Doppel-Presskammer wie auch die 3 Aufgabestationen rund um die Hobelanlage installiert sind, ist der Weg für Vor- und Endhobelung der Lamellenware kurz. Doppelt genutzt wird auch die Mechanisierung durch Stapelung und Folierung.
Derzeit finden in Zdirec noch die letzten Adaptierungsarbeiten statt. So wird künftig die Best Hall-Halle, in der man die Rohware lagert, klimatisiert. Die direkte Befüllung von Containern mit dem Staub aus den Scheuch-Absauganlagen ist gelöst: Von der zentralen Absaugung wird direkt in 4 Walking-Floor-Auflieger gepumpt.
Abnahme der Späne erfolgt über regionale Pelletshersteller. Kommen wird auch noch eine Auftrennstation, die MTT, Rangersdorf, gemeinsam mit Artiglio, Limidi/I, liefert. Diese wird Balken vertikal und horizontal auftrenen können.Software lenkt und überwacht. Komplex und maßgeblich für rationellen Betrieb ist die Software-Lösung in Zdirec. Alle Siemens-SPS-Steuerungen der Anlagenteile wurden über eine Netzwerk-Lösung von Softwerk, Wels, verbunden. „Binnen einer Minute kann ich die gesamte Anlage umstellen”, freut sich Wimmer.
Die eigentliche Softwarelösung für Warenwirtschaft bis hin zur Vor- und Nachkalkulation wird mit dem Betriebsinformationssystem von Infodata, Lichtenberg/ D, abgewickelt. Deren Applikationen kannten die Bayern bereits vom Einsatz aus Pfarrkirchen.