Russlands neue Märkte

Ein Artikel von KG aus Oberitalien | 04.07.2005 - 00:04
Mit der durch den langen Winter verzögerten Schnittholzproduktion haben die Sägewerke nun den Nachholbedarf in Norditalien weitgehend gedeckt. Den aktuellen Bedarf decken die Kunden „von der Hand in den Mund“. Fast alle Sortimente sind aus Mitteleuropa prompt lieferbar. Die Preise sind stabil, die Spitzen haben auch für kammergetrocknete Ware aus Österreich um 2 bis 3 €/m³ nachgegeben. Bestellungen für hobelfähige Ware für Lieferung September sind nur sporadisch vorhanden.Alternative Schweden? Ursache ist nicht nur die langsamere inneritalienische Nachfrage, sondern auch der hoffnungsvolle Blick auf das südschwedische Windwurfholz in Fichte, das von einigen bisherigen Italienlieferanten Schwedens auf hobelfähige Bauware eingeschnitten wird.
Wo die Aufarbeitung im Wald mitspielt, wird 80% auf 4 m ausgeformt – mit etwas 3 und 5 m mitgehend. Diese nicht sehr großen Mengen von italiengerechten Fi-Rohhoblern, 150 mm breit, sollen zu 200 bis 205 €/m³ per Lkw frei Norditalien zugestellt werden. Dem gegenüber verlangen österreichische Leitbetriebe nach wie vor 210 €/m³ frei Grenze, was 216 bis 218 €/m³ frei Kunde ergibt. Wessen Kunden auf die österreichische Ware eingestellt sind, zahlt auch weiterhin diesen Preis. Er wird aber vielleicht auch die eine oder andere Partie aus Schweden kaufen, um zu sehen, ob sie seinen Kunden entspricht.
Frisch versandte Zentimeter-Schmalware, 22/23 mm stark, 8 bis 16 cm breit, 4 m, III/IV/V, alle zwei Lagen gelattet, wird aus Österreich zu 110 bis 115 €/m³ frei Ankunft Norditalien geliefert. Frische Gerüstpfosten, 46 mal 215/220/245 mm, 4 m, jede Reihe gelattet, notieren bei 128 bis 132 €/m³ frei Ankunft. Die dünnen, frischen Spanerseiten, 17 mal 75/95 mm, 3 bis 5 m, notieren frei Ankunft Kunde per Lkw mit einer Ladung von nur 26 bis 31 m³ bei 118 bis 122 €/m³. Im Vergleich dazu laden die 4-Achs-Waggons der Bahn 60 m³. Da aber die italienische Bahn zahlreiche Bahnhöfe als Destination für Holz im Sinne der Einsparung gestrichen hat, ergeben sich meist längere Strecken per Lkw vom Holzbahnhof zum Kundenlager.
Die Finnen haben per 1. Juli mit einem neuen Drei-Jahres-Kollektivvertrag ihren Streik in der Holzindustrie beendet. Normalerweise beginnen mit diesem Datum in Skandinavien die Sommerferien. Kunden erwarten, dass heuer doch einige Werke wenigstens teilweise ihre Produktion im Juli fortsetzen, um die Rückstände in der Produktion aufzuholen.
Russischer Holzindustrie geht die Luft aus. Die russische Holzindustrie erkennt seit einigen Jahren, dass sie trotz niedrigster Löhne mit ihrer Massen-Schnittware auf den westeuropäischen Märkten nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Für den Italienmarkt gilt dies besonders.
Die in den vergangenen Jahren mit Westkapital diesseits der russischen Grenze modernst ausgerüsteten und auch logistisch vorbildlich geführten Holzindustrien erzeugen und versenden im harten Wettbewerb untereinander trotz hoher Lohnkosten dank hoher Produktivität Massenware günstiger. Gegenüber den noch geplanten oder im Bau befindlichen Überkapazitäten sehen sich die russischen Mitbewerber in ihrer meist veralteten Ausrüstung chancenlos.
Der Vorteil der russischen Holzindustrie – inmitten des Rohstoffes zu arbeiten – geht durch die hohen Ernte- und Transportkosten bis zum Werk verloren. Die Schnittholzlieferung per Waggon bis zur EU-Außengrenze wird durch hohe Transitgebühren über Weißrussland oder die Ukraine bis Polen, Slowakei oder nach Ungarn zu teuer, um sie im Erlös für Massenware unterzubringen.
Nur ein Drittel dieser Frachtkosten fällt beim Bahntransport zum Ostseehafen St. Petersburg/RU oder zu den russischen Häfen im Asowschen oder Schwarzen Meer an.
Die Zeiten der Sowjetunion, in der die Frachtraten bis zur Westgrenze des Ostblocks praktisch keine Rolle spielten, sind vorbei. Eine regelmäßige russische Fährschiffverbindung von St. Petersburg bringt das Schnittholz nach Lübeck/DE, von wo es per Bahn oder Lkw nach ganz Europa verteilt wird – auch nach Österreich. Für Norditalien ist der Umschlagplatz in Arnoldstein bei Villach. Von dort wird die Ware per Waggon oder Lkw zum Kunden disponiert.
Vom Asowschen Meer führt alle drei Wochen eine Container-Schiffsverbindung nach Italien und anderen Destinationen im Mittelmeer. Vom Schwarzmeerhafen Novorossijsk gelangen Großmengen nach Sizilien und in den Raum Neapel.Besseres Inlandsgeschäft. Diese Wasserwege tragen nur dann zum wirtschaftlichen Erfolg des russischen Holzaußenhandels bei, wenn auf Basis von Joint-Ventures rasch eine leistungsfähige Produktion erreicht wird. Russische Fachleute vertreten die Auffassung, dass der Export von Holzprodukten in erster Linie aus Tradition fortgesetzt wird. Der geschäftliche Erfolg liege im Inlandsmarkt mit seinem unermesslichen Bedarf.
Es ist unbestritten, dass die fehlenden Joint-Venture-Verträge mit ausländischem Kapital bisher an den wenig geeigneten Bedingungen im europäischen Russland gescheitert sind. Stora Enso Timber hat zwei Werke mit je 150.000 fm/J Einschnitt als Probebetrieb in Betrieb genommen.
Die ÖBf sind mit einem Bewirtschaftungsvertrag am Ball. Es ist verständlich, dass Russland keinesfalls Wald verkaufen will, sondern Pacht für Wertschöpfung durch Verarbeitung im Lande anbietet.Beispiel Ostsibirien. Anders ist die Lage in Ostsibirien und Russisch-Fernost. Hiezu sollte man sich erinnern, dass Sibirien auch in der Sowjetunion längst nicht nur Synonym für Straflager war.
Spezialitätengeschäft Russland – Italien. Italien war stets ein Markt für hochwertige Holzfenster. Italien war (und ist) weltweit größter Kunde für Douglasie von der US-Westküste. Dieser feinjährigen rötlichen Struktur ähnelt der sibirische Lärche mit hoher Beständigkeit ohne chemische Behandlung.
Die Russen schneiden 24 oder 29 mm-Lamellen, die langsam getrocknet werden. Jeweils drei Lamellen werden zu Fertigstärken von 63 oder 72 mm Fensterkanteln verleimt und gehobelt. Die zwei äußeren Lamellen sind massiv, die dritte ist keilgezinkt. Bei einem Preis dieser Fensterkanteln frei Lkw-Ankunft Norditalien von 750 bis 800 €/m³ ist die schnelle Direktlieferung per Lkw durchaus wirtschaftlich.
Auch Fußböden aus sibirischer Lärche, mit Nut und Feder vierseitig, auch für Außenverwendung, werden in Italien geschätzt. Ähnlich Fensterkanteln in Kiefer aus dem Baltikum notieren zu 400 bis 410 €/m³, aus Tschechien zu 430 €/m³ frei Ankunft.