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Bedienstand mit Blickrichtung Spaner-Profilier-Linie - das Personal wurde vorab in Fügen geschult © DI Gerd Ebner

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Ein Artikel von DI Gerd Ebner, Kösching/DE | 02.01.2006 - 00:00
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Standort Kösching der Binder Holzindustrie: 1) Rundholzplatz mit 2 Aufgaben; 2) Biomasse-Heizwerk; 3) Aufgabe Sägelinie; 4) Sägelinie; 5) Schnittholz-Sortierwerke; 6) Trocknungskomplex; 7) Hobelwerk; 8) Erweiterungsfläche; 9) Erweiterungsfläche © Holzindustrie Binder

Nur acht Monate nach der Ankündigung, in Kösching/
DE bei Ingolstadt ein Millionen-Sägewerk samt Hobelwerk und künftigem Leimholzwerk errichten zu wollen, schnitt die Holzindustrie Binder am 14. Dezember den ersten Stamm ein.

Tagesgenauen Plan eingehalten.
Mit minutiöser Planung schaffte es das Tiroler Familienunternehmen unter der Projektleitung von Martin Henne sogar, den ehrgeizigen Plan zu unterbieten: Produktionsstart sechs Monate nach Grundsteinlegung am 30. Mai. Ende vergangener Woche nahm man den Trocknungskomplex in Betrieb - und akkurat sind auch die folgenden Schritte geplant: 16. Jänner Probelauf Hobelwerk, März 2. Schicht Sägewerk, Juni 3. Schicht Sägewerk.
Saubere Konzeption, das nötige Kleingeld und unternehmerische Courage waren Bedingungen für den Standort Kösching. Basis war ein von der Infrastruktur her perfekt geeigneter Standort in einem Gewerbegebiet, das vom nächsten Ort 4 km entfernt ist. Es gibt Gleisanschluss, einen nahen Donauhafen und 2 km zur Autobahn ohne einen Ort durchfahren zu müssen.

Optimierter Standort auf grüner Wiese. Auf 50 ha kann Binder die gesammelten Erfahrungen mit den eigenen Produktionen umsetzen: dem Stammwerk Fügen - gewachsen binnen fünf Jahrzehnten, dem BSH-Standort Jenbach, dem Massivholzplatten-Werk St. Georgen und der MDF-Produktion in Hallein. Dazu kommt die Erfahrung von Henne, der in seinen bisherigen Tätigkeiten etwa bei Linck, Oberkirch/DE, oder für einen anderen Sägewerkskonzern bewies, dass er solche Industrie-Standorte aufbauen kann.
Das Layout von Säge- und Hobelwerk ist auf kürzeste Manipulationswege ausgelegt. Die beiden Rundholz-Aufgaben der Sortierung liegen am Eisenbahn-Gleis. Der Rundholz-Sortierstrang endet bei der Aufgabe zur Sägelinie. Die Schnittholz-Paketierung am Ende der Sägehalle mündet in den Trocknungskomplex, der wiederum bei der Aufgabe zum Hobelwerk liegt.
Die Ausstattung selbst entspricht dem letzten technischen Stand der Hauptausrüster Linck, Maschinenfabrik Springer, Friesach, und Ledinek, Maribor/SI.

Geografische Lage passt. Die Infrastruktur des Interparks in Kösching war für Geschäftsführer Reinhard Binder aber nur ein Aspekt. Als weiteren Grund, hier zu investieren, nennt er die Rundholz-Versorgung. „Wir liegen im Herzen Bayerns. Im Umkreis von 100 km werden wir 80% des benötigten Rundholzes bekommen. 2006 brauchen wir 970.000 fm um 900.000 fm einzuschneiden - diese Mengen sind unter Dach und Fach”, erklärt er. Mit Kösching sei so weit im Norden, dass man nicht das Einkaufsgebiet von Fügen tangiert. Benötigt wird Holz von 12 bis 60 cm Durchmesser.

Neues Beschaffungssystem. In der Versorgung hebt Reinhard Binder insbesondere das Modell der Zusammenarbeit mit UPM Kymmene hervor. Verträge schließt die Holzindustrie Binder ab - geerntet wird von UPM Kymmene. 80% der Versorgung wird man über Privatwaldbesitzer abwickeln - 60% seien Klein-Privatwaldbesitzer.
In Ergänzung zu Fügen (4 m-Einschnitt, Italien-Ausrichtung) soll Kösching zu einem nicht unerheblichen Teil auf den US-Markt ausgerichtet werden. 80% 5 m-Einschnitt sind ein Indiz dafür, das Engagement von Dipl.-Betriebswirt Jörn Kimmich das zweite. Der Verkaufsleiter war in einer großen deutschen Holzindustrie für die Schnittholz-Vermarktung zuständig.

Planziel 250.000 m2. Eine der ersten Aufgaben von Kimmich war es, den Verkauf von 250.000 m³ für 2006 zu planen. „Die Frachtkapazitäten dafür stehen bereits”, betont er. „Wir hatten schon Gäste aus den USA hier - weitere Delegationen werden noch folgen.”„Das USA-Geschäft wird aber nicht mehr als 20% des Gruppen-Umsatzes ausmachen - das unterscheidet uns von manch anderem”, betont Franz Binder jun. Bisher war die Tiroler Holzindustrie am US-Markt nicht präsent. Mit dem neuen Hobelwerk öffnet man sich dafür die Tore. Als einer der wenigen wird man von 2-by-4 bis 2-by-12 alles anbieten können - Boards liefert man aus Fügen dazu.
Die Hauptware wird für die eigene Weiterverarbeitung benötigt. Deutschland, Frankreich, Benelux-Staaten und Österreich werden als weitere wichtige Absatzmärkte genannt. Nach Italien wird man aus Kösching vornehmlich Palettenware liefern - „hier hatten wir zuletzt zu geringe Mengen”.

Fügen bleibt Italien-Standort. „Alleine aus geografischen Gründen wird Fügen immer unser Italien- und Levante-Standort bleiben”, betont Reinhard Binder die Bedeutung des Stammsitzes. Aber: Mit Kösching bekommt man im Tiroler Sägewerk die Luft, von Vier- auf Drei-Schichtbetrieb zurückfahren zu können.
Jetzt beim Start nützt man die Synergien mit Fügen insofern, als Mitarbeiter im Zillertal eingeschult werden - umgekehrt ergänzt Tiroler Personal die Mannschaft in Kösching. „Aktuell sind zehn Mann aus Fügen da, das gibt gerade am Start Sicherheit”, erläutert Henne, der bereits an der Rekrutierung der Mitarbeiter für die 2. Schicht im Sägewerk feilt.

Zwei Aufgaben am Gleis. Zum Sortieren des Rundholzes stehen 90 Boxen zur Verfügung - die Mechanisierung stammt von Springer. Über zwei Aufgaben, jeweils mit einem Bruks-Klöckner-Wurzelreduzierer versehen, passiert die Eintaktung in den eigentlichen Sortierstrang. Es folgt eine Vermessung in Rinde. Nicht entsprechende Stämme können aussortiert werden. Entrindet wird in der Valon Kone 27 Zoll-Doppelrotor-Anlage. Hier - wie auch im Sägewerk - sorgen Anlagen von Rudnick & Enners, Alpenrod/DE, für die Rinden- beziehungsweise Restholz-Entsorgung.
Vermessen, kontrolliert und dokumentiert wird das Holz mit Anlagen von Microtec, Brixen/IT und Linz. So stammt neben der gesamten Vermessung auch die Steuerung sowie das Metall-Suchgerät (ein Röntgenscanner Tomolog) und das Bildaufnahmesystem Screenlog Plus von Microtec. Das 360° Bildaufnahmesystem fotografiert den Stamm und stellt ihn als wirklichkeitsgetreues 3D-Panoramabild dar. „Wir können unseren Lieferanten nach der Beurteilung eine DVD mitgeben - die Übernahme ist also transparent”, erläutert Matteo Binder, der maßgeblich an der Projektrealisierung mitarbeitete.
Jetzt am Start lagern rund 50.000 fm am Rundholzplatz, maximal 60.000 fm sollen der Normalstand sein, 90.000 fm sind maximal möglich. Manipuliert werden die Stämme mit Fahrzeugen von Liebherr, Sennebogen und Volvo.
Die Schnittstelle zum Sägewerk bildet die Linck-Rundholzaufgabe, die Henne als äußerst robust charakterisiert. Beim Einlegen in den Längstransport sorgen drei Beschleunigungsrollen für die nötige Geschwindigkeit. Das Holz wird 3D-vermessen - dies dient alleine der Zopf-, Durchmesser- und Krümmungs-Kontrolle: Stämme, die nicht zum aktuellen Schnittbild passen, werden ausgeworfen.

Neuartige Stammeindrehung. Entsprechend der nun vorhandenen Daten werden die Stämme gewendet. Dafür hat Linck die neueste, erst einmal realisierte Eindreh-Technologie installiert. So baut sich unmittelbar an der Stammwendung ein Puffer auf, der bei allfälligen Störungen Stämme zwischenspeichern kann, ohne dass Sägelinie oder Zubringung gestoppt werden müssen.
Nach der Stammwendung erfolgt vom Querlager aus das Einlegen der Stämme in die eigentliche Sägelinie. Über dieser trohnt die Bedienzentrale - wobei der Anlagenfahrer in Kösching in Blickrichtung Einschnittlinie sitzt.

Ausgefeilte Seitenbrett-Optimierung. „Wir haben alle technischen Hilfsmittel zur Seitenbrett-Optimierung installiert, die verfügbar waren - etwa 3D-Modelvermessung”, erläutert Matteo Binder. Die Seitenbretter werden sofort separiert und können nach Breite und Stärke getrennt in das Sortierwerk gefahren werden. Passt die Dimension, fährt man auch Seitenware in das Hauptwaren-Sortierwerk. Die Zuteiler lassen sich entsprechend heben und senken.
Henne betont insbesondere die höhere Anlagennutzung (bis zu +10%) durch die Flexibilität
der Schnittholz-Manipulation: Werden starke und schwache Dimensionen sauber getrennt, gibt es weniger Bruch.

Drittes Sortierwerk vorgesehen. Derzeit sind zwei Sortierwerke von Springer installiert. „Je nach Marktlage und dafür nötiger Stieligkeit könnten wir sofort ein drittes Sortierwerk dazubauen”, erläutert Franz Binder jun. „Aber auch mit zwei Anlagen lässt sich der Soll-Jahreseinschnitt von 1,5 Mio. fm bewältigen.
Installiert sind zwei VM 50-Profilspaner - es folgen Seitenbrett-Optimierung sowie Splitter-Suchgeräte, ehe die erste CSMK-Doppelwellen-Kreissäge bis zu bis zu vier Seitenbretter abtrennt. Nach der zweiten CSMK folgt die Doppelwellenkreissäge MKV mit zwei vorgeschalteten Profilieraggregaten.
In Summe erreichen so „weit über” (Henne) 200 Bretter pro Minute die beiden Schnittholzsortierwerke. An jeweils zwei Sortierdecks wird die Ware begutachtet, gegebenenfalls gekappt und dann softwareunterstützt (Variosort von Microtec) den 16 Film- und 14 Schüttetagen übergeben. Bis zu 170 m Sortierhallen-Länge bietet Platz vor der Stapelung der Trocknungspakete.

750.000 m3 trocknen. Die Trocknungspakete werden vom 1. Stock nach unten auf einen Pufferförderer transportiert, wo 16 t- und 20 t-Kalmar-Stapler die Pakete für die Manipulation zu den Trockenkammern übernehmen.
Ende vergangener Woche wurden die ersten 16 Mahild-Trockenkammer in Betrieb genommen. Im Endausbau will man in Kösching 48 Kammern installiert haben, um bis zu 750.000 m³/J trocknen zu können.
Die Wärme kommt von der 12 MW-Biomasse-Feuerung von VAS, Großgmain. Die Feuerungsanlage mit Warmwasserkessel, Multizyklon und Elektrofilter ist am 27. Dezember in Betrieb gegangen.
Im Regelfall wird die getrocknete Ware ins angrenzende Hobelwerk gebracht. Hier entschloss man sich zur Installation einer 600 m/min-Hochleistungs-Hobelanlage Stratoplan von Ledinek. Ein 500 t-Spezial-Kran hob die 70 t-Maschine knapp vor Weihnachten in die Halle - am 16. Jänner will man diese starten.

Geschwindigkeit für Sicherheit. „Dauerbetrieb mit Höchstgeschwindigkeit” erwartet sich Henne von der Stratoplan. Gegenüber bisher installierten 600 m/min-Maschinen unterscheide sich diese durch „Detailverbesserungen”, formuliert er bewusst ungenau. Bis zu 1500 m³/T will man maximal durchlassen - „das bietet entscheidende Leistungs-Reserven”.
Von eigenwilligen Beschleunigungsrollen bis zum Verzögerungsband stammt die Mechanisierung in der Hobelhalle von der slowenischen Maschinenfabrik - die restlichen Komponenten (inklusive Nachsortierung und Verpackung) lieferte Springer.

Was kommt noch? Noch nicht bekannt gegeben wird, was im geplanten Leimholz-Werk (Starttermin: Ende 2006) produziert werden soll. BSH lässt sich wohl ausschließen, ist man mit dem Standort in Jenbach (Jahresproduktion: fast 200.000 m³) doch etabliert. „Neue, alternative Produkte” werde man fertigen, hieß es zuletzt aus der Tiroler Holzindustrie ...

Binder-Kösching-Facts

Investitionssumme (gesamt):150 Mio. €

1. Ausbaustufe: Sägewerk, Hobelwerk, Trocknung, Biomassefeuerung
Investitionssumme: 75 Mio. €
Umsatz: 120 Mio. €/J
Kapazität Sägewerk:
1,5 Mio. fm/J
Einschnitt:900.000 fm (2006);
1,2 Mio. fm (2007);
1,5 Mio. fm (2008)
Längen: 5 m (80%), 4 m (20%)
Holzarten:Fi, ab 10/06 auch Kie (20%)
Media: 27 cm
Max. Durchmesser:
55 cm (Zopf)
Vorschub: bis 150 m/min
Sortierwerk: >200 Stück/min; 16 Film-Etagen, 14 Schüttetagen
Biomasse-Feuerung: 12 MW
Hobelwerk:
280.000 m³ (2006)
Dimensionen:
2-by 4 bis 2-by-12
Trocknung: 750.000 m³/J
(48 Kammern Endausbau)

2. Ausbaustufe:
Pelletier-Anlage, Biomasse-Heizkraftwerk

Ausstatter Binder/KÖsching/DE

•    Bruks-Klöckner, Arbra/SE: Wurzelreduzierer
•    Dantherm, Skive/DK:Absaugung Hobelwerk
•    Kalmar, Klagenfurt: Schnittholz-Transport
•    Ledinek, Maribor/SI: Hobelmaschine
•    Liebherr, Bischofshofen: Rundholz-Transport
•    Linck, Oberkirch/DE: Spaner-Profilierlinie
•    Mahild, Nürtingen/DE: Trockenkammern
•    Mesutronic, Kirchberg/DE:Splittersuchgerät
•    Microtec, Brixen/IT und Linz: Steuerung, Vermessung am Rundholzplatz und in der Sägehalle
•    R & R-Technik, Schleiz/DE: Absaugung Sortieranlagen
•    Rudnick &Enners, Alpenrod/DE: Restholz-Entsorgung
•    Sennebogen, Straubing/DE: Rundholz-Transport
•    Springer, Friesach: Rund-, Schnittholz-Sortierung, Hobelwerks-Mechanisierung
•    Valon Kone, Lohja/FI: Entrindung
•    VAS, Großgmain: Biomasse-Feuerung
•    Vollmer, Biberach-Riss/DE: Schärfmaschinen
•    Volvo, Dietzenbach/DE: Rundholz-Transport
•    WIJAG, Remscheid/DE: Kreissägeblätter