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Martin Langen, B + L Marktdaten © DI Gerd Ebner

Neue Märkte braucht das Land

Ein Artikel von DI Gerd Ebner | 09.02.2007 - 00:00
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Thorsten Leicht, Pöyry Forest Industry Consulting © DI Gerd Ebner

Im Vorjahr dürfte sich der deutsche Nadelschnittholz-Export um 19% erhöht haben - bei einer Produktionssteigerung von 15%. Trotz dieser eindrucksvollen Zahlen war die Suche nach neuen Märkten ein Schwerpunkt am VDS-Kongress am 5. und 6. Februar in Ulm/DE. Indien, China und auch die Türkei wurden als mögliche neue Zukunftsmärkte präsentiert. In der Levante sieht sich die deutsche Holzindustrie noch unterrepräsentiert.
Umfassend skizzierte Thorsten Leicht, Pöyry Forest Industry Consulting, Freising/DE, die sich ändernden Warenströme. Er wies auf das Risiko hin, dass 32% der Exporte in die USA und 62% in den Euro-Raum erfolgen. Das zweite Halbjahr 2006 zeigte stark gesunkene deutsche (europäische) Lieferungen in die USA. Und für heuer wird wegen rückläufiger Hausbaubeginne eher ein geringerer Bedarf vorhergesagt. Langfristig sehe es aber völlig anders aus: Der dominierende US-Lieferant Kanada wird mit rückläufiger Rundholzverfügbarkeit kämpfen und schon für 2008/09 zeichne sich eine erholende US-Baukonjunktur ab.
Auf nach China. Vom Wachstumsmarkt China partizipiert Deutschland noch überhaupt nicht, analysierte Leicht. Dieser umfasste 2005 zwar erst 2 Mio. m³ wächst aber um 20% pro Jahr. Russland baue die Vormachtstellung in China aus.
Hinsichtlich der Chancen in Indien ist Leicht noch skeptisch: Schutzzölle und ein sehr niedriges Preisniveau würden zu einer Marktabschottung führen.
Als wichtigen „Alternativmarkt” sieht Leicht die Levante. Hier dominieren andere: Russland mit 2,3 Mio. m³/J, Rumänien mit 1 Mio. m³/J, Finnland und Österreich mit jeweils 800.000 m³/J. Deutschland exportiert unter 300.000 m³/J. Während im Vorjahr die erstgenannten alle kräftig zulegten, lieferte Deutschland weniger in die Levante.
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Internationaler Vergleich von Rundholzpreisen (Stand III. Quartal 2006) © Pöyry Forest Industry Consulting

International hohe Preise. Als zentrale Herausforderung erkennt Leicht aber die Sicherstellung einer regionalisierten Versorgung zu „wettbewerbsfähigen Preisen”. Letztere würden die Wettbewerbsfähigkeit bereits mindern. Und: Aufgrund der positiven Nachfrage und des gestiegenen Schnittholzpreisniveaus wächst das internationale Interesse an Westeuropa als möglichen Absatzmarkt.
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Martin Langen, B + L Marktdaten © DI Gerd Ebner

Die Potenziale von Osteuropa für die mitteleuropäischen Holzindustrien stellte Martin Langen, B+L Marktdaten, Bonn/DE, vor. Die meisten dieser Länder würden ein starkes Wachstum am Bau erzielen - viele sind aber so groß wie ein einziges deutsches Bundesland, jeweils mit einer eigenen Sprache. Die größten Entwicklungs-Chancen hätten Russland und die Türkei. „Diese beiden Länder werden bald auch auf 600.000 neue Wohneinheiten pro Jahr kommen. Türkei und Russland werden Spanien als Bau-Giganten ablösen - zumal in Spanien ab 2008 von einem Baueinbruch ausgegangen werden muss”, erläuterte Langen.
Mit rund 6 Mio. m³/J Schnittholz-Produktion ist die Türkei selbst ein beachtlicher Fertiger. Aber: Der Bau wächst um 30 bis 40%. „Dieser Bedarf kann nicht im Inland abgedeckt werden. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, dort dabei zu sein. Später sind die Marktpositionen bezogen”, forderte Langen auf. Heuer soll der Schnittholzbedarf bei 7,75 Mio. m³ liegen, 2008 bei 8 Mio. m³. Auch sieht Langen deutsche Produzenten in der Levante unterrepräsentiert. „Die Türenindustrie dort lechzt regelrecht etwa nach Buchen-Schnittholz”, erläuterte er.
„Die nächsten Jahre sind am deutschen Bau noch vergleichsweise fette. Ab 2010 ist das Bauvolumen stark rückläufig.”
Udo Mantau
Klare Relationen stellte Univ.-Prof. Dr. Udo Mantau in seinem Referat her. So weise seine Holzrohstoffbilanz für Deutschland 2005 ein Aufkommen von 105,8 Mio. fm auf - um 23% mehr als 2002. Entgegen vielfacher Meinung stieg aber der Bedarf der stofflichen Verwendung stärker als der energetischen”, so Mantau. Aber nach der Sägeindustrie mit 52% des Waldholzbedarfs kommen bereits die Haushalte mit 21% als zweitgrößter Nachfrager. Es folgt die Holzwerkstoffindustrie mit 11%. Eindrucksvoll ist, dass seit der Bundeswaldinventur 1990 der Waldholzbedarf der deutschen Sägeindustrie von 19 auf 40 Mio. fm 2006 zunahm.
Noch fette Jahre. Ernüchternd war der Blick von Mantau auf das deutsche Baugeschehen. Er geht davon aus, dass die Baugenehmigungen in Deutschland heuer um 7% rückläufig sein werden - nach Vorzieheffekten 2006. Zu einer vorübergehenden Stabilisierung komme es erst 2008.
„Richtig hart wird es ab 2010. Dann geht das Bauvolumen Demographie-bedingt stark zurück”, warnte er. Von rund 150.000 Genehmigungen für Einfamilien-Häuser erwartet man einen Rückgang um 22% auf rund 114.000 Genehmigungen pro Jahr. Der Nichtwohnbau werde allerdings einen klassischen Aufschwung erleben.