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Holzkopfnuss

Ein Artikel von Univ.-Prof. Dr. Rupert Wimmer, Universität für Bodenkultur, Wien | 25.11.2008 - 07:21
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Dass heimische Bäume jedes Jahr einen weiteren Ring im Stamm bilden, weiß eigentlich jedes Kind. Schmal sollen sie sein, die Jahresringe, langsamer Wuchs ist besser als schneller. Da mag schon was dran sein, aber wie die Zusammenhänge mit anderen Eigenschaften sind, da kann’s dann schon schwieriger werden.

Da in Österreich auf 47 % der Bundesfläche Wald steht und davon 65 % Nadelwald ist, verbleiben wir beim Nadelholz. Beim Nadelholz gibt es ein Wechselspiel von im Frühjahr gebildetem Holz, das weniger dicht ist - genannt Frühholz - und von im Herbst gebildetem Holz, das wesentlich dichter ausgeprägt ist - genannt Spätholz. Die Gründe für diese Dichteunterschiede liegen in unterschiedlichen Zellgrößen und Zellwandstärken. Das Spätholz wird auch als relativer Anteil an der gesamten Jahrringbreite angegeben. Nun ist es anerkanntes Praktikerwissen, dass breitringige Fichten- oder Kiefernbretter auch geringer in der Dichte sind, d. h. sie sind weniger schwer und konsequenterweise auch weniger fest. Was aber, wenn es genau umgekehrt ist, wenn also breitringige Bretter schwerer wären?

Dazu ein Gedankenspiel: Stellen wir uns zwei Fichtenbretter vor, fehlerlos, aber mit deutlich unterschiedlichen Jahrringbreiten. Welches Brett ist schwerer? Das eng- oder das breitringige? Oder keines von beiden? Wir können diese Frage nicht sofort beantworten, außer wir wiegen einfach die beiden Bretter ab. Wenn nämlich bei beiden Brettern der Anteil des Spätholzes am gesamten Jahrring exakt gleich groß ist, sagen wir 30 %, dann ist es ohne Relevanz, wie breit die Jahrringe tatsächlich sind. Beide Bretter sind gleich schwer, unabhängig von der Jahrringbreite.

Da es aber so ist, dass bei breiteren Jahresringen der relative Anteil des Spätholzes meist geringer ist, wird konsequenterweise auch die Holzdichte weniger. Dass dies aber nicht immer der Fall ist, sehen wir an bestimmten Nadelholzarten aus den USA (Southern Yellow Pine). Diese bilden bei starkem Wuchs mitunter relativ mehr Spätholz aus: breitringiges Holz ist dann schwerer. Der Zeitpunkt des Überganges vom Frühholz zum Spätholz wird interessanterweise durch die Nadeln am neu entwickelten Längstrieb bestimmt. Erst wenn sich diese Nadeln voll entwickelt haben und physiologisch so richtig aktiv sind, werden plötzlich Spätholzzellen im Holz gebildet. Je nach Alter des Baumes, je nach Standort und nach Witterung, kann dieser Zeitpunkt sehr unterschiedlich ausfallen. Daraus folgt dann ein unterschiedlicher Spätholzanteil.

Verwirrend? Zur allgemeinen Erheiterung kann ergänzt werden, dass das ganze Verwirrspiel beim Laubholz noch mal ganz anders ist. Dort gibt es zunächst eine Reihe von Holzarten, die gar keinen Zusammenhang zwischen Jahrringbreite und Dichte zeigen, wie beispielsweise Birke, Ahorn, Linde oder auch Buche, und dann gibt es solche, wo der Zusammenhang genau umgekehrt zum Nadelholz ist, wie zum Beispiel die Eiche. Beim Eichenholz nimmt die Holzdichte mit breiteren Jahresringen zu und es ist nur leicht tröstlich, dass bei der Eiche dieser Zusammenhang stets gleich bleibt. Zumindest wurde bis jetzt noch von keinem umgedrehten Zusammenhang berichtet. Holz ist einfach etwas komplizierter aufgebaut als so manch anderes Material.
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