13672369714284.jpg

BSP von Hasslacher © Hasslacher

Hochfrequente Höchstleistung

Ein Artikel von DI Hannes Plackner (für Timber-Online bearbeitet) | 30.04.2013 - 00:50
Kallesoe Machinery aus dem dänischen Lem baut seit 1994 Hochfrequenzpressen für die Leimholzindustrie. Das 19. Jahr des Bestehens wird wohl in die Unternehmensgeschichte eingehen. Denn kürzlich wurden zwei Anlagen installiert, welche die Grenzen dessen, was bislang mit der Hochfrequenztechnik möglich war, verschieben. Es müssen aufregende Monate für Geschäftsführer Bruno Kallesøe gewesen sein, seit dem August des Vorjahres. Damals verlautbarte er „den größten Auftrag seit Unternehmensgründung“. Gleich zwei 40 t schwere Pressen bestellte Pfeifer Holz für ihr BSH-Werk in Imst. Technisch noch anspruchsvoller war die Anlage, die kurz danach aus Kärnten geordert wurde. Hasslacher Norica Timber montierte Anfang April die erste industrielle BSP-Linie, wo die Dänen eine bislang einzigartige Methode zur Verschnittoptimierung umgesetzt haben.
Mit diesen beiden Referenzkunden in der Tasche wird das ein Ligna-Auftritt mit geschwellter Brust werden. Denn von den Lösungen, die Kallesoe für die Leimholz-Branchenprimi aus Österreich entwickelt hat, können auch andere Betriebe profitieren. „Wir werden in Hannover etwa unsere neu entwickelte Lege- und Beleimstation präsentieren“, informiert Kallesøe vorab. Doch zunächst springen wir von Dänemark in die österreichischen Alpen. Erstes Ziel ist Tirol.

Mit Hochfrequenz in die Top 3 Europas

13672369735585.jpg

1280?t Presskraft bringt diese Anlage auf - der mögliche Querschnitt reicht bis 3,2?m mal 40?cm © Kallesoe

Seit 1985 produziert Pfeifer Holz in Imst Brettschichtholz. Die maximal 135.000 m3, welche die Werkshallen jährlich verließen, waren für hohe Qualität bekannt. Aber es handelte sich fast ausschließlich um Standardware, die in großen Chargen hergestellt und ausgeliefert wurde. Doch der Trend geht zur Listenfertigung. Also entschied sich Pfeifer für eine möglichst flexible Pressenanlage – und landete bei Kallesoe. Die Tiroler orderten gleich zwei Linien. Deren Kapazität liegt laut Herstellerangaben bei bis zu 180 m3 in einer 7,5 h-Schicht. In Zahlen von Pfeifer Holz klingt das noch beeindruckender: 200.000 m3/J sollen künftig erzeugt werden. Die Imster stürmen damit in die Top 3 der europäischen BSH-Hersteller.
Das BSH wird von 10 cm bis 24 cm Breite verpresst. 6/8er-Breiten trennt die Pfeifer Holz nach der Presse auf. In der Höhe sind 1,28 m möglich. Die Länge reicht von 3 bis 24 m. Verklebt wird mit Melaminharzleim, wie es bei HF-Anlagen üblich ist.

Bring‘ die Moleküle zum Tanzen

Ein Wort zur Wissenschaft hinter der Hochfrequenz: Ein Wechselfeld mit 13,56 MHz bringt die bipolaren Wassermoleküle zum Schwingen. Das ist, physikalisch gesehen, nichts anderes als ein Temperaturanstieg. Die Wassermoleküle sind dort hoch konzentriert, wo die Temperatur benötigt wird: in der Leimfuge, die zielgenau in Sekundenschnelle erhitzt ist. Die Lamellen werden mit ihren 12 % Holzfeuchte von dem elektromagnetischen Feld dagegen nur minimal erwärmt.
Die exakte Presszeit hängt vom Leimsystem und den Dimensionen ab. Kallesoe spricht typischerweise von 3 bis 5 min. „Das ist ein Tempo, bei dem viele zu staunen beginnen“, berichtet er aus Erfahrung.

Vier Stationen von der Lamelle zum BSH

Von der beleimten Lamelle bis zum fertigen Brettschichtholzträger sind bei einer Kallesoe-Presse vier Stationen zu absolvieren:
Die HF-BSH-Presse beginnt mit einem doppelten Rollengang. Dort können die beleimten Lamellen gleich über zwei Querförderer aufgegeben werden. Das hat zur Folge, dass die Rohware schneller in Richtung Formstation laufen kann, ohne dass das Risiko einer Kollision besteht.
Ein Querförderer zieht die Lamellen von der Rollenbahn ab und hebt sie mit Aufrichtern über eine Kurvenbahn in die Senkrechte. Dort werden die Lamellen fixiert, bis der Binderquerschnitt fertiggestellt ist. Durch Leerfugen werden mehrere Träger gleichzeitig aufgelegt und so der maximale Pressquerschnitt ausgenutzt. Bei Pfeifer ist die größte Version der Presse mit 1,3 m Arbeitsbreite installiert.
Das Einlaufband vor der HF-Presse ist mit Seitenstützen versehen. Das verhindert, dass insbesondere kurze Lamellen während des Transports in die Presse umfallen. Dann schiebt sich die beleimte und vorgeformte Ware in die Presse. Da die Binder (meist) länger als die Presszone sind, wird nach und nach verpresst.
Im Herzstück, dem Hochfrequenzbereich, werden die Lamellen zusammengedrückt. Ein zweistufiges Hydrauliksystem sorgt dafür, dass dies ohne lange Wartezeit geschieht. Dann setzt das HF-Feld ein und erhitzt die Leimfugen.

Rüstzeiten adé

13672369758215.jpg

Größter Auftrag der Unternehmensgeschichte: Kallesoe Machinery lieferte zwei Hochfrequenz-BSH-Linien in das neue BSH-Werk von Pfeifer in Imst - jährlich 200.000?m3 qualitativ hochwertiges Brettschichtholz werden dort künftig erzeugt ? und zwar marktgerecht in der flexiblen Listenfertigung © Kallesoe

Ob da jetzt längere oder kürzere Lamellen zur Presse kommen, ist irrelevant. Unterschiedliche Binderhöhen und -breiten lassen sich ebenfalls ohne Umrüstung erzeugen. Das ist nicht nur für den Produktionsverantwortlichen praktisch, sondern öffnet Pfeifer eine komplett neue Produktwelt: „BSH wird von Industriekunden und Holzhandel vorwiegend projektbezogen bestellt. Dank unseres neuen Werkes können wir die Produktion flexibel gestalten“, sagt Pfeifers Vertriebsleiter Tobias Schindler im jüngsten Unternehmensmagazin „Timber 2“, in dem die neue BSH-Anlage stolz vorgestellt wird. So sieht marktgerechte Investitionspolitik aus.
Damit verlassen wir die Lechtaler Alpen und wenden uns den Hohen Tauern zu. Und von stabförmigem Leimholz schwenkt der Fokus auf Brettsperrholz.

BSP-Presse wird Messehighlight

13672369714284.jpg

BSP von Hasslacher © Hasslacher

In Stall im Mölltal, an der Südseite des Großglockner-Massivs, baut Hasslacher Norica Timber gerade das modernste BSP-Werk Österreichs auf. Bis vor Kurzem wurde dort noch mit Vakuum gepresst. Anfang April schickte Kallesoe aber die bislang größte Presse von Dänemark nach Österreich, die sie jemals gebaut haben. 100 t bringt diese Anlage auf die Waage. Sie ist auf eine Kapazität von 60.000 m3/J im Dreischichtbetrieb ausgelegt. Doch die Besonderheit der Anlage liegt nicht in den Mengen, sondern eher in dem, was nicht verpresst wird. Kallesoe hat in Zusammenarbeit mit der Maschinenfabrik Springer, Friesach, (Mechanisierung) eine BSP-Anlage mit innovatiover Verschnittoptimierung in industriellen Maßstab gebaut. Die Pressentechnologie im Mölltal ist gar nicht so anders als jene der BSH-Anlage. Wieder läuft die Produktion über vier Stationen:
Der Einlauftisch ist 20 m lang und besteht aus einer klassischen Kettenbahn. Die BSP-Platten liegen auf einer Kunststoffplatte. Damit behalten die beleimten Lamellen ihre Form beim Ein- und Austransport. Etwaige Leimtropfen können von der Polymeroberfläche leicht entfernt werden. Es können mehrere Elemente übereinander platziert werden, solange die Pressöffnung von 40 cm nicht überschritten wird. Die Mindeststärke der BSP-Elemente liegt bei 6 cm.
Der Presskuchen wird von zwei mitlaufenden Anschlägen vorne und hinten gepackt und in die Presse geschoben. Die Press- und Hochfrequenzzone ist 4 m lang. Die BSP-Elemente werden nach und nach fertiggestellt.
Von oben drücken 30 Hydraulikzylinder, die je 180 mm Durchmesser haben, auf die beleimten Lamellen. Der Druck erreicht 10 kg/cm2. Bei einer Pressfläche von 4 mal 3,2 m summiert sich das auf unglaubliche 1280 t. Sobald der Pressdruck aufgebaut ist, baut ein 200 kW-HF-Generator sein Wechselfeld auf und bringt die Wassermoleküle in Schwingung.
Wenn die letzte Sektion des Elements ausgehärtet ist, transportiert der Schieber die Platte auf die Ausgaberollenbahn. Von dort läuft sie weiter zur Abbundstation.
Zum Transport von der Nordseeküste in die Hohen Tauern wurde die Anlage in der Mitte geteilt und mit zwei Lkw auf die Reise geschickt. Zusätzlich schickte Kallesoe 30 t an Mechanisierung (Ein- und Ausgabetisch, Schieberanschläge) über die Alpen.

Hohe Qualität, kundengenau gefertigt

13672369699666.jpg

Erste industrielle BSP-Presse mit bislang einzigartiger Verschnittoptimierung von Kallesoe © Kallesoe

Der Brettsperrholzboom scheint weiter ungebrochen. Kein Wunder, dass sich Kallesoe Machinery auch in diesem Segment engagiert. Dass die BSP-Platten ohnehin fast ausschließlich auftragsbezogen erzeugt werden und die Dänen jahrelange Erfahrung in der kommissionierten Leimholzfertigung haben, gibt ihnen natürlich einen Vorteil. „Ich sehe jedenfalls riesiges Potenzial in diesem Pressentyp. Wir rechnen mit großem Interesse auf der Ligna in Hannover“, sagt Kallesøe. Angesichts der Holzpreise, die aller Voraussicht nach langfristig weiter steigen werden, ist die verschnittoptimierte Elementproduktion höchst relevant.
Je nach Kundenstruktur können mehrere Tausend Kubikmeter Brettsperrholz jährlich als Tür- und Fensterausschnitten anfallen. „Wir bieten ein System, wo wir Fenster- und Türen bereits bei der Legesation freilassen. Das spart Holz, Leim und ist bei der Weiterverarbeitung einfacher“, reißt Kallesøe (der übrigens sehr gut Deutsch spricht) an. Er und sein Messeteam werden in Hannover dazu Rede und Antwort stehen. Vor allem die Methodik bei der Formstation und die Beleimtechnik dürften interessant werden. Das wird übrigens der zweite Schwerpunkt am Kallesoe-Messestand werden: „Wir zeigen eine neue, effiziente Lamellenauflage- und Beleimanlage sowie ein extra dafür entwickeltes Kolbenpumpensystem. Diese eignet sich für Hochfrequenzpressen ebenso wie für Heiß- und Kaltpressprozesse“.