Es roch nach frisch gebrühtem Kaffee, Schweißarbeiten und neu lackierten Maschinen. Ferne Hammerschläge durchdrangen die Luft und verrieten volle Produktion im hinteren Teil der Halle. Vorne aber – bei Kaffee und Snacks – war alles wie gewienert. Eine Reihe von Kappsägen standen für die Hausmesse in Rottweil/DE bereit. Es sind Anlagen von Reinhardt Maschinenbau, dem Erfinder der Schieberkappsäge. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Denn nach einer Insolvenz zu Jahresbeginn stand die Zukunft des Unternehmens auf der Kippe. Doch der ehemalige Mitbewerber Paul, Dürmentingen/DE, hat den Betrieb übernommen. Nach einigen Monaten hat sich herausgestellt, dass sich die nunmehrigen Partner „ideal ergänzen“, wie Franz Reinhardt sagt. Die Zukunft des Standorts ist gesichert. Die Marke wird fortbestehen (s. Kasten).
Das Baden-Württemberger Unternehmen stellte fast sein komplettes Sortiment aus. Interessenten aus halb Europa waren zu der Veranstaltung gekommen und begutachteten bewährte Technik und neue Entwicklungen. Flaggschiff ist eine neue Slimline-Kappsäge, welche auch den Längsschnitt beherrscht. Das ist eine Innovation, die vor allem Kistenproduzenten interessieren wird.
Das Baden-Württemberger Unternehmen stellte fast sein komplettes Sortiment aus. Interessenten aus halb Europa waren zu der Veranstaltung gekommen und begutachteten bewährte Technik und neue Entwicklungen. Flaggschiff ist eine neue Slimline-Kappsäge, welche auch den Längsschnitt beherrscht. Das ist eine Innovation, die vor allem Kistenproduzenten interessieren wird.
Das Ziel lautet: einfach zur Kiste
Highlight der Hausmesse war die Slimline Formatic. Diese speziell entwickelte Maschine für den Verpackungsbereich vereint erstmals Kappschnitte mit Längsauftrennung. Reinhardt hat die Formatic für die automatisierte Herstellung von Decks entwickelt. Darunter versteht man Boden-, Wand- und Deckenteile, etwa für Exportverpackungen. Wenn nun beispielsweise ein 60 cm breiter Deckel ansteht, aber nur 23 cm breite Bretter zur Verfügung stehen, muss ein Brett besäumt werden. Das geschieht mit der Slimline Formatic vollautomatisch. Der Bediener legt die Werkstücke nur noch auf und sofort schneidet die ReinhardtAnlage automatisch die nötige Breite – und natürlich auch die korrekte Länge – ab. Wie sehr die Kapp- und Längsschnittsäge automatisiert sind, lässt sich frei wählen. Zwei der bisher ausgelieferten Anlagen sind beispielsweise für das Nachrüsten mit einer Stapelmaschine im Auslauf vorbereitet.
Der Kunde wollte es so
Hier liegt ein Paradigmenwechsel vor: Erstmals sägen Kappsägen auch der Länge nach © Hannes Plackner
Auf der Hausmesse in Rottweil war eine solche Formatic ausgestellt und erregte unter den Besuchern großes Interesse.
Software behält den Überblick
Die Verpackungshersteller sind in einer Zwickmühle. Obwohl immer öfter individuelle Maße bestellt werden, ist der Zeitdruck groß. Um profitabel zu bleiben, braucht es große Stückzahlen. Gleichzeitig muss der Verschnitt so gering wie möglich bleiben. Die eigentliche Arbeit beginnt weit vor dem Auflegen der Hölzer. Reinhardt liefert seine Anlagen mit dem Steuerungs- und Optimierprogramm „Paletti“ aus. Darin werden alle Aufträge gesammelt und chargenweise optimiert.Bleiben wir beim Beispiel Kistenproduzent. Die Stücklisten aller Aufträge für – zum Beispiel – eine Schicht werden gemeinsam optimiert. Paletti bestimmt auf Knopfdruck, welche Stücke wie aus der Rohware herausgeschnitten werden, um die Ausbeute zu optimieren. Die Holzersparnis gegenüber der klassischen Pi-mal-Daumen-Methode erreicht laut Messungen von Reinhardt 10 % und mehr. Das Ergebnis der Optimierung ist auf die Anzahl der Abstapelplätze abgestimmt.
Welche Kiste in dem Pool an Aufträgen zuerst abgearbeitet wird, bestimmt der Bediener. Bequem (und fehlerfrei) scannt er den Auftragszettel mit Barcode ein. Alles Weitere kann er vom Monitor ablesen. Das geschieht mit Paletti und Reinhardt-Anlagen nicht nur verschnittoptimal, sondern auch in der richtigen Reihenfolge (zuerst der Deckel, weil man den erst zum Schluss braucht) und meist auch nachvollziehbar. Mehr als die Hälfte der Maschinen stattet Reinhardt mit einer Teileverfolgung aus. Das beginnt bei einem Monitor, der anzeigt, auf welchem Abschiebeplatz welche Kiste liegt, und reicht bis zum voll integrierten Etiketten- oder Tintenstrahldrucker.
Jeder, wie er wünscht
Die beschriebene Ausstattungsvielfalt ermöglicht in Verbindung mit der breiten Modellpalette eine akkurat auf die Bedürfnisse abgestimmte Maschine. Das wurde auch auf der Hausmesse deutlich. Allein vom Topseller Slimline waren mehrere Ausführungsvarianten ausgestellt. Diese kompakte Schieberkappanlage hat sich bei Herstellern von Verpackungen, Fenstern, Holzrahmenhäusern und Möbeln tausendfach bewährt. „Das ist unsere Allzweckwaffe“, sagte Reinhardt. Speziell für die Verpackungsindustrie wurde die Slimline Formatic entwickelt. Die einfachere Basicline kommt dagegen häufig im Holzhandel zum Einsatz, etwa beim millimetergenauen Zuschnitt von kommissionierter Bau- und Leimholzware aus 13 m-Stangen.Neue Märkte mit dem neuen Partner
Es geht aber noch größer. Während vorne die Besucher die ausgestellten Maschinen in Augenschein nahmen, wurde hinten gerade eine Großanlage fertiggestellt. Diese Varioline ist für einen kroatischen Kunden bestimmt. Ein Walzenvorschub bringt bei diesem Typ noch höhere Kapazitäten.Ohne jetzt zu sehr ins Detail zu gehen (dafür gibt es die Homepage), baut Reinhardt noch folgende Typen: Die Quickstop erledigt einfachen Längenzuschnitt bis zum vollautomatischen Fehlerauskappen. Die Twinloop besitzt zwei mitfahrende Kappsägen und ist damit laut Reinhardt Maschinenbau die weltweit schnellste Kappsäge für Massivholz. Die Economyline ist eine CNC-gesteuerte Optimierkappsäge für unbesäumte Bretter und Bohlen. Wichtigste Absatzmärkte Reinhardts waren traditionell in Europa. Durch den breiter aufgestellten Vertrieb von Paul geht‘s nun sogar weiter hinaus. Wer weiß, vielleicht kann man dann auf der dritten Hausmesse schon Gäste aus Übersee begrüßen.
Halb Europa war auf der Hausmesse
Reinhardt Maschinenbau hat bewegte Monate hinter sich. Nach finanziellen Turbulenzen landete der traditionsreiche Kappanlagenhersteller unter dem Dach der Maschinenfabrik Paul. An deren 80 km entfernten Standort Dürmentingen werden künftig Einzelteile gefertigt. Baugruppenfertigung, Konstruktion, Elektrotechnik, Lackierung, der Vertrieb in Europa – quasi das ganze Know-how – bleiben in Rottweil.„Für die Situation, in der wir waren, war das eine sehr gute Lösung“, freut sich Reinhardt. Sortiment und Marke werden weitergeführt. Ersatzteile und Service sind auch für Altmaschinen verfügbar. Das schätzen die treuen Kunden. Von einer Krise ist in Rottweil nichts zu spüren. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Davon überzeugten sich über 150 Besucher auf der zweiten Reinhardt-Hausmesse. Vertriebschef Joaquin Garcia war mehr als zufrieden. Die Gäste kamen nicht nur aus Deutschland. Österreicher, Belgier, Schweizer und sogar Spanier und Briten waren angereist.