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Die Veranstaltung "Holzbau Aktuell" nahm in Salzburg ihren gelungenen Anfang. © Kathrin Lanz

Stärken und Schwächen der Hybride

Ein Artikel von Kathrin Lanz | 17.04.2018 - 12:18
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Hermann Kaufmann
© Kathrin Lanz

Den Anfang machte Hermann Kaufmann. Der Architekt ist in Vorarlberg als Sohn einer Zimmermannsfamilie aufgewachsen und wusste: „Hybrid ist im Holzbau ja nichts Neues. Seit jeher gibt es gemauerte Sockelgeschosse. Bis in die 1960er-Jahre war die Kombination von Holzbalkendecken und Wänden aus Mauerwerk in europäischen Städten Standard.“

Doch was ist gemeint, wenn man heute von einem hybriden Bauwerk spricht? „In der Branche herrscht gerade etwas Verwirrung, was die Begrifflichkeiten betrifft“, brachte der Architekt seine Empfindung auf den Punkt. „Man muss zwischen hybriden Bauwerken, Bauweisen und Bauteilen unterscheiden.“ Ein Bauwerk ist somit noch nicht hybride, nur weil es hybride Bauteile verwendet. Im vielleicht bekanntesten Hybridbauteil Holz-Beton-Verbund (HBV) sah Kaufmann etliche Vorteile – von der Möglichkeit größerer Spannweiten bis zum verbesserten Schwingungs- und Durchbiegungsverhalten. „Das heißt aber nicht, dass wir nur hybrid in die Höhe bauen können.“

„Das heißt aber nicht, dass wir nur hybrid in die Höhe bauen können.“


Hermann Kaufmann

Schwinden des Betons entscheidend

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Konrad Merz © Kathrin Lanz

Auch der bekannte Bauingenieur Konrad Merz sah im Holz-Beton-Verbund gerechtfertigte Einsatzgebiete. „Im Wohnbau setzen wir beispielsweise bei Deckenspannweiten von über 5 m HBV-Träger ein.“ Je nach Anforderung des Bauwerks bedient sich das Ingenieurbüro Merz Kley Partner verschiedener Kombinationsmöglichkeiten von Verbundstoffen. „Schrauben brauchen wir vor allem bei Balkendecken. Daneben funktioniert der Verbund ebenfalls über Kerven oder eingeklebte Bleche“, sagte Merz. „Am Ende des Tages ist das Schwinden des Betons das entscheidende Kriterium. Deshalb ist dessen Nachbehandlung essenziell.“ Dabei warf Merz das Bild einer frisch eingegossenen Ortbetondeck, die vollständig mit Matten bedeckt und mit Wasser bespritzt war, an die Vortragswand. Vor allem das Argument Wirtschaftlichkeit nannte Merz zusätzlich als Grund für den Einsatz von HBV.

„Die Nachbehandlung des Betons ist essenziell.“


Konrad Merz

Gründerzeithäuser als Sanierungsfelder

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Dr. Wilhelm Luggin
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Bauingenieur Dr. Wilhelm Luggin gab Tipps zur Sanierung von Gründerzeithäusern. Die typisch fünfgeschossigen Bauwerke weisen meist ein Keller- und Erdgeschoss in Massivbauweise auf. Darüber erstrecken sich Ziegelbauwände und Holztramdecken. Die oberste Geschossdecke sei oftmals eine Dippelbaumdecke. Die Häuser weisen in der Regel nur geringe Lastreserven auf. „Deshalb ist bei der Sanierung darauf zu achten, dass die Belastungen nicht größer werden als der ursprüngliche Aufbau.“ Als gebräuchliche Verstärkungsmöglichkeiten einer Holztramdecke nannte Luggin beispielsweise eine Holz-Holz-Verbundkonstruktion mit einer Verstärkungsplatte aus Brettsperrholz oder die Ausbildung einer Holztram-Verbunddecke mit Stahlbeton. Und das Sanierungsfeld sei weit: Derzeit gebe es in Wien noch rund 15.000 Gründerzeithäuser.

„Bei der Sanierung ist darauf zu achten, dass die Belastungen nicht größer werden als der ursprüngliche Aufbau.“


Dr. Wilhelm Luggin

Hochleistungs-BSH-Träger in Arbeit

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Dr. Gerhard Dill-Langer
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Einblick in seinen Forschungsbereich gewährte Dr. Gerhard Dill-Langer von der Materialprüfanstalt (MPA) der Universität Stuttgart. Er beschäftigt sich damit, wie man aus Brettschichtholz (BSH) und Furnierschichtholz (FSH) Hochleistungs-Hybridträger machen kann. „Während für die allermeisten BSH-Bauteile die Basis-Festigkeitsklasse GL24 ausreicht, sind für anspruchsvollere Konstruktionen höhere Klassen notwendig.“ Rund 105 Träger testete der Wissenschaftler und kam zu dem Schluss: BSH-Hybridträger weisen auch bei nur geringem FSH-Anteil in Abhängigkeit von der Holzart hohe bis sehr hohe Biegetragfähigkeiten beziehungsweise Biegefestigkeiten auf.

„Für anspruchsvollere Konstruktionen sind höhere Festigkeitsklassen als GL24 notwendig.“


Dr. Gerhard Dill-Langer

60 neue Bauteilvarianten auf Dataholz

Nach weiteren bauphysikalischen Forschungsergebnissen berichtete Bettina Plössnig-Weigel von der Holzforschung Austria noch über Neuerungen zur Plattform Dataholz. Seit 2004 online verfügbar, unterzog man das Internetportal einem optischen und technischen Relaunch. Beispielsweise gibt es nun eine „Planungshilfe Flachdach“. Zudem sind 60 neue Bauteilvarianten mit innen liegender Holzoberfläche dazugekommen. „Hier gingen wir auf die Wünsche vieler Holzbauunternehmer ein.“

„Wir gingen auf die Wünsche vieler Holzbauunternehmer ein.“


Bettina Plössnig-Weigel

BIM beginnt im Wald

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Thomas Rohner © Kathrin Lanz

Den Abschluss der gelungenen Debütveranstaltung machte Univ.-Prof. Thomas Rohner von der Berner Fachhochschule mit einem schwungvollen Beitrag zum Thema Building Information Modeling (BIM). Rohner schaffte es, ein so häufig behandeltes Thema trotzdem mit interessanten Aspekten zu belegen. Vor allem ermutigte er auch Kleinunternehmer, BIM in Angriff zu nehmen: „Das ist nicht nur etwas für die Großen.“ Denn jeder brauche ein Netzwerk an Spezialisten, die alle die gleiche Sprache sprechen. Beim Bau des Bieler Campus begann die Kommunikation über BIM schon bei den Förstern des Berner Kantonforsts, dessen Holz für den Bau verwendet wurde. „Allerdings haben wir noch Zeit, uns langsam mit dem Thema auseinanderzusetzen“, beruhigte der Experte die Hörerschaft.

„BIM ist nicht nur etwas für die Großen.“


Thomas Rohner

Nach intensiven eineinhalb Tagen beendete der Holzforschungs-Institutsleiter Dr. Manfred Brandstätter die Seminarreihe – bis sie 2020 in die zweite Runde geht.