In Europa konnte das Holz-Kunststoff-Komposit bisher nur im Innenbereich nennenswerte Marktanteile erreichen © DI Robert Spannlang
In den Naturfaser-Werkstoff-Labors gehe es heute weit eher darum, durch gezielte Mischungen mit Agrofasern wie Hanf oder Kenaf Holz-Komposit-„Legierungen” mit überzeugenden physikalischen Eigenschaften zu designen, betont Univ.-Prof. Dr. Rupert Wimmer, Leiter des Boku-Lehrstuhls für Naturfaser-Werkstoffe.
„Noch sind wir nicht beim Produkt, sondern erst beim Material.”
Alfred Teischinger
Kunststoff-Seite nicht Normungs-Feld überlassen. Die WPC-Industrie bewege sich derzeit noch eher am Material- als am Produkt-Level, gibt Teischinger zu bedenken. Noch gäbe es zu wenig genaue Vorstellungen in der Branche über WPC-Prozessketten vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt, wie sie etwa in der Holzindustrie existieren.
Dem entsprechend weit sei der Weg zur Standardisierung von WPC-Produkten in Europa, so der IHF-Leiter. Dabei gelte es, Holz- und Kunststoff-Aspekte auf einen Nenner zu bringen. Etwa bei der Frage der Prüfmethoden sollte man auf der Hut sein, um nicht von der Kunststoff-Seite überrollt zu werden, gewährt Teischinger - als einziger Vertreter in Holz-, WPC- und Kunststoff-Normungsausschüssen - einen Einblick hinter die Kulissen.
WPC-Großproduzent als Katalysator. Für den Durchbruch von WPC-Produkten am Markt bedürfe es eines internationalen Big Players mit etablierten Vermarktungs-Kanälen, entsprechendem Know-how und langem finanziellem Atem, so Teischinger. Ein solcher mit vielen Extrudern arbeitender Großproduzent könne dann durchaus auch kleinere Spezialisten mitziehen, fügt er hinzu.
Vorreiter-Produkte aus WPC. „Wichtig wäre es, ein Vorreiterprodukt zu lancieren, das eine Bresche für das Komposit schlägt und es am Markt bekannt macht”, fügt DI Dr. Asta Eder, WPC-Marktforscherin beim Kompetenzzentrum Wood K plus hinzu.
„Biogene Rohstoff-Zusammensetzung oder 100%-Abbaubarkeit alleine zieht nicht am Markt.”
Asta Eder
Allgemein verlagere sich die Aufmerksamkeit auch beim WPC immer mehr in Richtung Performance. Ähnlich wie hohe Füllgrade trete das Argument „100% abbaubar” dem gegenüber in den Hintergrund, so Eder. Derweil wird in der Branche von noch ungelösten Problemen gesprochen - etwa bei Formbeständigkeit speziell in Verbindung mit Kompositen aus recyclierten Polymeren.
Weg vom Möbel, hin zum Decking. DI Andreas Kampf, Marketing des Holzfaser- und Granulat-Lieferanten Rettenmaier & Söhne, Rosenberg/DE, sieht den Trend bei WPC-Anwendungen weniger beim Möbel als beim Decking auch in Europa. „Dort sind die Anforderungen nicht so hoch”, meint Kampf. Der Konkurrenz von Soft-Forming-Profilen aus MDF bei Möbeln könne WPC derzeit noch kaum etwas entgegensetzen, so der Baden Württemberger.
Design von Eigenschaften. Nicht-Holz-Fasern spielen im WPC-Materialmix eine immer größere Rolle. Eine Kombination des Holz-Polymer-Extrudats mit den Agrofasern könnte die Festigkeits-Eigenschaften des Komposits erhöhen und gleichzeitig sein Gewicht reduzieren, deutet Wimmer an. Dabei ist jedoch die Herstellung eines Kurzfaser-Granulates nötig, das in der Schmelze gleichmäßig verteilt werden kann. „Das volle Potenzial der Agrofasern ist daher nur eingeschränkt nutzbar”, betont Wimmer. Nachteile der Agrofasern - schwere Verarbeitbarkeit und hoher Preis bei homogener Qualität - würden bei optimierter Dosierung kaum durchschlagen. So könnten beigemengte Hanf-Fasern WPC für noch anspruchsvollere Formteile im Automobil-Bau prädestinieren, meint der Fasertechnologe. Renommierte Forschungsanstalten wie die IFA-Tulln oder das Welser Transfercenter für Kunststofftechnik (TCKT) führen derzeit umfassende Versuchsreihen mit agrofaser-verstärktem WPC durch.
Konkurrenz Energiepflanzen. Eine weitere Konkurrenz erwächst dem Holz-Kunststoff-Komposit von Energiepflanzen und Biomasse-Projekten, die auf der Agenda von Fördergebern ganz oben stünden, sind sich Teischinger und Wimmer einig. Dennoch: „Es wird auch in Europa ein nachhaltiges Wachstum bei WPC geben”, ist Wimmer sicher. „Viele scharren bereits in den Startlöchern”, weiß er, und: „Der Hunger nach einer echten Produkt-Innovation ist groß."