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Gute Kooperation: Joachim Reitbauer, Unternehmensberatung Reitbauer, Karl Oberer jun., Oberer Transporte, Martin Bauer, Holz-Bauer, Sonja Taucher, Oberer Transporte, Marco Oberscheider, Jan Zazgornik, beide Ingentus Decision Support (v.li.) © Philipp Matzku

Ingentus Decision Support

Optimierte Transporte

Ein Artikel von Philipp Matzku | 03.11.2020 - 14:00

Das Wiener Softwareunternehmen Ingentus Decision Support entwickelte ein webbasiertes Dispoassistenzsystem (Daisy) zur Transportoptimierung. In dem kooperativen Modell wird ausgelotet, inwieweit sich mit einer dynamischen Planung und einer einfachen horizontalen Kooperationsmöglichkeit kosten- und emissionssenkende Maßnahmen setzen lassen.

2019 konnte der Pelletsproduzent Holz-Bauer, Floing, als Anwendungspartner gewonnen werden. Dieser produzierte 2019 8000 t Pellets und verkauft diese mehrheitlich an Privatkunden in der Region und einen Teil an Oberer Transporte. Das Handels- und Transportunternehmen Oberer Transporte, Eggersdorf bei Graz, nimmt seit heuer an dem Projekt teil. Oberer Transporte verkauft rund 9000 t/J Pellets.

„Das gesamte Projekt ist multilateral aufgebaut und marktreif. Ich bin mit weiteren gewerblichen Fuhrunternehmen von Rund- und Schnittholz im Gespräch, um diese als Kooperationspartner zu gewinnen“, erklärt Unternehmensberater und Projektkoordinator Joachim Reitbauer, Kumberg. Seiner Erfahrung nach fahren viele Holzfrächter aufgrund der teils sehr weiten Transportwege „kreuz und quer und machen sehr viele Leerkilometer“.

Synergieeffekte bei Auftragstausch

Die webbasierte Software erstellt automatisiert Vorschläge für die tägliche Einsatzplanung und führt unternehmensübergreifende Optimierungen durch. Sie prüft unter anderem den Tausch einzelner Aufträge und gibt den beteiligten Disponenten entsprechende Vorschläge. Aufträge mit einem Planungshorizont von einem Monat werden sofort automatisch verplant. Der Disponent kann für jeden einzelnen Tag Einsatzpläne erstellen, analysieren, manipulieren und freigeben. Dabei werden die Wegzeiten so gering wie möglich gehalten und alle definierten Regeln, wie Anlieferungszeitraum oder Lenkzeiten, eingehalten. Die Unternehmen führen grundsätzlich ihre eigene Disposition durch. Die Software überprüft bei den erstellten Plänen Synergieeffekte zwischen den Projektteilnehmern. Jeder Disponent legt fest, welcher Auftrag prinzipiell als Subauftrag weitervergeben werden darf und welcher in jedem Fall selbst durchgeführt werden soll – wie beispielsweise im Fall von Stammkunden. Die Frächter wiederum können einen Tausch bestätigen oder ablehnen.

Höhere Qualität – zufriedene Kunden

Aufgrund der oftmals kleinen Unternehmensgrößen wird die Disposition zumeist von den Geschäftsführern selbst durchgeführt. Diese Zeit fehlt dann für strategische und taktische Managementaufgaben im Betrieb. „Wie kann ich als Geschäftsführer an der Firma und nicht in der Firma arbeiten?“, beschreibt Reitbauer den Ist-Zustand. „Meine in die Disposition investierte Arbeitszeit hat sich seit der Einführung von Daisy von rund 5 h pro Woche um mehr als 80 % reduziert“, betont Holz-Bauer-Geschäftsführer Martin Bauer. Sonja Taucher, Geschäftsführerin bei Oberer Transporte, sieht in der Optimierung der drei verfügbaren Silo-Lkw, der Einsparung der gefahrenen Kilometer sowie der Einsatzzeit der Fahrer zentrale Vorteile im neuen System. „Wir waren 2019 an unserer Kapazitätsgrenze und können heuer mit der gleichen Anzahl von Lkw und Personal 20% mehr Aufträge abwickeln“, erläutert Taucher. Ein weiterer großer Vorteil ist die bessere Übersicht über offene, fixierte und disponierte Aufträge. „Ich kann entsprechend der Auftragslage meine Pelletsproduktion für die nächsten Tage gezielt steuern“, ergänzt Bauer. Der in der Software hinterlegte Algorithmus berechnet sehr schnell, welchem Fahrer und Fahrzeug die Aufträge zugeteilt sowie in welcher Reihenfolge, an welchem Tag und zu welchem Tageszeitpunkt die Transporte durchgeführt werden. „Der Algorithmus hat bei der Anwendung über einen längeren Zeitraum von drei bis vier Monaten ein größeres Einsparungspotenzial als nur bei der Betrachtung von einer Woche“, informiert Ingentus-Geschäftsführer Jan Zazgornik. „Die Hälfte unserer rund 1000 Kunden wollen nach dem Sommer beliefert werden. 400 Bestellungen treffen bereits im April ein und können so frühzeitig disponiert werden“, erklärt Bauer.

Elektronischer Lieferschein

Kunden, welche nur an bestimmten Tagen oder zu gewissen Tageszeiten beliefert werden können, haben Priorität. Im Fall von schwierigen Anfahrtswegen, wie beispielsweise bei Gewichtsbeschränkungen von Brücken, sollten die Fuhren am Ende des Tages durchgeführt werden – dann sind nur mehr wenige Tonnen Pellets in den Silos der Lkw.

Die Lkw-Fahrer erhalten über ihre Tablets einen Überblick über die disponierte Tagestour mit Kundennamen und -adresse, Telefonnummer, Liefermenge sowie Zeitfenster.

Die Adresseingabe erfolgt über Google Maps, wobei die Fahrer auch noch Besonderheiten der Lieferung vor Ort vermerken und den genauen Entladeort in der Karte definieren können. „Dies ist wichtig, da nicht jeder Fahrer jedes Jahr zum selben Kunden kommt und die Verhältnisse vor Ort kennt“, betont Zazgornik.

Die Kunden unterschreiben am Tablet einen elektronischen Lieferschein. Die Disponenten haben somit in Echtzeit einen Einblick in die durchgeführten Aufträge und können diese direkt zur weiteren Verrechnung freigeben.

Das Projekt wurde aus Mitteln des österreichischen Bundesverkehrsministeriums gefördert und im Rahmen des Programms – Logistikförderung durch die Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft (SCHIG) abgewickelt.

Holz-Bauer

Standort: Floing
Gründung: Mitte des 20. Jhd. Bauholzsägewerk; 2009 Pelletsproduktion
Geschäftsführer: Martin Bauer
Mitarbeiter: 4
Pelletsproduktion: Kapazität 10.000 t, 8000 t/J (2019)
Maschinen: Salmatec-Pelletspresse, Stela Laxhuber-Bandtrockner (2019)
Vertrieb: Private und Gewerbe (regional)

Oberer Transporte

Standort: Eggersdorf bei Graz
Gründung: 1957
Geschäftsführer: Sonja Taucher, Karl Oberer jun.
Mitarbeiter: 6
Handel: Biomasse, 80 % Pellets (9000 t/J)
Fahrzeuge: Drei Silo-Lkw, zwei Biomasse-Lkw