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Vortragende bei der internationalen Brandschutz-Konferenz in Innsbruck © DI Robert Spannlang

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Ein Artikel von DI Robert Spannlang | 05.05.2006 - 00:00
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Vortragende bei der internationalen Brandschutz-Konferenz in Innsbruck © DI Robert Spannlang

Holz erfährt als Baustoff für Wohnobjekte bei Bauträgern, Architekten und Wohnwerbern immer größeren Zuspruch. Oft sind es Politiker und Baubehörden, die bisher durch historisch gewachsene Baunormen und Brandschutzbestimmungen die technischen Möglichkeiten von mehrgeschossigen Wohnbauten in Holzbauweise sehr weit eingeschränkt haben.
Referenten aus zehn Nationen. Die Vortragsveranstaltung „Feuersicheres Bauen mit Holz - europäische Entwicklungen” am 25. April an der Universität Innsbruck war ein Vorstoß im Bemühen, Brandschutznormen durch Erkenntnisse aus Großbrandversuchen auf eine neue theoretische Grundlage zu stellen. Referenten aus zehn europäischen Nationen nahmen zu Normvorschriften in ihren Ländern Stellung und diskutierten deren mögliche europaweite Harmonisierung. Die vom Fachverband der Holzindustrie, von proHolz Tirol, dem Holzbaulehrstuhl der Universität Innsbruck und dem Kompetenznetzwerk Holz organisierte Veranstaltung fand mit 70 Zuhörern gute Resonanz bei Studenten, Lehrpersonen und Holzbau-Unternehmern.„In Holland gibt es keine Stockwerksbegrenzung für Holzbauten. Ein Fünf-Geschosser müsste aber einem Feuer 120 Minuten lang standhalten können. Ob das aber noch wirtschaftlich zu realisieren ist, weiß ich nicht.”
Frans PaapGroße Unterschiede in Europa. „Bei den nationalen Brandschutzbestimmungen in Europa gibt es große Unterschiede”, erklärte Dr. Esko Mikkola, Unversität für Technologie Helsinki/FI. „Dafür gibt es oft keine sachlichen Erklärungen. Vielmehr sind sie meist Resultate historischer Entwicklungen.” Großbrände in den Großstädten wirkten oft viele Jahrzehnte in Baunormen nach, so Mikkola.
Großbrandversuche machen Furore. Experten stellen heute den gängigen, auf statistischen Daten beruhenden Brandschutz-Kategorien neue, vom tatsächlichen Brandverhalten abgeleitete gegenüber. An Großbrand-Versuchen lassen sich nicht nur hochkomplexe Brandsimulationen kalibrieren. Sie fördern anschaulich und publikumswirksam eine Bewusstseinsbildung in der Politik und der Bevölkerung, betonten einige Referenten.
„Ein Abbrandversuch eines sechs-stöckigen Holzbaus in einem Flugzeug-Hangar bewirkte nicht nur eine lange angestrebte Harmonisierung der einschlägigen Baunormen in England, Schottland und Nordirland. Kurze Zeit später waren Holzbauten mit sechs Stockwerken unter gewissen Auflagen zulässig”, berichtete Dr. Julie Bregulla. Überzeugende Resultate bei der weitgehenden Integrität von Brandabschnitten innerhalb des Gebäudes sowie die relativ gefahrlose der Evakuierung und der Zugang von Einsatzkräften über Holztreppen nach 30 minütigem Brand hatten die Behörden zum Umdenken bewogen. „Das bedeutete in vielen Fällen auch das Ende von Anforderungen der Nicht-Brennbarkeit - etwa für Decken bis Bauhöhen von 18 m”, betonte die junge Universitätsdozentin.
Sprinkler reduzieren Träger-Querschnitte. „Wird bei einem Gebäude in Holzbauweise eine Sprinkleranlage installiert, kann der Feuerwiderstand für tragende und brandabschnittbildende Holzbauteile um bis 30 Minuten reduziert werden. Der Einbau einer Sprinkleranlage bietet somit neben der Erhöhung der Brandsicherheit auch eine wirtschaftlich interessante Möglichkeit für mehrgeschossige Holzbauten”, zeigte Reinhard Wiederkehr neue Möglichkeiten des Brandschutzes in der Schweiz auf. Aufsehen erregende Brandversuche an Holzfassaden in Merkers/CH zeigten, dass die Brennbarkeit alleine nicht maßgebend sei, sondern die Gesamtkonstruktion den größten Einfluss habe, so der Holzbau-Ingenieur. „Es gab danach viele Folgeprojekte aus Holz in der Schweiz”, erklärte auch er.
Maßnahmen-Effizienz nach Hofburg-Brand. Mathematische Analysen zur Maßnahmen-Effizienz vor und während des Brandes der Wiener Hofburg 1992 stellte der Brandschutzexperte Hon.-Prof. Dr. Hans Hartl vor. Dabei wurden die Erfolgswirkungen der Maßnahmen den Kosten gegenübergestellt. Das Ergebnis: Technische Maßnahmen zur Feuerunterdrückung wie etwa Sprinkler oder zur Feuer-Auslösungsanzeige erwiesen sich als weit effizienter als das Vorhandensein einer mineralischen Bausubstanz.
Hartl plädierte für Euro-Normen, die als Basis für die Berechnung von Brandwiderstandsverhalten dienen können, die mit Versuchsergebnissen gleichwertig sind. „Die Brand-Risiko-Analyse ist eineMethode zur Bewertung von Brandschutzmaßnahmen in einer höchst objektiven Weise”, unterstrich er.„Beim Wiederaufbau der
Redoutensäle war die Rede davon, die ehemalige Dach-Holzkonstruktion nun in Metall auszuführen. Die Analysen zeigten: Wir sind weit davon entfernt, das Baumaterial auswechseln zu müssen.”
Hans HartlNationale Verantwortung für Sicherheitsniveaus. Brandschutz-Bestimmungen auf Basis tatsächlichen Brandverhaltens bewirkten in nordischen Länder vielfach eine Abkehr von Nichtbrennbarkeits-Anforderungen, so Dr. Birgit Östman vom Forschungsinstitut SP Trätek, Stockholm/SE. Sie sieht eine echte Chance für eine EU-weite Harmonisierung, auch wenn die Festlegung der Sicherheitsniveaus auch künftig nationale Verantwortung bleibe.
Weitere Forschungspotenziale beim Brandverhalten von Holzbauten machten die Experten in Innsbruck bei der Reduzierung des Schadausmaßes und bei hohlraumfreien Holzkonstruktionen aus.