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© By Swatch (No Restriction)

Blumer Lehmann

Spektakuläre Konstruktion

Ein Artikel von Ulrike Knaus (für holzkurier.com bearbeitet) | 30.10.2019 - 15:41

Swatch hat seinen Firmensitz in Biel um zwei Erweiterungsbauten und ein neues Hauptquartier für seine Marken Omega und Swatch vergrößert. Architekt Shigeru Ban schaffte es, den beiden unterschiedlichen Labels mit seinen Neubauten ein architektonisches Gesicht zu geben und die denkmalgeschützten Industriebauten aus der Frühzeit der Industrialisierung zu integrieren.

Unternehmenskultur in Holz umgesetzt

Shigeru Ban entwarf die drei Gebäude in unterschiedlichen Holzbautechniken. Die eindrucksvolle Form des Swatch-Neubaus windet sich am Fluss entlang durch die Landschaft und zieht sich über den neuen Hayek-Platz. Das lang gezogene Gebäude wird von einem riesigen, gitterförmigen Tragwerk aus Holz überspannt, das mit einer Länge von 240 m, einer Maximalspannweite von 34 m und einer Höhe von 26,8 m gewaltige Ausmaße hat.

Die Tragstruktur besteht aus elf verschiedenen Fassadenbestandteilen. Darunter sind geschlossene und gedämmte Elemente, transparente Glasflächen, Sonnenschutzvorrichtungen mit Sonnenschutzglas, Photovoltaik-Module, Teile mit Luftkissen aus ETFE-Folie und optische beziehungsweise akustisch wirksame Inlets.

Schweizer Planung für eine präzise Produktion

Für Blumer Lehmann, Gossau/CH, ist diese Konstruktion mit einer Fläche von 11.000 m2 die bisher größte Gitterschale, die in der Firmengeschichte realisiert wurde.

Alle 4481 Trägerelemente der gitterförmigen Tragstruktur sind Unikate. Zusammen mit den Holzbauingenieuren der SJB Kemptner Fitze und anderen Fachingenieuren sowie Architekten ermittelte Blumer Lehmann die Grundlagen, auf deren Basis ein detailliertes Koordinationsmodell erstellt werden konnte. Basierend auf dem 3D-Modell, definierten die Planer drei verschiedene Rohlingstypen aus Brettschichtholz: „gerade“, „einsinnig gekrümmte“ und „zweisinnig gekrümmte“ Träger. Wie die geraden Träger eignen sich auch einsinnig gekrümmte für schwach gekrümmte und leicht verdrehte Bauteile. Aufgrund der Gebäudeform kamen jedoch mehrheitlich zweisinnig gekrümmte Träger zum Einsatz, die aus Rohmaterial gefertigt wurden, das in – zwei Richtungen gebogen und verdreht – zu Brettschichtholz verleimt ist.

Aufwendige Montage in 16 m Höhe

Damit der Zeitplan eingehalten werden konnte, stellte Blumer Lehmann die Trägerelemente in fünf verschiedenen Produktionsanlagen, teilweise sogar in Vierschichtbetrieb, her. Die unterschiedlichen Krümmungsradien der bis zu 13 m langen Rohlinge erschwerten die Lagerung. Für die gesamte Tragstruktur wurden 6500 Schweizer Fichten benötigt, insgesamt verarbeitete man für dieses Projekt über 2000 m3 Holz.

„Die größte Herausforderung war es, die richtigen Teile zur richtigen Zeit auf der Baustelle zu haben. Ohne die dreidimensionale Planung an einem 3D-Modell wäre das gar nicht möglich gewesen“, erinnert sich Felix Holenstein, Projektleiter von Blumer Lehmann.

Eine Hilfskonstruktion diente dazu, die Hauptkonstruktion bis zur Fertigstellung zu stützen, und erlaubte es, die Installationen und die Fassadenarbeiten auszuführen. Da die Straße vor dem Gebäude befahrbar bleiben musste, wurde in 13 m Höhe eine zusätzliche Plattform als Montagetisch erstellt.

„Auch wenn alles vorher haargenau geplant und berechnet war, blieb die Spannung speziell bei der ersten Etappe hoch – bis die beiden Flanken schließlich millimetergenau aufeinandertrafen“, erklärt Holenstein abschließend.