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Mit dem neuen Unternehmenssitz „Haus des Holzes“ will Pirmin Jung eine Vorbildfunktion übernehmen und aufzeigen, wie man in Zukunft bauen sollte © Primin Jung

Interview

Zukunft in Holz

Ein Artikel von Günther Jauk | 02.07.2020 - 13:26

Mit dem geplanten Unternehmenssitz „Haus des Holzes“ wollen Sie nicht zuletzt eine Vorbildfunktion übernehmen und aufzeigen, wie man in Zukunft bauen soll. Wie kann diese Zukunft aussehen?

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Pirmin Jung © Valentin Luthiger

So, dass wir die Umwelt möglichst wenig belasten, und dafür ist Holz, nicht zuletzt als CO2-Speicher, prädestiniert. Wir müssen aber darauf achten, dass wir auch künftig noch genug Holz haben. Holz ist ausgesprochen vielseitig einsetzbar und künftig wird es einen Kampf um den Rohstoff geben. Also müssen wir heute schauen, dass wir in 70 bis 100 Jahren das Haus wieder demontieren und möglichst viele Teile davon auch wiederverwerten können. Unser Haus des Holzes wird vollständig demontierbar sein und als eines der ersten Büro- und Wohngebäude in der Schweiz nach Cradle to Cradle einen Baumaterialpass besitzen, der uns zeigt, was wir wiederverwenden können und was nicht. Natürlich überlegen wir uns jetzt genau, welche Materialien wir wo einsetzen und wie wir diese verbinden.

Welche Überlegungen werden hier konkret in die Entscheidung miteinbezogen?

Hier gilt es, zuerst zu überlegen, was braucht es statisch und was für den nötigen Wärme- und Brandschutz. Wir verwenden zum Beispiel BSP nicht als Flachdecke, sondern als 70 mm starke Beplankung der neu entwickelten nichtverklebten Rippendecken. Die Wände, welche nur Vertikallasten abtragen, werden in Rahmenbauweise gebaut, weil dies materialsparend ist. Für die horizontal hochbelasteten aussteifenden Wänden verwenden wir BSP, weil dieses Produkt beim Rückbau ohne große Zusatzbearbeitung wieder als BSP eingebaut werden kann. Es gilt, das richtige Material am richtigen Ort einzusetzen. Zudem achten wir sehr stark auf Regionalität – alle Produkte stammen aus einem Umkreis von 50 km. Ich brauche keinen Stahl von irgendwoher, wenn ich auch mit Material vor Ort bauen kann. Wenn wir die regionale Wirtschaft fördern, ergibt das in Summe eine Riesenkraft.

Wie wird das „Haus des Holzes“ geplant und wer ist daran aller beteiligt?

Auch hier haben wir die klassischen Wege verlassen. Es gab beispielsweise keine Fachplanersubmission, sondern ausgewählte Fachplaner, die sehr früh in das Projekt involviert wurden. Unser neuer Unternehmenssitz soll als gemeinschaftliches Werk entstehen, wo nicht jeder nur in seiner Disziplin denkt, sondern gemeinsam neue Lösungen entwickelt werden – bei den Handwerkern möchte ich dies ebenso halten. Geplant wird alles in 3D-Modellen – auf der Baustelle soll es keinen Plan, sondern nur noch Tablets geben. Aus unserer Sicht ist dies in allen Bereichen möglich – Pläne werden nur im Notfall gedruckt. Die Umsetzung dieses BIM-Musterprojektes ist für uns eine Herzensangelegenheit mit viel Entwicklungspotenzial, das uns für künftige Aufträge stärken wird.

Das klingt alles sehr aufwendig. Zahlt sich das auch finanziell aus?

Das Baufeld in Sursee ist sensationell und in Bahnhofsnähe gelegen. Von dort sind es nur 50 Minuten nach Bern, Basel und Zürich. Immer mehr Leute kommen dorthin, um zu arbeiten und zu leben. Rein in Beton könnte man es vielleicht um 10 % billiger bauen, aber die niedrigen Betriebskosten – wir müssen kaum noch heizen und produzieren selber Strom – machen dies teilweise wieder wett. Außerdem möchte ich für meine Mitarbeiter nicht die billigsten, sondern die besten Arbeitsplätze. Zwei Drittel meiner Kosten sind Personalkosten – und nur, wenn sich meine Mitarbeiter auch wohlfühlen, können sie auch beste Leistungen erbringen. Bemerkenswert ist auch die massive Nachfrage nach Büro- und Wohnflächen. Nachdem wir das Projekt in den Medien präsentiert hatten, hatten wir dermaßen viele Anfragen, dass wir die gesamte Fläche bereits hätten vermieten können, ohne dass jemand einen Plan gesehen hat. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und dieser Hype auch noch länger anhalten wird.

Das Haus des Holzes als Sechsgeschosser ist im Vergleich zu anderen Projekten, in die Sie involviert sind, eher niedrig. Wo liegt die Zukunft des modernen Holzbaus? Sind derart hohe Holzbauten, wie die 60 und 80 m-Türme in Zug, überhaupt sinnvoll?

Hochhäuser sind per se kaum wirtschaftlich, das hat in der Regel mit Prestige zu tun. Wenn aber ein Hochhaus gebaut wird, dann hat Holz absolut eine Berechtigung. Der große Markt liegt aber im normalen Gebäudebereich mit bis zu 30 m Höhe beziehungsweise acht Geschossen. Das Haus des Holzes soll ja ein Beispiel sein, wie man in Zukunft bauen soll. Dorthin kann man dann auch Politiker einladen und dies anschaulich kommunizieren.