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Der Lock, eine Haupt-Neben- träger-Verbindung, besticht mit einfacher Montage © Rothoblaas

ROTHOBLAAS

Mit Weitblick die Zukunft des Holzbaus gestalten

Ein Artikel von Günther Jauk (für holzkurier.com bearbeitet) | 19.11.2020 - 07:21

In nur einem Jahr stockte Rothoblaas die Anzahl seiner Tochtergesellschaften von 17 auf 22 auf. Erst vor wenigen Wochen eröffnete man den bislang jüngsten Unternehmenssitz in England – damit ist das Südtiroler Unternehmen jetzt in 76 Ländern auf fünf Kontinenten vertreten. Begonnen hat alles 1991 als Händler von Holzbearbeitungsmaschinen und Befestigungssystemen. Im Laufe der Jahre kam zum Vertrieb auch die Produktion von Befestigungssystemen und verdeckten Verbindern hinzu. Zudem wurde das Produktsortiment weitgehend erweitert und bietet nun auch Lösungen für die Bereiche Bauabdichtung und Schalldämmung sowie Absturzsicherungssysteme und auch Maschinen und Zubehör für die Holzbearbeitung. Heute, ein Jahr vor dem 30-jährigen Jubiläum, zählt das Unternehmen 400 Mitarbeiter – Tendenz steigend.

Die Eckpfeiler für diesen Erfolg sieht man bei Rothoblaas neben Wachstum und Nachhaltigkeit vor allem in der konsequenten Innovations- und Entwicklungsarbeit. „Wir ruhen uns nicht auf unseren Erfolgen aus, sondern arbeiten Tag für Tag mit Hartnäckigkeit und Entschlossenheit an Neu- und Weiterentwicklungen und treten dabei optimistisch jeder neuen Herausforderungen entgegen. Nur so können wir für den Holzbau immer wieder neue Maßstäbe setzen und unser Know-how mitten aus dem Herzen der Alpen in die Welt hinaustragen“, umreißen der Gründer und Geschäftsführer Robert Blaas und sein Kompagnon Peter Lang die Philosophie des Unternehmens.

Weitblick ist eines der Charaktermerkmale des Unternehmens. Dabei ist eine sorgfältige Zeitplanung aller zukünftigen Entwicklungen in den jeweiligen Tätigkeitsfeldern ausschlaggebend, um immer einen Schritt voraus zu sein. Derzeit sind die Südtiroler an mehreren Fronten tätig, wobei die Erweiterung des Hauptsitzes und insbesondere die des Lagers besonders ins Gewicht fällt. Bei Letzterem wird es sich um das größte und einzige Automatiklager in Holzbauweise in ganz Italien handeln. Darüber hinaus engagiert sich Rothoblaas – auch mithilfe der mittlerweile renommierten Rothoschool- Seminare – konsequent für die Entwicklung des Holzbausektors und arbeitet intensiv an der Umsetzung neuer Produkte, wie Slot, Sharp oder Spider, für die ein Planungswettbewerb auf internationaler Ebene ausgeschrieben wird. „Unser Bestreben ist es, die BSP-Hersteller tatkräftig zu unterstützen, um die Entwicklung der Branche zu fördern und so dieser nachhaltigen Bauweise die nötige Aufmerksamkeit zu verschaffen“, betont Lang.

Nachhaltigkeit als Leitmotiv

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Das Rothoblaas-Team:  Peter Lang gemeinsam mit Michele Dal Ri, Robert Blaas, Loris Agostini, Peter Irschara, Daniel Roat und Luca Sestigiani (v. li.) © Rothoblaas

Das Engagement von Rothoblaas für energetische Nachhaltigkeit zeigt sich in der effizienten Konstruktion seines Hauptsitzes, bei dem die Sonne im Winter für maximale Wärme und im Sommer zum Schutz vor Überhitzung genutzt wird. Des Weiteren setzt das Unternehmen mit PV-Modulen, einer Wärmepumpe für die Regulierung der Raumtemperatur sowie eine Solaranlage für die Warmwasseraufbereitung im Gebäude hauptsächlich auf regenerative Energiequellen. Aber nicht nur das, der Fuhrpark an Elektroautos und das Engagement in eine schrittweise Reduzierung der Karton- und Kunststoffmengen bei der Verpackung von Produkten sowie die Implementierung des „Life Cycle Assessment “ (Lebenszyklusanalyse) zur Quantifizierung der Auswirkung von Produkten auf Umwelt und Gesundheit zeigen, dass Rothoblaas das Thema Nachhaltigkeit ernst nimmt. „Mit dieser Grundhaltung und unserer führenden Rolle im Holzbau lag die Entscheidung, das neue Lager in Holz zu realisieren, faktisch auf der Hand“, so Lang.

Lager aus Holz

Beim in Kürze entstehenden automatischen Lager setzt Rothoblaas von den Regalen bis zur Dachkonstruktion ausschließlich auf lokal verarbeitetes Holz. „Neben dem zusätzlichen Platz und einer möglichst hohen Funktionalität möchten wir damit auch ein deutliches Zeichen für die Nachhaltigkeit setzen“, betont Lang. Zusammen mit Merz Kley Partner entwickelte man dieses ambitionierte Projekt, aus dem am Ende der Entwurf für ein Lager von 20 m Höhe, 80 m Länge und 40 m Breite entstand. Mit dieser Investition vervielfacht Rothoblaas seine Lagerkapazitäten auf über 25.000 Paletten, was den Bedarf der nächsten Jahre decken sollte.

Besonders herausfordernd war bei diesem Projekt die Aufbereitung des Untergrundes.›
Wo heute der Hauptsitz von Rothoblaas steht, verlief noch im 18. Jahrhundert die Etsch. Unter Maria Theresia von Österreich wurde der Fluss dann in Teilen trockengelegt und zudem reguliert.
Der Bau von Kanälen und die Entsumpfung machten das Gebiet zwar urbar, jedoch ist der Boden um das Unternehmen weiterhin sehr komplex. „Auf den ersten 18 m haben wir guten Boden“, so Lang, „aber dann kommen 2 m Torf.“ Natürliches Material, das jedoch bei andauernder Druckbelastung austrocknen und sich infolgedessen verdichten könnte. Deshalb war eine zusätzliche Investition in die Stabilisierung des Untergrundes von etwa 0,5 Mio. € nötig, um eine Traglast von 60 kN/ m2, welches für das automatische Lager berechnet wurde, garantieren zu können. Für dieses Vorhaben wurde ein für diese Bodenarten spezialisiertes Unternehmen aus Mestre beauftragt. Mit speziellem Gerät ist man in der Lage, tiefe Bodenbohrungen durchzuführen und diese dann anschließend mit Beton auszugießen. Somit entstanden insgesamt 209 CFA-Stützen von 27 m Tiefe und 400 mm Durchmesser. Darüber kommt eine 60 cm dicke Zementplattform. So entsteht am Ende ein perfektes Fundament, welches die Last des Lagers ohne Probleme tragen kann. Beim Bau des Holz-Hochlagers nutzt Rothoblaas auch neue eigene Produkte, wie zum Beispiel den Sharp Metal, der den Verbindungen mehr Steifigkeit verleiht.
„Wir investieren in Südtirol, weil wir fest an die Region und die Menschen vor Ort glauben, obwohl der Bau des Lagers in Österreich oder Deutschland einfacher und logistisch auch vorteilhafter gewesen wäre“, begründet Lang die Entscheidung für den Sitz des neuen Lagers.

Innovationen nonstop

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Der Spider von Rothoblaas für punktgestützte Flachdecken aus BSP © Rothoblaas

Angesichts der konstanten Entwicklung des Sektors hat Rothoblaas die Notwendigkeit erkannt, stets die richtige Lösung für jede Anforderung zu finden. „Wir haben eine Reihe neuer Produkte, welche die Holzbauweise wesentlich verbessern können. Wir können sie insofern als revolutionär bezeichnen, als es zum jetzigen Zeitpunkt nichts Vergleichbares auf dem Markt gibt“, erzählt uns Michele Dal Ri, Target Manager für die Holzbau-Produktlinie.

Er denkt dabei unter anderem an „Slot“, einen Verbinder für Strukturplatten aus BSP, der Verbindungen mit einer ausgesprochen hohen Steifigkeit ermöglicht und in der Lage ist, außerordentliche Scherwerte zwischen den Platten zu übertragen. Oder auch an den „Lock“, einen neuen verdeckten Haupt-Nebenträger-Verbinder aus Aluminium, der mit der einfachen Montage besticht.
Oder aber an „Spider“, das Ergebnis einer im Arbeitsbereich für Holzbau der Universität Innsbruck unter der Leitung von Roland Maderebner entwickelten Idee: ein Metallverbinder für die Herstellung von punktgestützten Flachdecken aus BSP, mit dem Hochhäuser aus Holz mit einer bisher nicht vorstellbaren Höhe und Spannweiten konstruiert werden können.

Als weitere Produktneuheit präsentiert Dal Ri „Sharp Metal“: Es handelt sich um Hakenplatten aus Edelstahl mit einer Vielzahl kleiner Haken über die gesamte Oberfläche. „Diese ermöglichen durch den mechanischen Eingriff in das Holz die Verbindung und erzeugen eine Verzahnung der Platten im Holz mit außerordentlichen Festigkeits- und Steifigkeitswerten. Die Qualität der Verbindung ist mit der Haftung bei einer Verklebung vergleichbar“, berichtet Dal Ri.

Bildung als zentrales Standbein

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Die Wissensvermittlung, wie hier bei der Rothoschool, ist ein zentrales Anliegen des Unternehmens © Rothoblaas

Um die Funktionsweise dieser und anderer komplexer Systeme besser erklären zu können, gründete Rothoblaas Anfang der 2000er-Jahre den Bildungszweig des Unternehmens, der nunmehr seit Jahren eine große Anzahl an Schulungen für Holzbauexperten in Zusammenarbeit mit Universitäten, Forschungszentren und spezialisierten Unternehmen weltweit organisiert. Die Schulungsaktivitäten der Techniker von Rothoblaas – ein Team, welches im Laufe der Jahre Erfahrungen und Fähigkeiten auf nationaler und internationaler Ebene in den Bereichen Beratung, Planung und Zertifizierung gesammelt hat – werden durch Vortragende mit nachgewiesener Erfahrung und Fachkenntnis bereichert.
Eine der wichtigsten Veranstaltungen für das Unternehmen ist definitiv das Mass Timber Seminar, das in seiner Ausgabe 2019 mehr als 100 Teilnehmer aus 24 Ländern verzeichnen konnte. Die Edition 2020, die fünfte der Reihe, umfasst 20 renommierte Referenten führender Universitäten und Forschungszentren sowie ein „Programm von außergewöhnlicher Relevanz“, wie es Lang formuliert. Zu den wichtigen Themen zählen unter anderem: Verbindungssysteme für BSP-Konstruktionen, Seismik, Beständigkeit, Feuerwiderstand und Schalldämmung.

Erfolgreiche Partnerschaften

„Unser Interesse ist es, weltweit immer mehr Partnerschaften zu knüpfen. Die Zusammenarbeit und der regelmäßige Austausch mit Herstellern von Massivholzplatten sind dabei äußerst wichtig und stehen somit im Mittelpunkt eines langfristigen Kooperationsprojektes. Ziel ist es, die Hersteller durch regelmäßige Besuche unseres Vertriebspersonals auszubilden, um unser ganzes technisches Know-how beim Bau von Gebäuden und der Verwendung unserer Lösungen zu vermitteln“, erklären Michele Dal Ri und Peter Lang als Wortführer dieses Projekts. „Während dieser regelmäßigen Besuche können wir unsere Ausstellungssysteme zur Verfügung stellen, Beratung zu unseren Lösungen bieten, die dann in ihren Katalogen vorgestellt werden, und gemeinsam unsere Produkte in ihrer Software auf dem neuesten Stand halten. Aber auch und vor allem wollen wir einen aktiven Gedankenaustausch, um uns gegenseitig dabei zu unterstützen, neue und noch innovativere Lösungen zu finden, damit für beide Seiten Branchenwachstum wie auch die Vereinfachung der Bautätigkeiten und eine Verbesserung der Leistung von Gebäuden möglich sind. Nur gemeinsam können wir die Bauwelt dazu bringen, sich dieser Technologie mehr und mehr anzunähern: Je stärker sie anstelle traditioneller Systeme aus Zement und Stahl Fuß fasst, desto mehr wird sich unsere Welt verbessern.“