Interview

Forschungslücken schließen

Ein Artikel von Günther Jauk | 08.04.2024 - 11:46

Sehr viel wird darüber gesprochen, einiges geplant und manches auch umgesetzt. Die Rede ist von voll automatisierten seriellen Vorfertigungen von zwei- und dreidimensionalen Holzmodulen. Dabei sind 2D-Module als vorgefertigte Wand- und Deckenelemente und 3D-Module als komplette Raumzellen zu verstehen. Während sich ein möglichst hoher Vorfertigungsgrad bereits bei zahlreichen Marktteilnehmern durchgesetzt hat, ortet Kromoser große Differenzen beim Automatisierungsgrad: „Erfolgreicher sind derzeit jene Unternehmen, welche die Automatisierung auf ein überschaubares Maß begrenzen und dafür aber andere Konzepte, wie etwa das Lean-Prinzip, konsequent umsetzen.“ Eine tatsächlich voll automatisierte Vorfertigung sei ausgesprochen komplex und in der Holzindustrie aufgrund der Inhomogenität des Werkstoffes nur schwer umzusetzen.

Ein sinnvoller Leichtbau, der aber dennoch über eine gewisse Robustheit verfügt und den wir langfristig nutzen können, muss die Zukunft sein.

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Univ.-Prof. Dr. Benjamin Kromoser
© Christoph Panzer

„Die Automatisierungstechniker kommen in der Regel aus der Metall- und Autoindustrie und hatten bislang kaum Berührungspunkte mit Holz, was die Entwicklung ungemein schwieriger macht. Wir bräuchten Fachpersonal, das sich mit automatisiertem Holzbau auskennt“, so Kromoser. Um diese Forschungs- und Entwicklungslücke möglichst rasch zu schließen, arbeiten Kromoser und sein Team intensiv an genau solchen Lösungen, wobei es beispielsweise um Pick & Place-Lösungen für den automatisierten Holzrahmenbau, aber vor allem um robotergestützte Anwendungen geht. „Der Roboter hat, verglichen mit einer Abbundanlage, insbesondere dort Vorteile, wo Flexibilität gefragt ist“, betont Kromoser und ergänzt, dass man in diesem Forschungsbereich bereits relativ weit fortgeschritten sei. In einem nächsten Schritt werde es dann um ganze Fertigungskonzepte gehen, wobei Kromoser hier eher zu Fertigungsinseln als -straßen tendiert, da diese sich einfacher hochskalieren lassen und über kein Bottleneck verfügen.

Strukturoptimierte Bauteile

Grundsätzlich sieht Kromoser für den 3D-Modulbau zwar ein gewisses Potenzial, allerdings sei dieses nur auf bestimmte Anwendungsgebiete, wie etwa Hotels, Schulen, Studenten- und Altersheime sowie ähnliche Objekte, begrenzt. Einen wesentlich größeren Markt ortet der Professor indes für die serielle Sanierung von Fassaden sowie ein- und zweidimensionale, vorgefertigte Elemente. „Diese sollten wir strukturoptimiert einsetzen“, betont Kromoser und spricht damit einen weiteren wichtigen Schwerpunkt seiner Arbeit an: „Wir müssen Holz möglichst effizient einsetzen. Das gelingt uns am besten in aufgelösten Fachwerksystemen und Rahmenbauten. Ein sinnvoller Leichtbau, der aber dennoch über eine gewisse Robustheit verfügt und den wir langfristig nutzen können, muss die Zukunft sein.“

Dabei haben großflächige Massivholzelemente, wie etwa Brettsperrholz, für Kromoser aber dennoch ihre Berechtigung am Markt: „BSP ist ein hochwertiges Produkt, das für einzelne Anwendungsfälle prädestiniert ist, wohingegen alles in Massivholzbauweise zu errichten sicherlich nicht sinnvoll ist.“ Allgemein müsse man Bauteile mit höherer Festigkeit, wie etwa auch die Baubuche oder hybride Laubholzträger, überall dort einsetzen, wo sie tatsächlich auch benötigt werden.

Des Weiteren ortet Kromoser großes Potenzial in einer besseren Verwendung von Nebenprodukten: „Vom Stamm bis zum Massivholzprodukt gehen rund 70% des Holzes in Nebenströme. Diese müssen wir hochwertiger verarbeiten und daraus beispielsweise Wände fertigen.“