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Dr. Georg Emprechtinger, Vorsitzender der Österreichischen Möbelindustrie © Österreichische Möbelindustrie

Sorgenvoller Blick nach China

Ein Artikel von DI (FH) Birgit Fingerlos aus Wien | 31.05.2012 - 16:29
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DI Mag. Markus Wiesner, Vorsitzender der European Furniture Industries Confederation (EFIC) © Wiesner-Hager Möbel

Die europäische Möbelindustrie steht vor großen Herausforderungen. Die schwierigen Rahmenbedingungen angesichts des weltweit ungleichen Wettbewerbs und steigender Rohstoffpreise analysierte DI Mag. Markus Wiesner, Vorsitzender der European Furniture Industries Confederation (EFIC) während eines Pressegesprächs, das im Vorfeld der Generalversammlung des Verbandes der europäischen Möbelindustrie in Wien stattfand. Mit Blick nicht nur auf Österreich, sondern auf ganz Europa, warnte auch Dr. Georg Emprechtinger, Vorsitzender der Österreichischen Möbelindustrie, vor dem stark steigenden Preisdruck aus Asien, allen voran aus China. „Innerhalb von drei Jahren hat sich die Möbelproduktion in China mehr als verdreifacht. 2010 belief sie sich auf 130 Mrd. US-$, Deutschland oder Italien erreichten dagegen nur rund 20 Mrd. US-$“, erkannte Emprechtinger. 2011 importierte Österreich 14,4 % mehr Möbel aus China. Der Gesamtwert von knapp 130 Mio. € entspricht fast 7 % aller österreichischen Möbelimporte.
Zum enormen Anstieg der Möbelimporte aus China kommen noch weitere Probleme, wie die Rohstoffknappheit und als Folge davon steigende Preise, die eigene Verantwortung für eine umweltschonende Produktion und der Wettstreit um gut ausgebildeten Nachwuchs angesichts wenig attraktiver Arbeitsplätze. Innerhalb Europas sind die Produktionsbedingungen zwar unterschiedlich, dennoch existieren durch EU-Vorschriften vergleichbare Spielregeln. Für den Rest der Welt gelten diese nicht. „Daraus resultieren Wettbewerbsverzerrungen, die eine existenzgefährdende Qualität haben“, argumentierte Wiesner. Während 2001 noch 72 % der weltweiten Möbelproduktion aus Ländern mit hohen Löhnen kamen, sind es 2011 nur mehr 47 %. „Für viele europäische Länder ist China der wichtigste Möbellieferant“, schilderte Wiesner. Aufgrund niedriger Löhne und laschen Arbeits- und Umweltstandards kann China unglaublich günstig produzieren. So können Möbel in Fernost um rund 50 % günstiger hergestellt werden.
In den vergangenen zehn Jahren wurde nicht auf Chinas Wachstum reagiert. Inzwischen haben sich auch mit heimischen Unternehmen gute Händlerbeziehungen entwickelt. „Da ist der Zug schon abgefahren. Ich bin mir sicher, dass das so weitergehen wird. Manche Industrieunternehmen werden das nicht überleben“, fürchtete Wiesner. Darum setzt sich der österreichische Möbelverband auf europäischer Ebene dafür ein, mithilfe neuer politischer Instrumente mehr Chancengleichheit zu schaffen, etwa einer Deklarationspflicht für Möbel und die Förderung einer nachhaltigen, Klima schonenden Produktion in Europa.

Österreichs Möbelhersteller mit 2,3 % Plus

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Dr. Georg Emprechtinger, Vorsitzender der Österreichischen Möbelindustrie © Österreichische Möbelindustrie

Die Gesamtproduktion der österreichischen Möbelindustrie ist im Vorjahr auf 2,3 Mrd. € (–3,3 %) gesunken. „Wenn man aus diesen vorliegenden Zahlen die Metallteile herausrechnet, ergibt sich für die Möbelhersteller ein Produktionszuwachs in der Höhe von 2,3 %“, schilderte Emprechtinger. Die umsatzstarken Sparten Wohn- und Büromöbel erzielten 5 % beziehungsweise 9,1 % Zuwachs. Bei Ladenmöbel konnte ein Plus in der Höhe von 1,1 % verbucht werden. Leichte Einbußen mussten die Hersteller von Küchenmöbeln (–2 %) und Matratzen (–3 %) hinnehmen. Sitzmöbel schnitten im Vergleich zum Vorjahr mit einem Minus von 4,6 % ebenfalls schlecht ab. Die am Gesamtvolumen anteilig weniger gewichtigen Badezimmer- und Gartenmöbel aus Holz zogen mit 9,8 % und 7,1 % stark an. „In nahezu allen Möbelsparten gewinnt Holz für die österreichische Möbelindustrie als Werkstoff an Bedeutung“, war sich Emprechtinger sicher.

Exporte stiegen um 2,4 %, Importe um 11,3 %

Die österreichische Möbelbranche kann sich über ein Exportplus in der Höhe von 2,4 % (Exportvolumen von etwa 1,3 Mrd. €) freuen. Vor allem bei Büro- und Ladenmöbeln sowie Küchen sind Exportsteigerungen zu beobachten. „Die Stärken der österreichischen Möbelindustrie liegen in der handwerklichen Qualität und auch im Design. Das zeigt der Umstand, dass wir international erfolgreich sind“, argumentierte Emprechtinger. Über 90 % der Exporte erfolgten innerhalb Europas. Deutschland, Polen, Italien und die Schweiz sind Österreichs wichtigste Exportländer. Allerdings stehen die Möbelimporte im Wettbewerb zur heimischen Industrie. Sie stiegen um 11,3 %. Aus Deutschland wurden 2011 Möbel im Wert von 950 Mio. € eingeführt (+12 %). Der Anteil Deutschlands am österreichischen Import beläuft sich auf fast 52 %. Weitere wichtige Importländer sind Italien, Polen und eben China.