Daten & Fakten zur Forstverwaltung Grafenegg
Schloss Grafenegg: Hier befindet sich seit Kurzem auch der Sitz der Forstverwaltung © DI Martin Heidelbauer
Eigentümer: Tassilo Metternich-Sándor
Leitung: FM DI Dr. Herbert Tiefenbacher
Personal: 1 Betriebsleiter, 2 Revierleiter, 1 Forstadjunkt, 2 Büromitarbeiter, 8 Waldarbeiter
Seehöhe: 180 bis 480 m
Klima: Niederschlag 500 bis 600 mm, Jahresdurchschnittstemperatur von 7 bis 9,5° C
Baumarten: 75 % Laubholz (20 % Es, 15 % Ei, 15 % HPa, 10 % SiPa, 3 % SNu, 12 % sLbh) und 25 % Nadelholz (13 % Kie, 10 % Dou, 2 % Lä/Fi/Ta)
Hiebsatz: 30.000 fm
Erneuerbare Energie: drei Hackschnitzelanlagen (>1 MW) und ein Kleinwasserkraftwerk (50 kW)
Stark zusammengewachsen: Die Nuss genießt bei FM Tiefenbacher besondere Wertschätzung © DI Andreas Fischer
In nur einer Umtriebszeit ging der Jahresniederschlag um 100 mm zurück. In der Folge sei es vor allem für die Fichte eng geworden: „Sie hatte vor 15 Jahren im Hügelland noch einen Anteil von über 20 %, jetzt ist sie so gut wie weg“, resümiert der Forstmeister. Die Kiefer finde zwar auf trockenen, silikatischen Standorten noch ihr Auslangen, das Wachstum sei aber schlecht.
Das Forstpersonal startete daher schon vor 130 Jahren erste Anbauversuche mit Douglasie und sammelte einen großen Erfahrungsschatz. „Die Ergebnisse sind sensationell. Eine 30-jährige Douglasie ist etwa gleich stark wie eine 120-jährige Kiefer“, zeigt Tiefenbacher bei der Fahrt durchs Revier. „Zudem hat die Douglasie eine leichter zersetzbare Streu, lässt sich gut in strukturierten, ungleichaltrigen oder mehrschichtigen Formen bewirtschaften und wird auch noch weitere Verschiebungen der Umweltbedingungen aushalten.“
Herausfordernde Lernphase
130-jährige Douglasien: Im Forstbetrieb stockt ein Vorrat von 50.000 fm (Zuwachs: 2000 fm/J) © DI Martin Heidelbauer
Bei der Douglasie ist im Unterschied zu vielen Edellaubhölzern seit über 15 Jahren Naturverjüngung auch unter anderen Baumarten, wie der Kiefer, die Regel. „Wir ernten bevorzugt eigenes Saatgut aus anerkannten Beständen: Douglasie, Schwarznuss, Esche, Stiel- und Traubeneiche, Bergahorn, Winterlinde etc.“ Der Nadelholzanteil (25 %) solle nach dem Bestockungsziel (überwiegend Douglasie, Rest: Tanne, Lärche und Kiefer) in etwa gleich bleiben. Bei der Laubholzverteilung setzt man zu 15 % auf Esche, gefolgt von jeweils etwa 12 % Schwarznuss, Edelpappeln und Eiche sowie 4 % Ahorn. Silberpappel und Robinie sollen reduziert werden. Schwarzpappel, Weiden und Exoten wie Platane, Gleditschie, Baumhasel oder Roteiche bereichern das Bestandsbild. Das Forstpersonal ist zu Pflegearbeiten und zur Fällung abgestellt. Die Rückung wird von Forstunternehmern bewerkstelligt.
Groß in kleinen Märkten
„Wir sind bei einigen Baumarten der größte Anbieter in Österreich, obwohl wir ein kleiner Betrieb sind. Das liegt daran, dass wir fast nur in kleinen Märkten aktiv sind. Und da ist es leicht, der Größte zu sein“, analysiert der Forstmeister. So hofft er, dass sich in Zukunft mehr Betriebe mit größerer Menge auf einem damit stabiler werdenden Markt finden werden. Aus diesem Grund beteiligt sich die Forstverwaltung laufend an Forschungsprojekten, in denen Edellaubholz oder Douglasie im Blickfeld der Universität für Bodenkultur, des BFW und der Holzforschung Austria stehen. Nächstes Jahr startet ein Götterbaumprojekt, welches helfen soll, Strategien gegen die massive Ausbreitung zu finden.Mit über 30 vermarktungsfähigen Baumarten hat die Forstverwaltung auch eine relativ komplizierte Kundenstruktur, vom kleinen Tischler bis zu Händlern und Unternehmen der Holzindustrie. Aufgrund des Angebots gibt es, beginnend mit Furnier, Schäl- und Sägeholz, Schwellen, Industrie- und Brennholz, eine große Sortimentsvielfalt. Für den neu etablierten Biomassemarkt stellt der Betrieb mittlerweile eine Jahresdurchschnittsmenge von 30.000 srm für Großabnehmer und Heizwerke bereit, welche ausschließlich an nährstoffreichen Standorten gewonnen wird.
Zwei ganz unterschiedliche Reviere
Die Reviere „Donau-Auen“ (3350 ha, davon 2700 ha Wald) und „Weinviertel“ (1650 ha, zur Gänze bewaldet) bringen unterschiedliche Voraussetzungen mit sich – „sehr reiche Standorte in den Donau-Auen und sehr arme, bodendurchlässige im Granit- und Gneishochland“. Die Tullnerfelder Donau-Auen sind ein Bestandteil des etwa 25.000 Gebiete umfassenden, europaweiten Natura 2000-Netzwerkes. Über 80 % (4200 ha) des Grafenegger Betriebes sind von der FFH- und Vogelschutz-Richtlinie betroffen. Hinzu kommen zwei Landschaftsschutzgebiete, zwei Naturparks und eine Vielzahl an Naturdenkmälern, welche die Bewirtschaftung beeinflussen.Wichtigster Nebenbetrieb ist die Fischerei, gefolgt von der Jagd (6000 ha inkl. landwirtschaftlicher Flächen), welche zum Großteil verpachtet ist. In Revierteilen mit waldbaulichen Hotspots werden die Jagden in Regie geführt. Zudem gibt es im Donautal auf 3000 ha flächendeckend beste Schotterqualitäten. Wegen Natura 2000 können diese aber nur in Sonderfällen abgebaut werden. „Dabei ist die Au von Natur aus ein System, in dem Wasser, Freifläche und Wald ineinandergreifen“, weiß Tiefenbacher. Das Groteske: Ehemalige Kiesgruben, in denen früher Schotter abgebaut wurde, sind heute ausgewiesene Lebensraumtypen in Natura 2000 mit 20 Schutzgütern und höchster Wertigkeit.
Mit dem Bau des Donau-Laufkraftwerks Altenwörth 1973 wurde der Wasserspiegel im Staugebiet gehoben. Im gesamten Stauraum gibt es keinen einzigen Fluss, der für Fische passierbar in die Donau einmündet. Um dies zu ändern, ist man als Eigentümer in das 20 Mio. € teure „Life+ Projekt Traisen“ eingebunden, das von der Verbund AG umgesetzt wird. Dabei soll der begradigte Flusslauf naturnah um 4 km verlängert werden. Für die Flussanbindung sind Erdbewegungen sowie Umlandabsenkungen für Überschwemmungsgebiete auf 200 ha notwendig. Die Forstverwaltung will mit ihrem Beitrag – Schotter – helfen, die ökologischen Rahmenbedingungen für die Fischerei wieder zu verbessern.
Für sachliches Natura 2000-Management
Für die konkrete Umsetzung der Natura 2000-Ziele sucht Tiefenbacher seit Jahren eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Naturschutzbehörden und NGOs (BirdLife, WWF etc.). Ziel sei eine Versachlichung der Natura 2000-Diskussion durch verbesserten Infotransfer zwischen außerbetrieblichen Exponenten des Naturschutzes und dem Betrieb, den man ohne klar formulierte Managementpläne in seiner Existenz gefährdet sieht. Dabei erleide die Forstverwaltung immer wieder Rückschläge. In Abstimmung mit der Naturschutzabteilung Niederösterreich habe man schon vor Jahren 35 Projekte und Maßnahmen in Land- und Forstwirtschaft, Wasser, Freizeit & Erholung, Jagd & Fischerei sowie Bauvorhaben und Umwidmung definiert und nach Lebensraumtypen und Habitaten von Tier- und Pflanzenarten aufgeschlüsselt. Etwa die Hälfte (196) der 376 getroffenen Einschätzungen wiesen kein Konfliktpotenzial mit dem Naturschutz auf, 52 (14 %) ein hohes.Es folgten ein Waldfachplan und weitere Erhebungen, doch nichts davon gelangte in der Praxis zur Umsetzung. „Wir haben es immer wieder mit neuen Ansprechpartnern und alten Vorurteilen zu tun“, fasst Tiefenbacher zusammen. Umso mehr freuen ihn die „kleinen“ Erfolge. Im Rahmen des Projektes „Natura 2000 Netzwerk Wald in den Tullnerfelder Donau-Auen“ war die Forstverwaltung Grafenegg einer von 15 Forstbetrieben, die gemeinsam mit der Forst- und Naturschutzabteilung des Landes auf 145 ha 22 Naturschutzprojekte über die Drehscheibe BIOSA zur Umsetzung brachten. Alle Maßnahmen erfolgten freiwillig. Zudem war man zentrale Ansprechstelle vor Ort.
Auswüchse im Naturschutz
Eine ungelöste Situation zeigt der Forstmeister anhand eines konkreten Beispiels auf. Nachdem vor etwa 15 Jahren die ersten Biber aus dem Osten zugewandert waren, zählte eine Biberkartierung vor zwei Jahren auf Anhieb 250 Exemplare im Revier. „Inzwischen kommt es nahezu flächendeckend zu immensen Schäden. Nicht nur Kulturen werden zur Gänze vernichtet, die Biber fällen sogar Douglasien und ringeln starke Exemplare. Zudem stellen die dürr werdenen Bäume eine ständige Gefahr dar. Es gibt dagegen keine Handhabe.Durch den überzogenen Biberschutz würden neue Ungleichgewichte in der Natur hervorgerufen, ähnlich wie bei Gänsesäger und Kormoran, die sich auf den Fischfang in den Augewässern konzentrieren. „Für uns ist es überlebenswichtig, die Naturschutzperspektive kennenzulernen und offene Fragen vor Ort zu diskutieren. Nur so können wir auch etwas bewegen“, zeigt sich der Forstmann überzeugt.