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Die Skiindustrie ist ein dankbarer Abnehmer von Furnier © IFN

Talfahrt beendet

Ein Artikel von Dinah Urban | 07.12.2015 - 00:38
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Die Skiindustrie ist ein dankbarer Abnehmer von Furnier © IFN

Flexibilität, Weitsichtigkeit und eine Portion Glück scheinen die verbliebenen Furnierwerke und -händler Deutschlands gemeinsam zu haben. Nachdem sich der Umsatz 2014 mit einem Wert von 62 Mio. € gegenüber 2008 halbiert hat, bemerkt die Branche eine Trendwende. Statt zweistelliger Produktionseinbrüche in den vergangenen vier Quartalen meldeten die fünf deutschen Furnierhersteller im I. Quartal –3,1 %. Die Im- und Exportmengen nahmen im Jahresverlauf zu. Noch stehen keine genauen Zahlen fest, doch IFN-Geschäftsführer Dirk-Uwe Klaas zeigte sich am 2. und 3. Dezember ebenso optimistisch wie kämpferisch. Beim 4. Adventlichen Furnier-Pressegespräch in Hamburg pochte er auf den Umweltwert des spanlos produzierten Produkts. Bei genügender Information werde der klimabewusste Kunde das Original der täuschend echten Nachahmung vorziehen.

Export und Industrie tragende Säulen

Die Inlandsnachfrage lässt zwar noch immer zu wünschen übrig, doch Deutschland verwandelt sich in eine Handelsdrehscheibe für Furnier. Händler aus dem Inland sind breit aufgestellt und bieten neben Spezialitäten, die in heimischen Werken hergestellt werden, etliche Importwaren an. Bedient werden Abnehmer vom Tischler über den Händler aus dem Ausland bis zur Industrie. Die USA (15,4 Mio. €), Italien (10,9 Mio. €) und Österreich (10,1 Mio. €) importierten 2014 am meisten Furniere aus Deutschland. Top 1 und 3 waren gleichzeitig Hauptlieferanten. Die Schweiz verdoppelte ihre Abnahme.
Wer bei Furnier an Luxusnischen denkt, liegt nicht gänzlich falsch, unterschätzt jedoch den Stellenwert der Industrie. Große Möbel- und Türenhersteller gehören zu den wichtigsten Abnehmern. „Wenn Ikea die Furnierholzart ändert, macht sich das stark bemerkbar“, führt IFN-Presseverantwortliche Ursula Geismann gern als Beispiel an. Der Landhausdielen-Trend eröffnet den Produzenten ebenfalls Chancen. Was offene Grundrisse mit immer weniger und meist weißen Türen an Minus bringen, kann ein schöner Holzboden ja vielleicht zumindest teilweise auffangen.

Nachfrage bedienen und lenken

Um schnell liefern zu können, umfasst das Lager von Ulrich Furniere in Hamburg einen ganzen Jahresabsatz. Einen Großteil nimmt die Eiche ein. Neben astreinen Streifen führen sie die Hamburger auch rustikaler sowie künstlich gealtert und verwittert. Prägefurniere ergänzen das Lieferprogramm. „Wir bedienen den Trend, versuchen aber, die Kunden bei der Warenbegutachtung in unserem Lager auch stets auf andere Holzarten aufmerksam zu machen“, erläutert Michael Neukirchner. „Viele Käufer haben keine Ahnung, welche Hölzer ihnen bisher entgangen sind.“ Damit der Tischlernachwuchs zumindest um sein umfassendes Kontingent weiß, stellt der Hamburger Furnierhändler regelmäßig Hölzer für Gesellen- und Meisterstücke zur Verfügung.

Fünf Furnierwerke haben es geschafft

Fünf Furnierwerke halten in Deutschland wacker die Stellung. Bis 2008 waren sie noch etwa 20. Die Verbliebenen werden sich auch künftig halten, meint Tim Neukirchner von Ulrich Furniere. Er ist davon überzeugt, dass deren Produkte und Standorte zur Nachfrage passen. „Man darf die Lage eines Anbieters nicht außer Acht lassen“, bemerkt er. Wenn die Lohnkosten schon nicht mit denen in Osteuropa mithalten können, darf der Transport eher weniger als mehr kosten. Die Furnierwerke Fritz Kohl, Mehling & Wiesmann, Laubach und Schlautmann dürften es also schaffen. Das fünfte Unternehmen sichert sich seine Position durch einen weiteren Wettbewerbsvorteil. Das Furnierwerk Prignitz produziert seit 15 Jahren. Vier Produktionslinien schälen, messern und trocknen Furniere aus etlichen Holzarten. „Viele Betriebe in Osteuropa sind auf die Hölzer der näheren Umgebung spezialisiert. Unser Know-how reicht hingegen von Eiche bis Teak“, erklärt der geschäftsführende Gesellschafter Günther Beyer beim Pressetermin. Das Lohnwerk wurde zur Jahrtausendwende von Ulrich Furniere und dessen amerikanischem Mutterkonzern, International Veneer Company, bewusst in Ostdeutschland aufgebaut und hat auf die erschwerten Bedingungen mit Einschicht-Betrieb reagiert.

Furnierbedarf im Inland ankurbeln

Mit Furniergeschichten will die IFN Verbraucher ansprechen. Die Videos erzählen von Furnierliebhabern und ihren Kreationen, wie Lampen, einer Badewanne oder außergewöhnlichen Möbeln aus dem filigranen Werkstoff. Die neue Ausgabe zeigt, wie gut sich Furnier auf einer Jacht macht. Die professionell produzierten Kurzgeschichten heben die Vorteile der dünnen Lagen hervor und zeigen, wie schön und massiv furnierte Oberflächen aussehen können. 2016 wird die Initiative ihre Filme mehr über soziale Medien verbreiten. Der reststoffarme Erzeugungsprozess, die Vielfalt und die Natürlichkeit ihres Produktes sollen bekannter gemacht werden und für ein Comeback sorgen.
Der Verein besteht aus 27 ordentlichen Mitgliedern und 16 fördernden. Die ordentlichen Mitglieder stammen hauptsächlich aus Deutschland (14) und Österreich (7). Drei schweizerische und jeweils ein Mitglied aus Frankreich, Slowenien und der Slowakei sind ebenfalls fest entschlossen, den deutschen Markt empfänglicher zu machen. Im kommenden Jahr werde eine Beitragserhöhung dafür sorgen, dass die IFN zum ersten Mal eine auskömmliche Finanzlage aufweisen wird, meldet der Verein.